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Der Himmel über New York (German Edition)

Der Himmel über New York (German Edition)

Titel: Der Himmel über New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Carl
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Wenn sie die Köpfe zusammenstecken, ist nicht mehr zu erkennen, welche Haare ihm gehören und welche ihr.
    Das habe ich nun davon. Mache mir tagelang Gedanken um mich und Max und Mr Strawberry Frappuccino, der jetzt endlich einen Namen bekommen hat, und wofür? Für nichts! Ist doch klar, dass ein Typ wie Leroy Kingston Smith nicht alleine durchs Leben radelt.
    Einen Moment lang überlege ich, ob ich gehen soll. Aber das wäre nicht fair. Schließlich habe ich ihm versprochen, dass ich sein Gedicht werte. Und schließlich will ich auch wissen, ob es mir gefällt.
    Weil er mir so gefällt, blöderweise.
    Oder ist das nicht, ganz im Gegenteil, das Allerbeste, was mir passieren kann? Wenn Leroy eine Freundin hat und ich einen Freund, dann wird ohnehin nichts laufen zwischen ihm und mir. Vielleicht hat mein Vater wirklich recht gehabt und die Distanz von Max tut mir gut. Vielleicht kann ich erst jetzt endlich sehen, was ich an ihm habe. Wenn ein ganzes Meer zwischen uns liegt.
    Zum ersten Mal fällt mir auf, wie romantisch das eigentlich ist. Endlich könnten wir uns vermissen.
    Wenn wir das nur täten. Wenn ich das nur täte. So richtig.
    Leroy tritt als Letzter auf die Bühne. Wieder wird es ganz still. Sie scheinen ihn zu kennen. Und auf ihn zu warten. Beinahe andächtig ist das Schweigen, als er schließlich ganz leise anfängt zu sprechen.
    »Das hier ist für meine Großmutter«, sagt er. »Meine geliebte, karibische Granny.«
    Karibik. Wie exotisch. Mir kommen Bilder von Palmen in den Sinn, von Stränden, von schönen Menschen mit Cocktails in der Hand. Aber als er anfängt, in seinem weichen Singsang zu sprechen, läuft da plötzlich ein ganz anderer Film. Mit einer ganz anderen Tonspur. Es ist, als könnte ich das alles hören: das Geräusch von reifen Früchten, die nachts auf Blechdächer fallen. Das Pladdern des tropischen Regens. Tropfen, die an rostigen Wänden herunterlaufen und im sandigen Untergrund versickern.
    Diese Stimme. Diese verdammt tolle Stimme.
    Und dann, während der Applaus aufbrandet und ich noch ganz benommen bin, klettert er von der Bühne, steuert direkt auf mich zu, greift sich im Vorübergehen einen Stuhl und setzt sich an meinen Tisch.
    Hilfe.
    »Du warst ja doch nicht neutral. Ich habe gesehen, wie du mir zehn Punkte gegeben hast!«
    Wer war die Frau neben dir?, will ich fragen, oder: Du haust mich um, wie machst du das? Aber stattdessen sage ich: »Sieht aus, als wärst du Zweiter geworden. Bist du enttäuscht?«
    »Ach was. Es geht nicht um die Punkte. Der entscheidende Punkt, das sind nicht die Punkte, sondern die Gedichte.«
    Er lehnt sich zurück und hakt die Finger im Hosenbund ein. Sein T-Shirt entblößt ein Stück Bauch, seine Schokoladenpuddinghaut.
    »Schreibst du selbst?«, fragt er.
    »Ich bewundere es, wenn Leute ihre eigenen Texte vortragen. Ich habe selbst schon auf der Bühne gestanden, aber das könnte ich nie.«
    »Bist du Schauspielerin?«
    »Ich werde mich bald auf der Schauspielschule bewerben.«
    Noch nie habe ich es so ernst gemeint. Außerdem klingt es gut.
    »Aber als Schauspielerin wirst du nie frei sein. Dann bist du eine Sklavin fremder Texte.«
    »Im Gegenteil. Theaterstücke helfen mir, mich selbst auszudrücken. Sie schützen mich. Wenn ich Applaus bekomme, dann weiß ich, dass ich gut war. Wenn niemand klatscht, dann sind es zumindest nicht meine eigenen Wörter, die keiner mag.«
    Ich höre mir selbst zu, verblüfft über meine Klarheit. Leroy lehnt sich zurück, verschränkt seine Finger, dehnt die Arme, die Handflächen mir zugewandt. Jetzt sieht er aus wie eine große Katze, die mit mir spielt.
    Ich bin erstaunt, dass ich überhaupt noch einen geraden Satz herausbringe. In meinem Kopf dreht sich alles.
    »Du bist sehr ehrlich. Das gefällt mir.«
    »Seit ich in New York bin, habe ich mehr Zeit zum Nachdenken.«
    Gerade will er etwas antworten, da fällt ein Schatten über ihn.
    »Leroy, Kumpel!« Ein junger Latino mit knallrotem Hemd beugt sich über ihn. »Ganz im Ernst – ich fand dich letzte Woche besser. Tut mir leid, aber dieses ganze Großmutter-Ding, das ist doch – so privat. Was wir brauchen, ist Slam Poetry mit einer Haltung. Mit einer Message. Zeug, an dem sich die Kids aufrichten können, die hier in den Sozialwohnungen leben. Verstehst du?«
    Ich blicke zurück zu Leroy und erschrecke. Seine Augen funkeln plötzlich gefährlich, sein Mund ist ganz schmal, und er sieht aus, als würde hinter seiner Stirn ein karibisches Unwetter

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