Der Hinterhalt
drei Stunden nach dem Einchecken ein Paket in mein Hotelzimmer geliefert. Sie mussten meine Kreditkarten überwacht haben, da ich mir sicher war, dass mir niemand folgte. Das Paket enthielt einen aktualisierten Statusbericht zu meiner Zielperson. Viel Neues war darin nicht zu finden, zwei Tage in der Woche Unterricht an der Universität, ein Nachmittag im Strip-Club, ein Mittagessen im chinesischen Viertel. Der große Australier hatte gekündigt, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Soweit bekannt war, hatte er sich vollständig erholt und war nach Australien zurückgekehrt. Meine Zielperson hatte einen neuen Leibwächter engagiert, um ihn zu ersetzen. Diesmal handelte es sich auch bei dem zweiten Bodyguard um einen von ihnen. Beim letzten Mal hatte ich eine Woche damit verbracht, einen Plan auszuarbeiten, der nicht funktioniert hatte. Jetzt hatte ich zwei Tage Zeit, um mir einen neuen Plan auszudenken, und ich musste mit einberechnen, dass meine Zielperson und sämtliche Mitarbeiter aller Wahrscheinlichkeit nach in höchster Alarmbereitschaft waren. Ein Killer war in sein Haus eingedrungen und hatte vor seiner Schlafzimmertür gestanden, und das wusste er. Das konnte niemand einfach so ignorieren. Von welcher Seite ich es auch betrachtete, dieser Job würde eine heikle Sache werden. Aber es war der letzte Job, den ich jemals erledigen würde. Rein, raus, weg. Dann war ich frei. Dann waren wir frei, um zusammen zu sein.
Ich holte meine alten Aufzeichnungen hervor, da ich nachsehen wollte, ob es vielleicht irgendwelche Möglichkeiten gab, die mir beim letzten Mal nicht aufgefallen waren. Sein Haus war tabu. Seit meinem letzten Versuch waren die Sicherheitsmaßnahmen zweifellos verschärft worden. Außerdem wäre ich mir wie ein Idiot vorgekommen, wenn ich denselben Job zweimal auf dieselbe Art und Weise in den Sand gesetzt hätte. Ich musste mich für einen anderen Ort entscheiden. Im Strip-Club gab es zu viel Sicherheitspersonal. Ich zog die Universität in Erwägung, machte mir jedoch Sorgen, dass das zu nahe bei dir wäre. Ich hoffte, dass niemand von deiner Existenz wusste, und hatte vor, es auch dabei zu belassen. Darüber hinaus gab es auf dem Campus zu viele Augen, zu viele wachsame junge Menschen, die alles ruinieren konnten. Ich musste meine Zielperson so gut wie möglich isolieren. Dazu musste ich mit weniger Anwesenden beginnen.
Mir blieb nur eine Möglichkeit: das chinesische Restaurant, in das er einmal in der Woche zum Mittagessen ging. Es handelte sich um ein kleines Lokal mit etwa zwanzig Tischen. Es gab dort zwei kleine Nebenräume, die mit Holzperlen-Vorhängen vom Haupt-Essbereich abgetrennt waren. Meine Zielperson saß mit ihren Geschäftspartnern immer in einem dieser Nebenräume. Auch die Bodyguards spulten beim Mittagessen immer dasselbe Programm ab: Sie teilten sich auf. Einer von ihnen aß mit meiner Zielperson und saß neben ihr. Der andere aß allein im Haupt-Essbereich und behielt das Restaurant im Auge. Die Situation war alles andere als ideal, stellte aber die beste meiner schlechten Optionen dar. Der Schauplatz war also festgelegt. Jetzt brauchte ich nur noch einen Plan.
Gift? Es wäre ihm recht geschehen, wenn ich ihn mit einem seiner eigenen Gifte getötet hätte. Die Idee war allerdings zu kompliziert. Wie hätte ich ihn vergiften sollen, ohne zu riskieren, dass ich auch die anderen Leute am Tisch vergiftete? Ich stieß immer wieder auf dieselbe Tatsache: Jemanden zu töten war einfach, aber denjenigen zu töten, den man töten wollte, war schwierig.
Ich fragte mich, was Michael an meiner Stelle getan hätte, da ich den Verdacht nicht loswurde, dass ich es bei meinem ersten Versuch mit der Planung schlichtweg übertrieben hatte. Ich hatte es auf Jareds Weise versucht, doch ich konnte Jared einfach nicht das Wasser reichen. Deshalb war auch er derjenige, der befördert worden war. Also, was hätte Michael getan? Vermutlich wäre er einfach hineinmarschiert, hätte seine Pistole gezogen und den Bodyguard im Haupt-Essbereich erschossen, wäre dann in den Nebenraum gegangen, um dem anderen Bodyguard und meiner Zielperson eine Kugel zu verpassen, und wäre anschließend hinausspaziert, als gehöre ihm das Restaurant. Genau das war Michaels Stil. Er widersprach allem, was uns beigebracht worden war. Doch meine Zielperson wusste, was uns beigebracht worden war. Ihm war das Gleiche beigebracht worden. Ich würde aufpassen müssen, dass ich keine Unbeteiligten erschoss, und
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