Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2
plötzlich aufbrechen muss«, rief ich dem Unt zu.
»… Beutl…«, brummte Fangmichdoch (es war ja offensichtlich, was nach »Bingo« kommen würde).
So schnell, wie mich meine Hobbnixbeine trugen, rannte ich aus dem Wald hinaus, Heinrich hinterher. Als hätte er irgendetwas verbrochen – und liefe nicht einfach nur Gefahr, nass zu werden –, floh er den ganzen Weg nach Hoppler-Ahoi! zurück und rettete sich ins Wirtshaus zum Fahlen Kaninchen. Ich war völlig außer Atem, als ich ebenfalls dort eintraf. Die Wirtstube war fast leer – bis auf zwei ältere Hobbnixe, die in einer Ecke Domino spielten, und den Wirt, der wie immer den Tresen mit einem Tuch abwischte. Sie alle sahen mich an.
»Uff!«, japste ich und stützte mich mit den Armen auf den Knien ab. »Man ist nicht mehr der …«
»Huhuhu«, heulte Heinrich in diesem Moment.
Die Augen der drei versammelten Hobbnixe traten aus den Höhlen, und ihre Münder klappten auf. »Ein Geist!«, schrie einer von ihnen panisch. »Ein Geist! Ein Geist!« Und alle drei stürmten sie Richtung Ausgang, wobei sie Tische umwarfen und Dominosteine von sich schleuderten. Sekunden später war das Wirtshaus leer.
»… Jüngste«, beendete ich den Satz.
Da Heinrich keine Lungenbläschen und kein Blut besaß und somit auch nicht die Notwendigkeit verspürte, das zweitere durch die ersteren mit Sauerstoff zu versorgen, japste er nicht. Aber ich sah ihm an, dass er aufgewühlt war.
»Tut mir leid«, sagte er zu mir. »Ich habe wohl etwas überreagiert. Aber der Regen … sticht mich.«
»Jetzt weiß ich«, sagte ich, »warum du dich die ganze Zeit in der Höhle aufhältst. Mir erschien das immer ein wenig seltsam, dass du nie ausgehst. Nicht dass du unbedingt frische Luft brauchst oder so, aber … na ja, du weißt schon.«
»Regen ist kein Segen«, murmelte er.
»Am besten, ich trinke erst einmal was«, sagte ich. Ich ging auf die andere Seite des verlassenen Tresens und studierte die Auswahl. »Ich glaube, ein Met wäre nett.« Mit einem wohlklingenden Plopp zog ich den Korken aus der Flasche, und mit einem noch wohlerklingenden Dup-Dup-Dup goss ich die goldene Flüssigkeit in ein Glas. Dann wandte ich mich wieder Heinrich zu. »Vielleicht solltest du mir jetzt endlich erklären, worum es hier eigentlich geht.«
»Äh«, erwiderte er. »Ich hatte eigentlich gehofft, du könntest es direkt von Fangmichdoch erfahren. Wenn er sich nur etwas mehr beeilt hätte, dieser komische Unt!«
»Warum erklärst du es mir nicht?«
Heinrich seufzte. »Na schön. Die Unts sind eine uralte Spezies wandernder Bäume. Sie wandern immer noch, wenn auch nicht mehr so viel wie früher, und ihre Wanderungen führen sie weit weg von bewohnten Gebieten. Sie wandern durch Wälder und Buschland, über Felder und Wiesen, vorbei an Flüssen voller Karpfen und Krapfen, vom Hölzchen aufs Stöckchen …«
»Ich glaube, ich weiß, was du meinst.«
»Jedenfalls, der Punkt ist: Unts sind bewegliche Vegetation. Daraus kann man schließen, dass Pflanzen sich bewegen können. Ja? Okay. Aber die meisten Pflanzen bewegen sich nicht . Unsere Rasen, unsere Hecken, unsere Felder – sie alle bleiben da, wo sie sind.«
»Natürlich tun sie das«, sagte ich.
»Aber weißt du auch, warum?«
»Weil sie nur Pflanzen sind?«, schlug ich vor.
»Nein. Weil sie unter einem Bann stehen. Einem Zauberbann, der so mächtig ist, dass er die Hälfte aller Lebewesen dieser Welt zur Bewegungslosigkeit verdammt.«
Ich sah ihn ungläubig an.
»Verstehst du, vor langer, langer Zeit waren alle Pflanzen mobil. Jegliches Leben bewegte sich – so wie es die Schöpfung vorsah. Aber dann gab es Streit zwischen dem Fußvolk und dem Wurzelvolk. Wir wagen nicht zu fragen, woher diese Feindschaft rührte, denn die Gründe verlieren sich im nebeligen Abgrund der Zeit …«
»Warum redest du so seltsam?«, unterbrach ich ihn.
»Ich dachte, so wäre es dramatischer«, erklärte er. »Gefällt es dir nicht?«
Ich goss mir noch ein Glas Met ein. Die drei Wochen im Käfig – ohne Alkohol – hatten mich ganz schön durstig gemacht. »Erzähl es mir einfach gradraus.«
»Nun gut, es gab einen Krieg. Einen schrecklichen, weltweiten Krieg. Die Weiden und Wiesen wurden zu Todesfallen. Ganz wörtlich, meine ich: Die Weiden und Wiesen töteten . Ebenso die Wälder. Alle Bäume außer den Unts wandten sich gegen das Fußvolk. Eschen. Ulmen. Koniferen. Kiefern. Ahornbäume. Andentannen. Nordmanntannen. Eiben. Zypressen. Wacholder.
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