Der Hochzeitsvertrag
schien er überhaupt niemanden zu beschäftigen.
Nicholas umarmte Emily, küsste sie auf die rußverklebte Stirn und deutete auf einen Stuhl, der an der Wand stand. "Setz dich doch, meine Liebe, während wir dein Bad vorbereiten."
Von jetzt an wird Emily den ersten Platz in meinem Leben einnehmen, schwor sich Nicholas. Ihr Glück war wichtiger als alles andere. Morgen Abend würde er noch eine Sache erledigen müssen, die hoffentlich alle Gefahren ein für alle Mal von ihnen abwenden würde. Aber gleich nachdem ich Julius Munford einen schon längst überfälligen Besuch abgestattet habe, werden wir nach Bournesea zurückkehren. Dahin, wo wir zu Hause sind.
Emily zog den Mantel enger um sich, während sie nach oben gingen. Darunter trug sie nur ein schlichtes weiches Leinenhemd, das Duquesne ihr gebracht hatte. Ihr eigenes Nachthemd und der schöne, mit Brüsseler Spitzen besetzte Hausmantel waren beim Brand völlig ruiniert worden. Hätte sie sich nicht mit dem Waschwasser übergossen, bevor sie versucht hatte, den Brand zu löschen, wäre sie bei lebendigem Leib in ihren Kleidern verbrannt, wurde Emily verspätet bewusst. Sie schauderte.
Nicholas hatte sich ebenfalls Kleidung von Duquesne ausborgen müssen, nachdem er sich mit viel Seife gleich unter der Pumpe mit kaltem Wasser und unter großem Gelächter seitens Duquesnes sauber geschrubbt hatte. Der Viscount wäre ein wundervoller Ehemann, sinnierte Emily, während sie auf den Mann blickte, der sie durch die Korridore geleitete. Er war charmant und wirkte auf eine angenehme Art selbstsicher, ohne dabei auch nur im Mindesten arrogant zu sein.
Sein großes altes Haus allerdings wirkt merkwürdig vernachlässigt, stellte sie fest und sah sich auf dem Weg nach oben neugierig um. Die feinen Seidentapeten am Treppenaufgang hatten sich hier und da von der Wand gelöst. Ihr fiel auf, dass kaum Bilder an den hohen Wänden hingen, und das Parkett, das in diesem Haus nicht von Teppichen ausgelegt wurde, musste dringend neu versiegelt werden.
Emily war überrascht. Der Schluss lag nahe, dass der Viscount Duquesne nur über beschränkte Mittel verfügte. Und dennoch war keine Spur von Bitterkeit oder Neid bei ihm zu spüren. Nichts schien seine gute Laune mindern zu können. Nicht einmal ein nächtlicher Überfall.
"Es macht euch doch nichts aus, euch ein Bett zu teilen, oder?" fragte er, während er sie den Gang im dritten Stock entlangführte. "Ich kann euch nämlich nur eines zur Verfügung stellen."
Emily unterdrückte ein überraschtes Keuchen. In einem Haus von dieser Größe gab es sicher mehr als zehn Schlafzimmer. Wieso gab es dann nur ein Gästebett? Waren die übrigen Räume unmöbliert? Geistesgegenwärtig erwiderte sie: "Oh ja, das reicht, danke."
Nicholas drückte ihr erleichtert den Arm, dabei war das völlig unnötig. Was hätte sie denn sonst sagen sollen? Sie konnte ja kaum von Duquesne verlangen, sich ein Zimmer mit Nicholas zu teilen.
Als der Viscount sie galant in einen großen, elegant möblierten Raum winkte, in dem ein riesiges Baldachinbett stand, rief Emily unwillkürlich: "Wie wunderschön!" Das Schlafzimmer stand ihrem eigenen in Kendale House in nichts nach.
"Ich freue mich, dass es euch gefällt", erwiderte Duquesne schlicht. Er zündete ihnen mit der Handleuchte eine Öllampe an. "Macht es euch bequem. Gute Nacht."
Nachdem er gegangen war, blickte sich Emily neugierig um. In einer Ecke des Raums erspähte sie einen Tisch, auf dem Schreibutensilien, eine Flasche und ein Glas standen. Im Kamin glühten noch die Kohlen.
"Nicholas, das ist ja Duquesnes Schlafzimmer!" rief Emily verblüfft aus.
"Richtig."
Sie seufzte. "Wir können ihm doch nicht sein eigenes Zimmer streitig machen! Geh und hol ihn zurück. Wir werden irgendwo anders schlafen."
"Nein, Emily. Wir bleiben hier."
"Aber …"
"Nimm sein großzügiges Übernachtungsangebot einfach an", empfahl Nicholas ihr.
Emily zögerte, ehe sie nachdenklich nickte. Wenn es wirklich kein weiteres Bett gab, sollte sie dem Viscount Duquesne Peinlichkeiten ersparen. "Er ist ein guter Mensch, nicht wahr?" sagte sie. "Großzügig und gütig. Was ist ihm zugestoßen?"
"Du meinst, was mit seinem Reichtum passiert ist?" Nicholas verzog das Gesicht. "Sein Vater hat das Familienvermögen buchstäblich verschleudert. Duquesne hat zu spät erkannt, dass sein Vater an Altersschwachsinn leidet, bedauerlicherweise. Heute wird der klägliche Rest des Familienerbes, das eingeschlossen, was
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