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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte eine Meldung geschrieben: »Mit dem Einsatz eines Hubschraubers gelang es, in den Sümpfen von Balchasch einen der letzten Reaktionäre zu vernichten. Mit ihm wurden auch ein Boris Horn und eine Erna-Svetlana getötet, zwei Deutsche, die mitschuldig waren am Mord an Iwan Kasiewitsch Borkin. Im Gebiet von Judomskoje ist somit endgültig Ruhe eingekehrt. Andreij Boborykin, der Reaktionär, muß als das Zentrum des illegalen Widerstandes angesehen werden.«
    Die einzige, die keine Ruhe gab, war Sussja.
    Konjew bestellte sie eines Tages zu sich in sein Haus.
    »Hör einmal, du Ziege«, schnauzte er sie an. »Ich höre, daß du behauptest, der blöde Fedja sei nicht der Mörder von Iwan Kasiewitsch gewesen. Wie kommst du dazu?«
    »Fedja sah neben mir aus dem Fenster, als ich den Schatten an der Mauer bemerkte.«
    »Du hast einen Schatten im Gehirn!« brüllte Konjew außer sich. »Hat man schon je eine so blöde Gans gesehen? Es ist Ruhe im Dorf, Fedja hat sich aufgehängt, alles ist eitel Freude, Moskau drückt uns die Hand, weil wir so schnell und gründlich arbeiten, und da kommt so eine geile Katze daher und schreit, es sei alles anders.« Konjew beugte sich zu Sussja vor. »Noch ein Wörtchen, Sussja, und du liegst im Garten der Datscha, dort, wo dein Iwanowitsch liegt. Und es wird diesmal kein Fedja da sein, der sein hirnloses Köpfchen hergibt, um einen Mörder vorzuzeigen. Du verstehst mich?«
    »Ja. Aber –«
    »An einem Aber hat sich schon mancher verschluckt und ist erstickt!«
    Sussja schob die Unterlippe vor. Sie sah in diesem Augenblick nicht mehr hübsch aus, es sei denn, man betrachtete sie nur von unten herauf bis zum Kinn.
    »Ich war die einzige, die Iwan Kasiewitsch wirklich geliebt hat.«
    »Das ist der einzige Glaube, der nicht staatsgefährlich ist«, bemerkte Konjew giftig.
    »Eigentlich müßte ich eine Hinterbliebenenrente bekommen.«
    »Ha?« fragte Konjew verblüfft. »Was?«
    »Wenn es eine Witwe gibt, dann bin ich es! Borkin war versichert.«
    »Raus!« brüllte Konjew.
    »Ich werde es in Moskau einklagen. Ich kann beweisen, daß Iwan Kasiewitsch fast jede Nacht –«
    »Saustück!« schrie Iljitsch Sergejewitsch. Dann prügelte er Sussja mit seiner langen Pferdepeitsche aus dem Haus, über den Hof und hinaus auf die Straße. Schweratmend lehnte er sich dann gegen einen Weidenbaum und wischte sich über die Stirn. »So ein Aas«, stöhnte er erschöpft. »Vergewaltigt auch noch den Toten!«
    Drei Tage später wurde Sussja überfahren.
    Keiner hatte es gesehen, keiner wußte, wer es gewesen war. Eigentlich gab es im ganzen Gebiet nur drei Privatwagen, die Traktoren nicht gerechnet.
    Mit einem zerschmetterten Bein und einem Schädelbruch kam Sussja nach Alma-Ata in das staatliche Hospital. Tschetwergow leitete die Untersuchung nach dem Täter. Es kam nichts dabei heraus. Die drei Privatwagen waren zu dieser Zeit in der Garage, was über zwanzig Personen beschworen. Konjew hatte keinen Wagen. Daß er sich an diesem Tage einen Wagen geliehen hatte, schien keiner bemerkt zu haben.
    Sussja kam nicht mehr nach Judomskoje zurück. Nach ihrer Heilung – man amputierte ihr das Bein – schickte man sie in ein Arbeitslager auf die Krim, wo sie in der Küche Kartoffeln schälte und Kapusta schnitt.
    Konjew erzählte es im Dorf, aber Genaueres wußte niemand.
    Auf die Datscha aber kam ein anderes Mädchen, das die jungen Burschen von Judomskoje verrückt machte, denn es war jung, schlank, hochbusig und nicht angekränkelt von unmoderner Moral.
    Konjew und auch Tschetwergow besuchten von da ab öfter die Datscha, um von Staats wegen das Gut eingehend zu kontrollieren. Es herrschte eitel Freude und Frieden in Judomskoje.
    Wie sagten die Tataren: Ein Weiberrock als Fahne gewinnt jede Schlacht …
    *
    Nach drei Wochen hatten sie den Rand des Tien-schan-Gebirges erreicht. In der Nähe des Issyk-kul-Sees verabschiedete sich Andreij Boborykin.
    Er tat es auf seine Weise, um keinerlei Rührung zu zeigen und zu beweisen, daß er keine Gefühle kenne.
    Er klopfte Boris auf die Schulter und blinzelte Svetlana und Natascha Trimofa zu. Sie standen müde, hungrig, staubüberkrustet und Schatten ihrer selbst in einer Senke, von der ein breites Tal ziemlich steil in das Gebirge hineinstieg.
    »Karten habt ihr, zu essen habt ihr, die Wasserschläuche habt ihr aufgefüllt … wenn ihr über den Kamm dort hinüber seid, kommt die Grenze. Sie ist stark bewacht«, sagte er heiser. »Lebt wohl, Genossen.«
    Svetlana

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