Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman

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ein paar Wochen mit dem zweiten Bauabschnitt an.»
    «Hatten Sie selbst hier schon einmal unerklärliche Wahrnehmungen?»
    «Ich komme ohnehin nie allein hierher, es sei denn, es ist unumgänglich.»
    «Und wie ist es in diesen Fällen?»
    «Wie schon gesagt, es herrscht hier eine gewisse Atmosphäre. Man hat das Gefühl … beobachtet zu werden.»
    «Wie macht sich das bemerkbar?»
    Sie sah ihn nicht direkt an. «Sam meint, das wäre ein Symptom von Elektro-Hypersensibilität, aber ich bin sonst keinen elektrischen Strahlungen ausgesetzt. Genau wie Sam wohne ich auf dem Hügel, weit weg von den Hochspannungsleitungen.»
    «Und wie erklären Sie sich diese
Atmosphäre
?»
    «Ich weiß nicht. Aber etwas
Gutes
ist es bestimmt nicht.»
    «Möchten Sie, dass wir ein paar Gebete sprechen?»
    «Wenn Sie glauben, das hilft.»
    Huw sagte: «Aber da ist noch etwas anderes, oder, Mrs. Sollars?»

    Der Weinkarton war mit braunem Paketband zugeklebt. Cola stellte ihn auf den Rupfenteppich unter das Fenster und schlitzte das Paketband auf.
    «Dafür kriege ich Freikarten für dein Konzert.»
    «Liegen an der Kasse», sagte Lol. Wenn er es nicht schaffte, könnte sie sich wenigstens Moira anhören.
    «Nein, hab ich doch nur so gesagt», kam es von Cola. «Ich will überhaupt nichts dafür.»
    «Die Karten liegen trotzdem an der Kasse.»
    Sie knieten sich nebeneinander auf den Teppich. Cola schlug die Klappen des Kartons auseinander. «Du warst also dabei, als Roddy zu den Engeln abgeflogen ist. Ich war nicht dort. Ich hab meine ganze Zeit damit verschwendet, dich dabei zu beobachten, wie du vergeblich unter Piers’ Tank nach einer Leiche suchst, und anschließend verpasse ich die große Sensation. Was bin ich bloß für eine Schriftstellerin? So, hier sind sie.» Cola nahm ein paar Bücher aus dem Karton und versuchte dabei, das oberste zu verstecken, aber er sah es trotzdem. Es war eine Kinderbibel mit der Arche Noah vorne drauf.
    «Ist ja echt gruselig», sagte Lol.
    «Die gehört mir. Wie peinlich.» Sie drückte die Kinderbibel an ihre Brust.
    Das zweite war ein schwarzes, offenbar viel gelesenes Taschenbuch. Aleister Crowleys
Magick
. Dann folgte ein Hardcover:
The Secret Rituals of the OTO
von Karl Wurtz. Cola schlug es irgendwo auf, um Lol die Randbemerkungen zu zeigen, die mit schwarzem Kuli neben den Text geschrieben worden waren. Danach zog sie zwei Bücher über Kundalini-Schlangenkraft und sexuelle Magie heraus. «Kennst du dich mit diesem Zeug aus?»
    «Ein bisschen.» Lol stellte fest, dass sämtlicher Schwung aus ihrer Stimme verschwunden war, seit sie den Karton geöffnet hatte.
    «Sexuelle Magie – man benutzt den Aufbau eines Orgasmus, um Energie für einen bestimmten Zweck zu kanalisieren und zu konzentrieren, und dann … Wumm! Ich meine, ich hab mich nur kurz damit beschäftigt, aber es ist
wirklich
beängstigend. Man muss sich ja nur mal die Leute ansehen, die das intensiv betrieben haben. Aleister Crowley zum Beispiel war echt der totale Versager, aber bei ihr – Lynsey meine ich – hieß es immer nur: ‹Oh, Crowley war ein Pionier, er wusste, was echte Freiheit ist, er hat sich einen Dreck um andere Leute geschert.
Tu, was du willst, ist das einzige Gesetz
. Ist doch echt super!› Sie hat sich diesen
Tu, was du willst
-Spruch sogar in Frakturschrift übers Bett gehängt.»
    «Der OTO war der magische Zirkel, der das alles begründet hat, oder?»
    «Der
Ordo Templi Orientis
, so heißt es, glaube ich. Ja, den gibt es immer noch. Lynsey hat alles gelesen, was sie darüber finden konnte, und sie hat ziemlich viele Leute mit reingezogen.»
    «Nicht der OTO?»
    «Nein, sie war nirgends
drin
. Aber sie ist auf alles Mögliche abgefahren, wenn du verstehst, was ich meine. Zum Beispiel darauf, Grenzen zu übertreten – sexuelle Grenzen. Darauf, Hemmungen zu überwinden und zur reinsten Erleuchtung geführt zu werden. Und deshalb hast du Schmerzen, Erniedrigung und … manchmal auch Ekel in Kauf genommen.» Sie sah ihn beinahe schüchtern an. «Koprophagie, weißt du, was das ist?»
    «Das ist, hm, ein altes Album von The Who, oder?»
    Cola grinste.
    «Aber nicht im Ernst, oder?», sagte Lol.
    «Frag lieber nicht weiter.» Sie stapelte die Bücher aufeinander.«Ich musste ständig Zeug für sie lagern, seit sie sich mit diesem Paul gestritten hatte. Sie haben zusammengewohnt, und er hat ein paar von ihren Büchern verbrannt. Sie meinte, es würde ihr nichts ausmachen, wenn sie