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Der Himmel über New York (German Edition)

Der Himmel über New York (German Edition)

Titel: Der Himmel über New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Carl
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setzt sich auf. Jetzt überragt er mich wieder um einen Kopf. Er nimmt mein Gesicht in die Hände.
    »Im Grunde glaube ich nicht an Zufälle. Auch, dass wir uns begegnet sind, sollte so sein. Ich meine, da steckt ein tieferer Sinn dahinter. Du bist doch mein Mädchen, oder?«
    Er ist so nah, dass ich ihn inhalieren kann. Leder, frischer Schweiß. Seine Zunge schmeckt nach Knoblauch und einem fremden Gewürz. Ich warte auf die vertrauten Signale, den Funkenflug in meinem Körper, aber alles bleibt still. Ich fühle mich wie ein See im Regen.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass Anne Bob gleichzeitig gehasst und geliebt hat, nach allem, was passiert ist«, rede ich weiter, als Leroy mich loslässt.
    »Er muss eine ganze Menge Affären mit anderen Frauen gehabt haben«, sagt er schulterzuckend.
    Ich umarme meine Knie und lege den Kopf darauf.
    »Jenny?«
    Ich schaukle langsam vor und zurück.
    »Was ist denn heute bloß mit dir los?«
    Die Frau auf dem Massagestuhl hat sich erhoben, streicht ihr Kleid glatt und drückt dem Chinesen einen Schein in die Hand. Er bedankt sich mit einer kleinen Verbeugung. Dann nimmt sie das kleine Mädchen an die Hand. Es stakst auf seinen Skates über den Kiesweg.
    »Mummy, kannst du mich ziehen?«, bettelt es. »Ach, unser Baby ist müde!«, antwortet die Mutter und nimmt das Kind auf den Arm. Die Skates schlagen bei jedem Schritt gegen ihr Knie. Ein Regentropfen fällt auf meinen Scheitel und rinnt langsam über meine Stirn.
    »Jenny? Was hast du denn?«
    Tränen laufen über meine Wangen und machen den Kragen meines T-Shirts nass.
    »Heimweh«, sage ich.
    Leroy nimmt mich in den Arm. Ich lasse es geschehen, ohne mich zu bewegen. Seine Schulter ist warm und hart.
    »Ich kenne das gut. Weißt du was? Als kleiner Junge hatte ich immer Heimweh nach einem Ort, an dem ich gar nie gelebt habe. Das Haus meiner Großmutter, auf Trinidad. Jedes Mal, wenn wir aus den Sommerferien zurückgekehrt sind nach New York, hab ich Rotz und Wasser geheult. Weil mir das alles so gefehlt hat, der Wind, das Wasser, meine Großmutter. Das knarzende Geräusch ihres Schaukelstuhls auf der Veranda, der Geruch des warmen Holzes.«
    »Und wann hat das Heimweh aufgehört?«, frage ich schniefend.
    »Später. Viel später. Erst als ich vor ein paar Jahren wieder dort war. Nach ihrem Tod habe ich gemerkt, dass es gar nicht um diesen Ort geht. Sondern um die Erinnerungen. Die kann mir niemand nehmen, weil sie hier drin sind.« Leroy schlägt sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Dann hält er mich wieder fest, drückt mich. Eine Mischung aus Umarmung und Schwitzkasten.
    »Und so wird es dir auch gehen«, fügt er hinzu.
    Was meint er damit? Ich trockne meine Augen mit meinem Ärmel ab. Dabei fällt mir meine Mutter ein und ich muss unter Tränen lachen. Sie hat mich nie auch nur bis zur nächsten Straßenecke gelassen ohne eigenes Taschentuch. Und jetzt sitze ich im Central Park, Tausende von Kilometern entfernt, und schnäuze mich in mein T-Shirt.
    »Aber in ein paar Tagen fliege ich doch zurück nach Deutschland«, sage ich schniefend.
    »Was, wieso denn?« Leroy hält mich eine Armlänge von sich entfernt und reißt die Augen auf. »Ich dachte, du hast umgebucht?«
    Ich schüttle den Kopf. »Ging nicht. Keine freien Plätze. Und noch später zurückfliegen, dann hätte ich überhaupt kein Geld mehr übrig.«
    Bis gerade eben war ich nicht sicher. Aber plötzlich weiß ich, dass ich Linda heute noch anrufen und das Datum bestätigen werde.
    Leroy und ich sitzen nebeneinander und schweigen. Nur unsere Oberarme berühren sich leicht. Es kommt mir vor, als könnte ich hören, wie unsere feinen Körperhärchen aneinanderreiben. Wieder fällt ein Tropfen auf mich herunter. Aber der Regen wird nicht stärker.
    »Wie hast du das gemeint, mit dem Heimweh«, frage ich schließlich, »dass es vergehen würde?«
    Leroy nimmt meine Hände in seine und sieht mich an. Blickt mir erst richtig in die Augen, dann fixiert er einen Punkt irgendwo an meinem Hals. »Ich habe gedacht, das hier hätte noch ein bisschen mehr Zeit«, sagt er und räuspert sich, »und vielleicht kommt es dir sehr voreilig vor. Aber ich möchte verdammt noch mal nicht den gleichen Fehler machen wie Bob und die Frau, die ich liebe, einfach gehen lassen.«
    Ich blicke auf unsere verschränkten Hände. Schwarz und weiß.
    »Jenny, schau mich an«, sagt Leroy. »Ich möchte nicht, dass du gehst. Ich möchte, dass du bei mir bleibst.«
    »Ich fliege zurück

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