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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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beugte sich wieder zu Lol vor und sagte mit ihrem warmen Brandy-Atem:
«Stimmt’s?»
    «Woher weißt du, wer ich bin?» Er war leicht geschockt. So etwas passierte nicht. Niemand hatte ihn je einfach so erkannt. Es war alles viel zu lange her. Der Pub erschien ihm mit einem Maldoppelt so voll, jeder starrte ihn an, und sein Körper reagierte mit Zittern und einem Fluchtreflex, den er nur mit Mühe unterdrücken konnte.
    «Ah!» Cola tippte sich mit dem Zeigefinger an den Nasenflügel. Dann nahm sie Lol am Arm und zog ihn zu der Frau in dem violetten Bolero. «Deirdre, wenn ich diesen Typen heute nicht flachlege, war mein ganzes Leben sinnlos, meinst du nicht auch?»
     
    Es ging alles unheimlich schnell, wie ein nächtlicher Überfall. Auf dem ersten Transparent stand WIR WOLLEN IHN NICHT!, dann entdeckte jemand Huws Priesterkragen, und unter den schwankenden Strahlen von mindestens einem Dutzend Taschenlampen wurde Geschrei laut.
    Die Leute hoben ihre Plakate wie Schilde gegen das Auto, andere schwenkten die Stangen, an denen die Plakate befestigt waren, wie Kriegslanzen. Einen Augenblick nachdem Merrily auf die Bremse gestiegen war, wurde ihr auch schon die Sicht durch die Windschutzscheibe genommen, weil jemand ein Schild mit der Aufschrift DER SATAN MUSS DRAUSSEN BLEIBEN! dagegendrückte.
    Sie versuchte unter den Leuten ein bekanntes Gesicht zu entdecken, doch sie sah weder Sam Hall noch Fergus Young oder Piers Connor-Crewe und noch nicht einmal den dicken Mann aus dem Gemischtwarenladen, der nicht wollte, dass seine neue Wahlheimat mit einem Irren in Verbindung gebracht wurde.
    VERBRENNT IHN! tauchte vor Huws Beifahrerfenster auf, und man hörte ein Jagdhorn, dessen Klang in der Dunkelheit so bedrohlich wirkte, als wäre er ein Aufruf, blutige Beute zu machen. Wenn das Fernsehteam nicht gewesen wäre, hätte Merrily sämtliche Knöpfe heruntergedrückt und ganz bestimmt nicht das Fenster heruntergekurbelt. So aber tat sie es für die junge Frau in der roten Jacke, die ein großes Flauschmikrophon in der Hand hielt.
    «Amanda Patel, BBC
Midlands Today
. Sind Sie Mrs.   Watkins? Können wir Ihnen ein paar Fragen stellen?»
    Der Strahler auf der Kamera blendete Merrily. Sie war allein. Huw war ohne ein Wort aus der Beifahrertür geschlüpft und weggegangen.
    «Dazu müsste ich zuerst einmal selbst fünf Minuten haben, um festzustellen, was da überhaupt los ist.» Es gelang Merrily, bis zum Gemeindehaus weiterzufahren, bevor sie wegen all der Leute nicht mehr vorwärtskam. Es mussten ein paar hundert sein: Männer, Frauen, Jugendliche.
    «Gut, machen wir es so», sagte Amanda Patel. «Wir kommen ungefähr in fünf Minuten wieder zu Ihnen.»
    Merrily nickte. Sie trug keinen Priesterkragen unter dem alten, abgewetzten Dufflecoat. Sie hatte keinerlei Lust auf dieses Interview, und der Bischof wäre darüber wohl auch nicht besonders glücklich, aber es würde noch schlechter wirken, wenn sie sich aus dem Staub machte und die Fernsehleute nur die Bilder von dem Volvo hatten, in dem sie und Huw von den Demonstranten umlagert wurden.
    Der Kamerascheinwerfer schwenkte von ihr weg auf ein Schild auf der anderen Seite.
    WEG MIT RODDYS LEICHE!
    Amanda Patel dirigierte einen großen, schlaksigen Mann in einer fellgefütterten Lederjacke herum. «O.   k., Nick, stellen Sie sich einfach dahin   … ja, so. Gut, George? Genau.» Ein Kichern, dann sprach sie im Reportageton weiter: «Nick Longton, Sie sind im Bezirksrat, warum
unterstützen
Sie diese Protestkundgebung?»
    «Nun, lassen Sie mich zunächst sagen, wie stolz ich darauf bin, dieses Dorf im Rat von Herefordshire vertreten zu dürfen, denn es ist ein Beispiel dafür, dass Wunder wahr werden können, wenn die Bevölkerung und die lokale Verwaltung zusammenarbeiten   …»
    Merrily dachte an Fergus Youngs Bemerkung darüber, dass der Bezirksrat vor fünf Jahren die Schule hatte schließen wollen.
    «…   und ich möchte nicht, dass dieser Ort aus den falschen Gründen bekannt wird.» Seinem Akzent nach schien Nick Longton nicht aus der Gegend zu stammen. «Zudem hege ich größte Sympathien für diejenigen, die ihre Verwandten hier auf dem Friedhof beerdigt haben und nicht am Grab eines Serienmörders vorbeigehen wollen.»
    «Aber», sagte Amanda Patel über gedämpften Applaus hinweg, «vor dem Gesetz ist Roddy Lodge ein unschuldiger Mann, ganz gleich, wie verdächtig ihn die Umstände erscheinen lassen.»
    «Wir wissen doch, dass er eine Frau ermordet hat, und

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