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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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brauchst du Hilfe», sagte Lol.
    Moira verdrehte die Augen und nahm ihren schwarzen Mantelvom Haken. Lol bemerkte, dass der Mantel abgetragen war und sein Saum ausgefranst. Moira ging hinaus und wartete auf ihn. Die Nacht war trocken, der Wind hatte nachgelassen.
    Gemeinsam folgten sie dem Pfad und versuchten, den Pfützen auszuweichen.
    Moira sagte: «Janes Mutter, deine   … Freundin – wie ist sie an diesen Job gekommen?»
    «Glaubst du nicht an Berufung?»
    «Dass sie Pfarrerin geworden ist,
das
kann ich verstehen. Hätte ich vielleicht selbst gemacht, wer weiß, unter anderen Umständen. Ich meine diese Exorzisten-Sache. Ich weiß nicht, wie viele weibliche Pfarrer das machen würden, aber bestimmt nicht viele.»
    «Nein. Es war so, dass sie vor ein, zwei Jahren etwas erlebt hat, das sie sich nicht erklären konnte, etwas   … Quälendes. Und die Kirche hat sich bei dieser Sache nicht als besonders hilfreich erwiesen. Also hat sie bei einer Konferenz ein paar Bemerkungen dazu gemacht, dass es an echter Hilfe für Geistliche fehlt, wenn es um paranormale Erscheinungen geht. Und auf dieser Konferenz war ein Typ, der gerade der neue Bischof von Hereford werden sollte, und der wollte den vorsintflutlichen Exorzisten, den sie in Hereford hatten, sowieso gerade loswerden.»
    «Und dieser Typ hat sie einfach so ins kalte Wasser springen lassen?»
    «Sie war bei einem Ausbildungslehrgang.»
    «Oh, aha, ein
Ausbildungslehrgang
. Na, dann ist es ja gut.»
    Lol sah Moira an. Ihr Mantel schwang hin und her, als wollte er ihrem Ärger Ausdruck verleihen.
    Sie sagte: «Gab es dabei nicht vielleicht auch irgendein persönliches Problem, das sie   … für sich lösen wollte? Weißt du, ich kenne zwei Exorzisten, und beide haben dieses Amt übernommen, weil sie bestimmte Erfahrungen oder Fähigkeiten verstehen wollten,die sie gehabt hatten – sie hatten Vorahnungen   … sind vielleicht Medien   …»
    «Und geht dir das auch so?»
    «Oh, hey, für mich ist das alles ziemlich normal, schon seit ich ein kleines Mädchen war. Hab ich geerbt – von meiner Mutter.» Sie blieb stehen und zog den Mantel fester um sich. «Mich hat gar nicht so sehr beschäftigt, dass ich Dinge wahrgenommen habe, die den andern entgangen sind, ich habe mich nur immer gefragt,
warum
. Warum ich, weißt du? Was sollte ich damit anfangen? Hatte es einen tieferen Sinn, oder sollte es mir nur das Leben schwermachen – als Strafe für meine Verfehlungen in einem früheren Dasein oder so? Ich habe mich gefragt, ob es bei deiner Freundin so ähnlich war – ob es irgendwas Persönliches gibt, mit dem sie klarkommen muss.»
    Lol schüttelte den Kopf. «Sie würde sich nicht als Medium bezeichnen. Ihr ist ziemlich klar, dass sie an den Job gekommen ist, weil sie eine Frau ist, ziemlich jung, sympathisch   … sie verkörpert ein neues Image, das ist es wohl. Und sie versucht eben, diese Aufgabe so gut zu erfüllen, wie sie nur kann.»
    «Meine Güte.» Moira duckte sich unter den dichter werdenden Ästen hindurch.
    Lol blieb vor der alten Fußgängerbrücke über den Frome stehen. Im Sommer war er nur noch ein kleiner Bach gewesen, aber durch den herbstlichen Regen war er zu einem rauschenden Fluss geworden. «Glaubst du, als normaler Mensch ohne besondere   … Eigenschaften sollte sie so was nicht machen?»
    Moira lehnte sich gegen das feuchte Holzgeländer der Brücke. «Stört es
dich
, was sie macht?»
    «Na ja, es ist ja nicht an mir   –»
    «Lol,
bitte !»
    «Sie hat das ja schon gemacht, bevor wir   –»
    «Macht es dir Angst?»
    «Nicht so viel, wie es vielleicht sollte.» Er hielt die Taschenlampe senkrecht, sodass sich ein weißer Kegel in der Dunkelheit abzeichnete. «Ich weiß nicht.»
    «Vielleicht hast du ja mehr Angst davor, was hier drin ist» – Moira zeigte auf ihren Kopf   –, «als davor, was
vielleicht
da draußen ist.» Sie stieß sich vom Geländer ab. «Aber meistens ist das ein und dasselbe, meiner Erfahrung nach. Manchmal hab ich den Eindruck   …» Sie ging über die Brücke. «Ach, ist ja auch nicht meine   –»
    «Nein, sprich weiter.»
    Vor ihnen erschien ein Licht. Sie hatte seinen Rat befolgt und im Speicher Licht angelassen, sodass sie ihn sehen konnten, wenn sie aus dem Wald kamen.
    «Es ist ein schöner Gedanke», sagte Moira, «dass die heilige Kirche einen schützt. Ich glaube allerdings, dass dieser schreckliche Schlamassel, zu dem der Anglikanismus geworden ist, sich so weit von seinen Wurzeln

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