Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2
fasziniert den Vollmond, der bei Tageslicht auch wie ein Geist wirkte und auf den Baumwipfeln zu balancieren schien.
Die Schatten wurden kürzer.
»… dir …«, sagte der Unt.
Die verschiedenen Schattierungen des Grüns, das mich umgab, hatten etwas Faszinierendes. Ich betrachtete es für eine Weile: Das Oliv- und Blaugrün der Blätter, das Dunkel-, fast Schwarzgrün der Schatten zwischen den Baumstämmen, das Limonengrün des Grases unter meinen Füßen. Dann schoben sich Gewitterwolken vor die Sonne, und die Konturen verwischten sich. Es sah aus, als würde es bald regnen.
»… etwas …«, stöhnte der Unt.
»Meinst du, es wird bald regnen?«, fragte mich Heinrich plötzlich. »Ich hoffe nicht. Mein Ektoplasma verträgt keinen Regen.«
»Aber«, sagte ich, »Regen macht dir doch nicht mehr aus als irgendein anderes physikalisches Objekt?«
»Wasser hat so seine Tücken.« Heinrich huschte die Lichtung rauf und runter. »Wegen dem Weihwasser, verstehst du?«
»Was meinst du mit Weihwasser?«
»Weihwasser verträgt sich nicht mit unserem Spektralwesen.«
»Aber es wird ja wohl kein Weihwasser vom Himmel regnen, oder? Das ist einfach nur ganz normaler Regen.«
»… zu …«, sagte der Baum.
»Das ist es ja«, erklärte der Geist. »In der Regel ist es normaler Regen. Aber normaler Regen besteht aus Wasser, das verdunstet ist und dann zur Erde zurückfällt. Das meiste davon stammt aus Flüssen und Seen, doch ein kleiner Teil davon auch von woanders. Was denkst du, geschieht mit Weihwasser, nachdem es verwendet wurde?«
»Darüber habe ich noch nie nachgedacht«, gab ich zu.
»Es wird weggeschüttet oder in die Spüle gegossen und landet letztlich in den Flüssen und Meeren. Und das heißt, dass es mit dem restlichen Wasser verdunstet.«
»Aber das ist noch nur eine winzige Portion.«
»Ja.« Heinrich nickte nervös. »Aber es genügt, um einem Gespenst wie mir Ungemach zu bereiten. Und weißt du was? Es verschwindet nicht. Es bleibt für immer Weihwasser. Es fällt als Regen hinunter und verdunstet wieder, und jedes Mal, wenn ein Priester eine Schale Wasser für eine Taufe oder einen Exorkismus oder was auch immer segnet, kommt ein bisschen mehr hinzu. Über viele Jahrhunderte hinweg ist der Anteil des Weihwassers im Regen kontinuierlich gestiegen.«
»… sagen …«, sagte der Unt.
»Ihh« , rief Heinrich mit ungewöhnlich schriller Stimme. »War das ein Tropfen? Ich glaube, das war ein Regentropfen.«
»Hm«, sagte ich. »Wenn du nicht im Regen sein willst, können wir uns gerne irgendwo im Ort unterstellen.«
»Nein, nein, du musst unbedingt hören, was dir Fangmichdoch zu sagen hat. Es ist von großer Bedeutung für ganz Obermittelerde.«
»Na dann mal raus damit«, sagte ich.
Wir warteten. In den alten Augen des Unts glitzerten die Weisheit und die Leidenschaften längst vergangener Zeitalter. Und doch hatte ich irgendwie das Gefühl, dass das Geschöpf – in den letzten paar Jahrhunderten oder so – etwas den Faden verloren hatte. Die Wolken über uns wurden dicker und schwärzer.
»… Bin …«, sagte der Baum.
»Na schön«, platzte es aus Heinrich heraus, der offensichtlich langsam die Geduld verlor. »Ich glaube, der ehrwürdige, erhabene Unt Fangmichdoch will dir sagen, dass die Welt in unmittelbarer Gefahr ist.« Ich hatte meinen Geist noch nie so schnell sprechen hören. »Er ist den ganzen Weg von den uralten Wäldern von Fangrohr weit im Süden hierher gewandert, begleitet lediglich von zwei seiner Kameraden, Untsainbolt und Brechsalat, um dich zu warnen … Ihh! « Heinrichs Stimme sprang um eine halbe Oktave höher. »Es regnet«, kreischte er. »Es regnet wirklich! «
»Das ist doch nur ein bisschen Niesel«, sagte ich.
»… go …«, dröhnte der Unt.
Heinrichs Stimme überschlug sich nun beinahe. »Also: In der Alten Zeit waren alle Pflanzen fähig, sich zu bewegen, was immer wieder zu Kriegen führte, Kriege, wie wir sie uns heute überhaupt nicht mehr vorstellen können. Das Leben gegen das Leben. Die mächtigsten Zauberer und Drachen verbündeten sich 46 , um … Ihh! Ahh! Es gießt in Strömen! Können wir jetzt bitte gehen? Bitte! «
Zugegeben: In der Luft war feiner Sprühregen zu erkennen, wie die zarten Schattenlinien einer kunstvollen Radierung. »Ich dachte, du willst, dass ich …«, begann ich.
Aber Heinrich hatte sich bereits auf den Weg gemacht, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm nachzulaufen.
»Entschuldigen Sie bitte, dass ich so
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