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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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nach irgendeiner sagenhaften Stadt ins Land gekommen war. Seine Expedition begann eine halbe Stunde später, als der grüne Lichtpunkt, der Gabriel Allon darstellte, vierundsechzig Kilometer westlich von ihnen endlich zum Stehen kam. Sie beluden sich mit so viel Wasser, Proviant und Waffen, wie sie tragen konnten. Dann kletterten sie über den Grenzzaun nach Saudi-Arabien und begannen loszumarschieren.

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    I M L EEREN V IERTEL , S AUDI -A RABIEN
    Das Zelt war eingekeilt am Fuß einer riesigen hufeisenförmigen Düne errichtet worden. Es bestand nach beduinischer Tradition aus schwarzem Ziegenhaarfilz und war von einem halben Dutzend verblichener Pick-ups und Geländewagen umgeben. Wenige Meter vom Zelteingang entfernt kochten vier verschleierte Frauen mit Hennatätowierungen an den Händen Kaffee, den sie mit Kardamom würzten. Keine von ihnen schien auf den übel zugerichteten Mann in einem blauen Overall zu achten, der in der kalten Morgenluft zitternd hinten aus einem GMC Denali ausstieg.
    Am Fuß der Düne war es noch dunkel, aber ihr oberer Rand war bereits rosig angehaucht, und die Sterne verblassten. Gabriel, der von al-Kamal vorwärts gestoßen wurde, stolperte auf das schwarze Zelt zu. Er hatte pochende Kopfschmerzen, aber seine Gedanken waren klar. Sie waren auf seine Lüge konzentriert, die er ganz langsam, Stück für Stück, wie mit Honig gesüßte Kekse verabreichen würde. Er würde sich ihnen gegenüber so aufführen, dass sie nicht von ihm würden lassen können. So würde er Michail und dem Sajeret-Team die benötigte Zeit verschaffen, damit sie das Signal erreichten, das die Kapsel in seinen Eingeweiden sendete. Schnell verdrängte er den Sender wieder aus seinen Gedanken. Es gibt keinen Sender, ermahnte er sich. Es gab nur Nadia al-Bakari, eine Frau mit untadeligem dschihadistischen Hintergrund, die er dazu erpresst hatte, seine Anweisungen auszuführen.
    Am Zelteingang stand jetzt Malik, der seine schneeweiße Kandura gegen eine graue Thobe vertauscht hatte. Er war barfuß, trug aber eine rot-weiß karierte Ghutra auf dem Kopf. Er starrte Gabriel finster an, als überlege er schon, wo er den ersten Schlag platzieren sollte, und trat dann aber beiseite. Al-Kamal reagierte darauf, indem er Gabriel einen kräftigen Stoß zwischen die Schulterblätter versetzte, der ihn in das Zelt torkeln ließ.
    Gabriels wenig würdevolle Ankunft schien die in dem Zelt versammelten Männer sehr zu belustigen. Es waren insgesamt acht, die mit untergeschlagenen Beinen sitzend einen Halbkreis bildeten und aus winzigen Tassen mit Kardamom gewürzten Kaffee tranken. Einige von ihnen trugen die traditionellen Jambia- Krummdolche jemenitischer Männer, einer saß über ein aufgeklapptes Notebook gebeugt da. Gabriel erkannte sein Gesicht ebenso wie seine Stimme, als er schließlich zu sprechen begann. Es war die Stimme eines Mannes, dem Allah eine verführerische Beredsamkeit geschenkt hatte. Es war Raschid al-Husseinis Stimme.
    Auf den Wärmebildkameras der hoch über der Düne kreisenden Predator stellte sich die Versammlung in dem Beduinenzelt aus Ziegenhaar als eine Ansammlung von elf winzigen Lichtpunkten dar. In näherer Umgebung gab es weitere menschliche Wärmequellen. Vor dem Zelt hockten vier Gestalten um ein kleines Feuer. In den Dünen waren ringförmig Wachposten verteilt. Und ungefähr einen Kilometer südlich des Zelts waren zwei weitere Gestalten zu erkennen – eine unbeweglich auf dem Boden liegend, die andere mit untergeschlagenen Beinen sitzend. Als es langsam hell wurde, fragte Schamron Carter, ob es möglich sei, die beiden Gestalten durch ein normales Objektiv zu zeigen. Weitere fünf Minuten vergingen, bis das Licht dafür ausreichte, aber dann war das nach Langley übertragene Bild erstaunlich klar zu erkennen. Es zeigte eine schwarzhaarige Frau, die von einem bärtigen Mann bewacht wurde, der mit einem Sturmgewehr AK-47 bewaffnet war. Nicht weit von den beiden entfernt, auf der anderen Seite einer großen Düne, war ein rundes Loch ausgehoben worden. Ganz in seiner Nähe lag ein Haufen faustgroßer Steine.
    Als das erste Entsetzen in Raschidistan etwas abgeklungen war, sagte Carter: »Michail und das Sajeret-Team können unmöglich rechtzeitig eintreffen. Und selbst wenn sie’s könnten, würden sie entdeckt werden.«
    »Ja, Adrian«, sagte Schamron. »Das ist mir klar.«
    »Lassen Sie mich Prinz Nabil im Innenministerium anrufen.«
    »Wieso wollen Sie damit Ihre Zeit vergeuden?«
    »Vielleicht

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