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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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auch damals tauchte es auf. Überall. Der Mörder hatte es auf die Wände gezeichnet, auf die Lkws, sogar auf einige der Leichen.«
    »Dasselbe Symbol«, wiederholte Jane. »Vor 20 Jahren.«
    »Genau.«
    Eine Weile lagen sie schweigend da. Jane hoffte, dass er eingeschlafen war, und versuchte, selbst zur Ruhe zu kommen, aber die Bestürzung über seine Erzählung hielt sie wach. Wie mochte es für ihn gewesen sein? All das an einem Tag durchzumachen? »Mein Gott, Steve. Vor so langer Zeit? Du musst doch damals noch fast ein Kind gewesen sein.«
    »Ein Greenhorn, ein blutiger Anfänger. Zu Beginn des Sommers hatte ich die Polizeischule beendet. Ich war gerade mal zwei Monate dabei, als es passierte.«
    »Und diese vielen Menschen – ermordet ohne jeden Grund.«
    »Ermordet von einem Postangestellten, Jane. Wie Marlene, wie Carlton. Die gleiche Vorgehensweise, die gleichen Details und Begleitumstände, aber alles zwei Jahrzehnte früher.«
    Jane suchte fieberhaft nach einem Argument, um alles als bloßen Zufall abzutun, aber sie fand keins. »Es scheint ja wohl offensichtlich, dass eine direkte Verbindung zwischen dem, was Marlene und Carlton getan haben, und den Ereignissen von vor 20 Jahren besteht. Es ist unmöglich, dass es nicht so ist.«
    »Ganz meine Meinung. Marlene und Carlton haben bei der Post gearbeitet, ebenso der damalige Täter. Das Glockensymbol fand man sowohl an den Tatorten dieser Woche als auch an denen von damals. Der frühere Mörder hat sogar auf die gleiche Weise Selbstmord begangen wie Carlton, und Carlton hat vor 20 Jahren nicht einmal hier in der Gegend gelebt. Ich habe in seiner Akte nachgesehen. Er lebte damals noch in North Carolina, woher sollte er also wissen, wie sich dieser Kerl damals umgebracht hat?«
    Jane wusste keine Antwort darauf.
    »Und zu allem Überfluss haben Carlton, Marlene und der Mörder von damals alle im gleichen Postamt gearbeitet.«
    Janes Gedanken gerieten ins Stocken. »Moment mal. Hast du nicht gesagt, dieser Mann damals habe im Hauptpostamt gearbeitet? Carlton und Marlene haben in meinem Postamt gearbeitet, in der gerade erst wiedereröffneten Westfiliale.«
    Steve schwieg einen Moment und musterte sie durch die Dunkelheit. »An dem Punkt irrst du dich, Jane. Das Postamt, das du letzte Woche eröffnet hast, ist das gleiche Postamt wie vor 20 Jahren. Das gleiche Gebäude.«
    »Aber ... das verstehe ich nicht.«
    »Jane, vor 20 Jahren war Danelleton noch deutlich kleiner – eine aufstrebende kleine Vorstadtgemeinde. Der Stadtrat hat alles getan, was in seiner Macht stand, um die Angelegenheit so gut wie möglich unter dem Deckel zu halten, und der erste Schritt bestand seinerzeit darin, das Postamt zu schließen. Sie konnten den schlechten Ruf, der dem Gebäude anhaftete, nicht gebrauchen. Ein Massenmord – alles andere als gut für die Immobilienpreise. Also bauten sie ein ganz neues Postamt, das heutige Hauptpostamt auf der anderen Seite der Stadt. Die Zeit verging und – ob du es glaubst oder nicht – die Sache geriet in Vergessenheit. Die meisten Menschen, die damals hier gelebt haben, sind inzwischen weggezogen. Im Stadtrat sitzen andere Leute. Bei der Post arbeiten andere Leute. Verdammt, es gibt nicht mal mehr andere Polizisten in Danelleton, die damals dabei gewesen sind; ich bin der einzige. So ziemlich das einzig Gute an diesen Morden war, dass die Menschen sie so schnell vergessen haben.«
    Jane verstand, worauf er hinauswollte. »Aber jetzt ist Danelleton so groß geworden, dass ein Postamt für die vielen Einwohner nicht länger ausreicht.«
    »Genau. Die Stadt brauchte ein zweites Amt, um das zusätzliche Aufkommen zu bewältigen. Man hat überlegt, ein zweites Postamt zu bauen, aber dann sagte man sich: Wozu der Aufwand? Wir haben doch noch das alte Gebäude. Es ist seit 20 Jahren geschlossen und niemand erinnert sich an die Geschichte von damals. Also haben sie, anstatt für teures Geld ein neues Postamt zu bauen, einfach das alte renoviert.«
    » Mein Postamt«, murmelte Jane.
    »Genau. Die Westfiliale, die du leitest, ist das gleiche Postamt, in dem der Mörder vor 20 Jahren gearbeitet hat. Und in derselben Woche, in der das Gebäude neu eröffnet wird, ziehen zwei von deinen Angestellten los, um das Gleiche wie damals zu tun. Das nagt schon an mir, seit die Sache mit Marlene passiert ist. Ich bin der Einzige, der davon weiß, der Einzige, der sich erinnert. Ich denke immer wieder: Das ist doch unmöglich. So einen Zufall kann es nicht geben.

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