Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
eindeutig, daß sie mit falschen Papieren reist, aber daß sie nicht festgenommen werden soll. Ihr Aufenthaltsort soll an Interpol Paris gemeldet werden, die ihn nach New York weitergibt.«
»New York?«
»Von dort stammt die Aufforderung. Die Polizei in New York, ein Detective-Lieutenant namens Miles.«
»Miles?« Althene runzelte die Stirn. »Ich habe nie von ihm gehört. «
»Vielleicht aber die gesuchte Frau«, sagte der Pilot und rollte die Zigarre von einem Mundwinkel in den anderen.
Althene schloß die Augen. »Hätten Sie Lust, einen wirklich reinen Profit zu machen?«
»Ich bin kein Kommunist, mich beleidigt das Wort Profit nicht. Wie?«
»Verstecken Sie mich in Genf. Helfen Sie mir, jemanden zu erreichen.«
Der Pilot warf einen prüfenden Blick auf sein Armaturenbrett und drehte nach links ab. »Das kostet Sie viel.«
»Ich zahle«, sagte sie.
Johann von Tiebolt ging in der Hotelsuite auf und ab, ein graziöses, zorniges Tier, erregt. Seine Zuhörerschaft bestand aus den Brüdern Kessler; der stellvertretende Präsident des Genfer Staatsrats war vor wenigen Minuten gegangen. Die drei waren allein; die Spannung, die in der Luft lag, war offenkundig.
»Sie ist irgendwo in Genf«, sagte von Tiebolt. »Das muß sie sein.«
»Offenbar unter falschem Namen«, fügte Hans Kessler hinzu, dessen Ärztetasche zu seinen Füßen stand. »Wir werden sie finden. Wir schicken einige Leute mit ihrem Steckbrief los. Unser Freund hat uns eben versichert, daß das kein Problem sei. «
Von Tiebolt blieb stehen. »Kein Problem? Unserem Freund zufolge liegt der Genfer Polizei ein Rundschreiben der Interpol vor, das sich mit ihr befaßt. Das bedeutet schlicht und einfach, daß sie mindestens sechstausend Kilometer gereist ist, ohne daß man sie gefunden hat. Sechstausend Kilometer durch Reihen von Computern, in Flugzeugen mit Passagierlisten und durch wenigstens zwei Einwanderungsstellen. Mach dir nichts vor, Hans. Sie ist viel besser, als wir annahmen. «
»Morgen ist Freitag«, sagte Erich. »Holcroft müßte morgen eintreffen, und er wird mit uns Verbindung aufnehmen. Wenn wir ihn haben, haben wir sie auch.«
»Er hat gesagt, daß er im d’Accord absteigt, aber er hat es sich anders überlegt. Es gibt dort keine Reservierung, und Mr. Fresca hat das George Cinq verlassen. « Von Tiebolt stand am Fenster. »Mir gefällt das nicht. Etwas stimmt nicht.«
Hans griff nach seinem Glas. »Ich glaube, du übersiehst da etwas Offensichtliches.«
»Was?«
»So wie Holcroft die Dinge sieht, stimmt da eine ganze Menge nicht. Er glaubt, man sei hinter ihm her; er wird vorsichtig sein und auch sehr vorsichtig reisen. Ich wäre sehr überrascht, wenn er sich unter seinem eigenen Namen ein Zimmer bestellt.«
»Ich hatte angenommen, er würde den Namen Fresca benutzen oder eine Abwandlung davon, die ich erkennen könnte«, sagte von Tiebolt, ohne auf die Bemerkung des jüngeren Kessler einzugehen. »Aber so etwas gibt es in keinem Hotel von Genf.«
»Gibt es den Namen Tennyson?« fragte Erich mit leiser Stimme, »oder irgend etwas Ähnliches ?«
»Helden?« Johann drehte sich herum.
»Helden.« Der ältere Kessler nickte. »Sie war mit ihm in Paris zusammen. Man darf annehmen, daß sie ihm hilft; du hast das ja selber vorgeschlagen.«
Von Tiebolt stand unbewegt da. »Helden und ihre widerlichen Verräter sind im Augenblick anderweitig beschäftigt. Sie suchen die Reihen der ODESSA nach den Mördern des Herrn Oberst ab. «
» Falkenheim ?« Hans beugte sich vor. »Falkenheim ist tot?«
»Falkenheim war der Führer der ›Abwehr‹ — das letzte funktionsfähige Mitglied, um es exakt zu sagen. Mit seinem Tode gibt es für die Wolfsschanze keine Opposition mehr. Seine Judenarmee ist jetzt ohne Kopf; das Wenige, was sie wußten, haben ihre Führer mit ins Grab genommen.«
»Juden? Bei der ›Abwehr‹?« Erich war jetzt völlig verwirrt. »Wovon, Herrgott noch mal, redest du?«
»Ein Überfall auf den Kibbuz Har Sha’alav ist bereits veranlaßt; man wird die Schuld Terroristen der RACHE geben. Ich bin sicher, daß dir der Name >Har Sha’alav< etwas sagt. Am Ende hat sich die ›Abwehr‹ den Juden von Har Sha’alav zugewandt. Pack zu Pack. «
»Ich hätte gerne eine etwas deutlichere Erklärung!« sagte Erich.
»Später. Wir müssen uns auf die Holcrofts konzentrieren.
Wir müssen...« Von Tiebolt hielt inne, plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Prioritäten. Immer Prioritäten setzen«, fügte er wie im
Weitere Kostenlose Bücher