Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
hat die Worte >Schlächter und Clowns< gebraucht und dann >sie werden die Adler nicht aufhalten<. Und nur Sekunden später sagte ihm Holcroft, daß es Bedingungen gab ... >Dann wandert das Geld wieder für dreißig Jahre unter die Erde.< Der Mann wiederholte die Worte >wieder unter die Erde< und sagte, daß dies das Unangenehme daran sei. Aber dann fügte er hinzu, daß es >keine verbrannte Erde< gäbe. >Verbrannte Erde< ... >Es wird keine verbrannte Erde geben. ‹«
Der Oberkörper des blonden Mannes straffte sich. Er lehnte sich im Sessel zurück, und seine scharfen Gesichtszüge spiegelten das angestrengte Nachdenken, während seine kalten Augen starr auf das Papier blickten. »Das kann nicht sein... nach all den Jahren. Unternehmen Barbarossa! Die >verbrannte Erde< des Unternehmens Barbarossa! O mein Gott, die >Abwehr<. Es ist die >Abwehr »Wovon redest du?«sagte Kessler. »›Barbarossa‹ war Hitlers erste Offensive gegen die Sowjetunion, ein großartiger Sieg.«
»Er hat es einen Sieg genannt. Die Generale nannten es bald eine Katastrophe. >Wir haben die wertlose verbrannte Erde von Barbarossa gegen das Blut unserer besten Armeen eingetauscht<, sagten sie. Damals wurde der Widerstandsgeist der >Abwehr< geboren.«
»Was war das?«
»Ein Geheimdienst mit militärischen Verbänden für Kommandounternehmen und zur Sabotageabwehr. Die meisten von ihnen waren keine Freunde der Partei; sie arbeiteten einzig und allein für sich selbst. Hitler verabscheuten sie; die Schutzstaffel nannten sie >SS-Pack<. Sie nannten sie >Schlächter und Clowns<. Sie standen über dem Krieg, über der Partei. Sie arbeiteten nur für Deutschland, ihr Deutschland.«
»Sag, was du meinst, Johann!« schrie Kessler.
»Die >Abwehr< ist noch am Leben. Sie ist der Feind. Unser Feind in Genf. Er wird vor nichts zurückschrecken, um das Vierte Reich im Keim zu ersticken.«
27.
Noel wartete auf der Brücke und sah den Lichtern von Paris zu, die wie Reihen winziger Kerzen flackerten. Er hatte Helden bei Gallimard erreicht; sie war einverstanden gewesen, sich mit ihm nach der Arbeit auf dem Pont Neuf zu treffen. Er hatte sie zu überreden versucht, zu dem Hotel in Argenteuil zu fahren, aber sie hatte sein Angebot abgelehnt.
»Du hast mir Tage versprochen, Wochen, wenn ich das wünsche«, sagte er.
»Das habe ich uns beiden versprochen, Darling, und die werden wir auch haben. Aber nicht in Argenteuil. Ich werde dir das erklären, wenn wir uns sehen.«
Es war kurz nach fünf. Die Winternacht kam schnell in Paris, und der kühle Wind, der vom Fluß heraufwehte, ließ ihn frösteln. Er klappte den Kragen seines aus zweiter Hand gekauften Mantels hoch. Wieder sah er auf die Uhr; die Zeiger hatten sich nicht bewegt. Wie hätten sie das auch sollen? Wo doch nicht mehr als zehn Sekunden verstrichen waren.
Er fühlte sich wie ein junger Mann, der im Mondlicht auf ein Mädchen wartete, das er an einem Sommerabend im Country Club kennengelernt hatte, und dann lächelte er, fühlte sich verlegen, weil er sich seine Unruhe nicht eingestehen wollte. Dies war keine warme Sommernacht, und er stand nicht im Mondlicht. Er stand auf einer Brücke in Paris, und die Luft war kalt, und er trug einen Mantel aus zweiter Hand und hatte eine Pistole in der Tasche.
Er sah sie die Brücke betreten. Sie trug den schwarzen Regenmantel und hatte ihr blondes Haar mit einem dunkelroten Tuch bedeckt, das ihr Gesicht einrahmte. Ihr Schritt war gleichmäßig, weder schnell, noch schlendernd; sie war eine einsame Frau, die von der Arbeit nach Hause ging. Abgesehen von ihren auffallend schönen Zügen — die sich aus der Ferne nur andeutungsweise erkennen ließen -, glich sie Tausenden anderer Frauen in Paris, die am frühen Abend nach Hause gingen.
Sie sah ihn. Er setzte sich in Bewegung, aber sie hob die Hand, das war ein Signal für ihn stehenzubleiben. Er achtete nicht darauf, wollte schnell bei ihr sein, die Arme ausgestreckt. Sie ging in diese hinein, und sie umarmten sich, und er fühlte die wohlige Wärme, die davon ausging, daß sie wieder zusammen waren. Sie legte den Kopf zurück und sah ihn an und tat zuerst so, als wolle sie streng sein, aber ihre Augen lächelten.
»Du darfst nie auf einer Brücke laufen«, sagte sie. »Ein Mann, der über eine Brücke läuft, fällt auf. Man schlendert über das Wasser; man rennt nicht.«
»Du hast mir gefehlt. Das ist mir egal.«
»Das mußt du lernen. Wie war es in Berlin?«
Er legte ihr den Arm um die
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