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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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immer ähnlicher wurde. Er lag auf dem Rücken, und seine toten Augen starrten in die Spiegeldecke, die das Bild eines leblosen Pimmels reflektierte, der seine Tätigkeit seltsamerweise sehr viel später eingestellt hatte als der überarbeitete Herzmuskel. Als der zu schlagen aufhörte, tat er's ein für allemal. Und sehr plötzlich. Der totale Herzstillstand aber führte nichtsdestoweniger zu einem erdbebenhaften Gebumse. Der Schwanz rannte seine letzte Meile mit einem Weltklassefinish bis zu einem Gewaltstoß. Als er explodierte, wurde die Nutte, die auf dem Mann saß, zwei Fuß hochgeschleudert und landete dann mit einem weichen Plop wieder auf seinem Bauch.
    »Da kannste von einem Volltreffer reden!« rief sie aus. »Baby, das war 'n tierischer Schluß!«
    Aber Roland Whipple hörte den Applaus nicht mehr. Er fiel in sich zusammen wie ein Blasebalg. Sein letzter Atem schwebte zu seinem Spiegelbild an der Decke. Der Spiegel am Kopfende war naß vom allgemeinen Gekeuche, aber Roland Whipples letztes Spiegelbild war anders umnebelt.
    »Da könnt man ja ne Menge Abschiedsreden auf 'n Kerl halten, der auf die Art auscheckt«, sagte Buckmore Phipps, während er Roland Whipples Leiche musterte.
    »Kann ich jetzt nach Hause gehen?« jammerte die Nutte, die in ihrer Hysterie gar nicht daran dachte, daß ihre Titten frei herumbaumelten, und keiner der beiden Straßenmonster dachte daran, es ihr mitzuteilen.
    Die Leiche trug immer noch ein Präservativ. Es war ein grünes Spezialmodell mit kleinen, roten Gummifühlern. Er hatte es in einem der schmutzigen Läden auf dem Hollywood-Boulevard gekauft. Die Mädchen sind ganz scharf auf so was, hatte ihm der Verkäufer gesagt.
    Die Nutte war drauf und dran gewesen, ihm zu sagen, daß sie das Gefühl hätte, mit einem Büchsenöffner gevögelt zu werden, und daß sie zehn Dollar extra für den Scheiß haben wollte, gerade, als er explodierte.
    »Wie ist das eigentlich mit diesen verrückten Dingern?« fragte Buckmore Phipps die Hure. »Ich persönlich reit immer ohne Sattel. Ich laß es drauf ankommen, trotzdem. Viele von den …«
    »Ich will nach Hause!« jammerte die Nutte. »Ich wollt dem nich so 'n Orgasmus verschaffen!«
    »Man muß sagen, dieser Cowboy starb in seinen Stiefeln, im wahrsten Sinn des Wortes«, erkannte Gibson Hand.
    »Gibt ne Menge schlimmerer Todesarten«, gluckste Buckmore Phipps. »Is doch eigentlich gar nich richtig traurig. Mehr wie so'n Schießer, so'n Gunfighter in den Straßen von Laredo.«
    »Ich hab ihn nicht umgebracht!« jammerte die Hure.
    »Also, in gewisser Weise haste schon mitgewirkt«, sagte Gibson Hand. »Aber dafür schiebt dir keiner die Schuld in die Schuhe.«
    Dann kam die Ambulanz und fuhr wieder weg. Die Sanitäter warfen einen Blick auf den Erstarrten, und einer von ihnen sagte: »Das mußte ihm lassen, der Mann starb in seinen Stiefeln.«
    Fünf Minuten später hatte die Mordmannschaft die Ermittlungen übernommen, und die Nutte, inzwischen voll bekleidet, saß mit Al Mackey auf dem Rücksitz des Wagens der Detectives, wo sie alle auf den Coroner warteten.
    Die Straßenmonster waren schon wieder sauer, weil Martin Welborn ihnen gesagt hatte, sie sollten dableiben und versuchen, die Menge der verdammten Zuhälter, Nutten, Freier und Glücksspieler unter hundert zu halten.
    Die Todesursache wurde von den Detectives nicht angezweifelt. Es war gar nicht mal eine so ungewöhnliche Todesart in dieser Gegend.
    »Okay, geben Sie uns ne Telefonnummer, unter der wir Sie erreichen können«, sagte Al Mackey, während er sich Notizen für einen oberflächlichen Bericht über den Todesfall machte. »Und ich möchte nicht die Nummer von 'nem Motel oder 'nem Massagesalon haben, in dem Sie nicht arbeiten, oder die verdammte Nummer von der Telefonzelle an der Ecke. Ich möchte eine richtige Telefonnummer haben, wo wir Sie erreichen können, wenn wir noch irgendwelche Fragen haben.«
    »Okay, okay«, schrie die Nutte. Sie kramte ihr gesamtes Täschchen aus, um die Telefonnummer ihrer Mutter zu finden, die noch zwei ihrer drei Kinder großziehen mußte. Das letzte hatte sie schnell bei ihrer Tante untergebracht.
    Die Nutte blätterte mit bebenden Lippen und zitternden Händen durch ihre Freieradressen. Sie konnte überhaupt nicht denken. Sie ließ nach und nach alles mögliche aus ihrem Täschchen fallen. Da gab's Telefonnummern von guten Freiern, die man sich warmhalten mußte, von miesen Freiern, die man meiden mußte, von Geldsäcken und

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