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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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neulich nachts nicht hingefallen, wenn du nicht zwei Sechserpackungen getrunken hättest, und dann hättest du dem Schlitzy direkt was zwischen die Augen geknallt, und wir müßten hier nicht sein«, sagte das Wiesel, schloß die Augen und rollte sich herum.
    Vielleicht hatte er recht. Diese grinsende Fratze. Das Frettchen überlegte, ob er sich nicht ein altes Vietnamposter besorgen sollte, eins von der Sorte, das er selbst noch in der Antikriegsdemo getragen hatte, bevor er eingezogen worden war. Er würde es als Silhouette auf die Zielscheibe nageln. Vielleicht sollte er dann gleich mit zwei Schachteln Patronen trainieren. Der Kerl hat gegrinst, als er seine Kanone auf Frettchens Gesicht richtete und den Abzugshahn durchzog.
    »Glaubst du, daß sie irgendwo noch irgendein altes Ho-Chi-Minh-Poster haben?« fragte er das Wiesel.
    »Ruf Jane Fonda an und frag sie!« murmelte das Wiesel, und wenige Sekunden später schnarchte er schon.
    Die Straßenmonster allerdings schnarchten nicht. Sie waren kurz davor, den Mann zu treffen, der in seinen Stiefeln starb. Es war verdammt kurz vor dem Ende ihrer Dienstzeit, als sie den verdammten Anruf kriegten, daß irgendeiner die Nachtruhe störe. Ausgerechnet in einem Motel am Sunset Boulevard, in dem es, wie jeder wußte, von Nutten und Zuhältern wimmelte, und in dem wahrscheinlich seit seiner Eröffnung noch nie jemand übernachtet oder es deshalb für nötig gehalten hatte, die Laken zu wechseln.
    Als sie ankamen, war die Ambulanz noch zwanzig Häuserblocks weit weg. Der Motelmanager, ein siebzigjähriger Kambodschaner, der als Aushilfe angestellt war, bewachte die Tür. Sein fünfzehnjähriger Enkel war an seiner Seite und bewachte das Fenster. In dem Motelzimmer lagen zwei Gestalten, eine noch sehr heiß und verstört und schreiend, die andere kalt und von Minute zu Minute kälter.
    »Okay, um was geht's?« Buckmore Phipps seufzte, als die beiden Straßenmonster träge aus ihrem Streifenwagen stiegen. Ihre Mützen ließen sie liegen, aber ihre Stöcke nahmen sie mit.
    »Wer schreit da so?« wollte Gibson Hand wissen.
    »Da schreit eine Lady«, sagte der Junge. »Wir wollten sie nicht rauslassen.«
    »Warum wollten Sie sie nicht rauslassen?« fragte Buckmore Phipps, während er rülpste, was nach Barbecue schmeckte. Er hatte sein Innenleben mit dieser Safari zu den schmackhaften Negerkochtöpfen beruhigen wollen, aber es war erfolglos gewesen. Sein Magen-Darm-Trakt bekam seit seiner Militärzeit immer mehr kleine Löcher. Er rülpste nochmals.
    Der Junge sagte dem alten Mann irgendwas auf Kambodschanisch und antwortete dann: »Weil die Lady da drin einen Mann umgebracht hat, und wir dachten, daß sie vielleicht mit ihr reden wollten.«
    »SIE HAT WAS?« Gibson Hand wurde hellwach.
    »Ich hab niemand umgebracht!« jammerte die Hure, als sie in dem Zimmer auf dem einzigen Stuhl saß, nachdem sie sich ein bißchen beruhigt hatte.
    Die Wände bestanden aus Spiegeln, und die Decke ebenfalls. Das Kopfende des Betts war ein Spiegel, und es gab eine Spiegeltür zum Klosett ebenso wie zum Badezimmer.
    »Spiegel sind doch weiß Gott ne scharfe Sache!« rief Buckmore Phipps aus.
    »Laß mal 'n mittelprächtiges Erdbeben passieren, dann wirste unter Spiegelglas begraben, und das haste dann davon«, bemerkte Gibson Hand, während er sich die gläserne Decke anschaute.
    »Ich hab niemand umgebracht!« kreischte die Hure.
    Sie war zwanzig Jahre alt und fast eine Weiße, registrierte Gibson Hand. Sie trug eine mittelkrause Afrofrisur, die im Moment ziemlich durcheinander war, und schwarze Wimperntusche lief ihr von den Augen über die Lippen bis auf die Nippel, wie Buckmore Phipps bemerkte.
    Ihre Nippel und die ganzen Titten hingen im Freien, weil sie bis zur Taille nackt war. Sie schien nicht mal zu wissen, daß ihr Wickelrock das einzige Kleidungsstück an ihrem Körper war. Der einzige Grund dafür, daß es noch an ihrem Körper war, war der, daß der Freier gesagt hatte, es gefalle ihm besser, wenn sie »die Röcke nach oben schob«. Es erinnere ihn an die Zeit, in der er in den Fünfzigern als Junge in den Drive-in-Kinos war. Als die Mädchen immer nur »die Röcke nach oben schoben«, für den Fall, daß die Platzanweiser mit ihren Taschenlampen vorbeikamen. Nach oben geschobene Röcke würden ihn so steif machen wie einen gefrorenen Kabeljau, hatte er gesagt.
    Roland Whipple hatte den gefrorenen Fisch für seine letzte Metapher sehr passend ausgewählt, was bedeutete, daß er ihm

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