Der Höllenbote (German Edition)
Kräfte, wie der Bote mir sagte. Er öffnet die Tür, von der ich dir erzählt habe. Er öffnet den Riss .«
Claudette konnte ihn gar nicht mehr richtig hören. Ihre Höhepunkte folgten in krampfartigen Erschütterungen dicht aufeinander. Sogar als sie Einzelheiten der unvorstellbaren Kreaturen erkennen konnte, die sie immer wieder bestiegen, war sie nicht angewidert. Durch ihre halbtransparente weiße Haut ließen sich bräunliche Adern erkennen. Wie Urwesen sahen sie aus, mit riesigen Augen und grinsenden Schlitzen voller Fangzähne, die Köpfe unförmig wie kleine Felsbrocken. Und Hörner.
Ihre Liebhaber waren keine Menschen.
Sie erhaschte einen kurzen Blick auf die Abgründe jenseits der Höhle. Endlos schienen sie zu sein. Claudette sah Massen nackter Gestalten, einige deformiert, einige mit fehlenden Gliedmaßen, andere hatten nur einen Teil ihrer früheren Menschlichkeit bewahrt, nachdem sie einer Art Hybridisierungsprozess unterzogen worden waren. Auch einen See bemerkte sie, nicht weit vom Höhlenausgang entfernt. Der See dampfte, aber er war nicht mit Wasser gefüllt. Es sah eher wie blubberndes Blut aus. Aus dem See stiegen Wesen auf, die aussahen, als hätten sie Schnäbel. Sie stürzten sich in die Menschenmassen, zerfetzten sie, rissen ihnen streifenweise die Haut herunter und pickten ihnen mit fröhlicher Unbekümmertheit die Augen aus. Einige Opfer wurde in den See hineingezogen und schreiend von noch unaussprechlicheren Erscheinungen unter der Oberfläche verschlungen. Und die ganze Zeit hallte durch die Abgründe eine nicht enden wollende Kakofonie aus Stöhnen, Lachen, Kreischen und Schreien.
Claudette war nun fast komplett wahnsinnig, um den Verstand gebracht von ihrer sexuellen Raserei. Es war ihr egal, was mit ihr geschah. Sie wünschte sich, für immer hierzubleiben. Auf der anderen Seite des Risses erkannte sie den Briefträger. Er verstaute den Glockenklöppel in seiner Umhängetasche, dann zog er sich aus. Um Claudette herum lagen verausgabt die bleichen Dämonen; sie hatte sie bis zur Erschöpfung getrieben und wollte immer noch mehr. Sie keuchte, schlammbedeckt, entflammt, und hob den Blick.
Der nackte Körper des Postboten sah merkwürdig aus. Sein Bauch war angeschwollen, die Haut mit blauen und schwarzen Flecken bedeckt. »Ich bin tot«, sagte er und stieß eine Art Glucksen aus, »aber der Bote erhält mich am Leben, damit ich ihm diene. Er hat Botschaften, die überbracht werden müssen, und ich helfe ihm dabei. Ich werde bestraft ...« Er hielt die Hände hoch, um ihr den langsamen Verfall seines Fleisches zu zeigen. »... das habe ich nun davon. Ich muss mir seinen Respekt neu verdienen, verstehst du? So, jetzt bin ich bei dir an der Reihe und wenn ich fertig bin, werde ich dich aufschlitzen und ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Nimm’s nicht persönlich. Ich muss es nun einmal tun, okay?«
Er ging vorwärts, auf den Riss zu. Claudette beobachtete ihn unruhig dabei, sie wand sich in nervöser Erwartung. Aber dann blieb der Briefträger stehen und schrie: »Verdammter Mist!«
Er blickte auf seine nackte Leistengegend herab. Sein Penis, ohnehin bereits halb verwest, fiel ab. Zusammengeringelt blieb er auf dem Boden liegen wie ein kleines Appetithäppchen.
»Na toll, so viel dazu. Ist das nicht wieder typisch? Glaub mir: Ob im Leben oder im Tod – du bekommst immer einen Arschtritt.«
Der Postbote ging zurück zu seiner Tasche und holte ein großes Tranchiermesser heraus.
Kapitel 16
(I)
Die Tür explodierte und flog in Fetzen aus ihrem stählernen Sicherheitsrahmen. Zwei uniformierte Polizisten traten schnell mit dem Rammbock einen Schritt zurück, während weitere Männer an ihnen vorbei in taktischer Formation ins Haus eindrangen und mit gezogenen Waffen in alle Richtungen sicherten. Das Haus war umringt von Streifenwagen, mehreren Krankenwagen und den Einsatzfahrzeugen einiger Bezirkssheriffs.
»Wie heißen die Leute?«, fragte ein Polizist, der vor dem Haus stand. Er behielt die Fenster im Auge.
Ein anderer Cop, der eine Ecke des Hauses bewachte, antwortete: »Peterson. Keine Vorstrafen, keine Anzeigen, nichts. Der Ehemann ist bei der Arbeit, es müsste also nur die Frau im Haus sein.«
»Warum sind wir hier?«
»Ein Nachbar hat gemeldet, dass er einen lauten Schrei gehört und vorher einen Postboten an der Tür gesehen hat. Aber hier steht kein Postauto.«
»Was haben die hier ständig mit den Postboten?«
Drinnen im Haus blieben die Männer, die für die
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