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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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möchte mir bloß gern die
    Modenschau ansehen.«
    »Modenschau?«
    »Ja, Liebster, da werden Kleider vorgeführt.«
    »Jinnylein, da sitzen doch bestimmt viele alte Gänse rum und
    schnattern aufgeregt, also weißt du – muß denn das sein?«
    »Ich kann ja auch alleine gehen.«
    »Nein, natürlich lass' ich dich nicht allein.«
    »Das ist lieb von dir, Schatz. Dein Smoking hängt bereit, ich
    habe ihn dir aus Kapstadt mitgebracht. Denke ich nicht an alles?«
    Und dann kam also das übliche Gewürge mit der Smokingschlei-
    fe und dem Kummerbund – der gibt mir jedesmal das Gefühl, fünf
    Kilo Übergewicht zu haben. Außerdem reagiere ich allergisch auf
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    Smokinghemden, in denen ich stets schwitze wie nach einem Hun-
    dertmeterlauf. All das trug nicht gerade zu meiner besten Laune
    bei.
    Aber Jinny war ausgelassen und vergnügt und sah in ihrem blau-
    en Chiffonkleid zauberhaft aus, vor allem, weil es die gleiche Farbe wir ihre Augen hatte.
    Die Modenschau fand im grünen Saal statt.
    Wir bekamen eine zartgrüne Eintrittskarte, die eher schon einer
    kleinen Broschüre glich.
    Darin waren die Erfrischungen aufgeführt, von Hummercocktail
    über Kaviar zu frischem Lachs aus Schottland, begleitet von Cham-
    pagner und Campari-Orange.
    Die Modehäuser trugen alle große Namen, die mit großen Prei-
    sen verbunden sind.
    Nur, und das fiel mir auf, von Berufs wegen, den Namen des Ver-
    anstalters konnte ich nirgendwo entdecken.
    Die Ansage – in diesem Circle müßte man eigentlich sagen Con-
    férence – machte ein Mädchen aus Jamaika mit Haut wie braunem
    Samt, Augen wie Feueropalen.
    Und dann paradierten die schönsten Wesen über den Laufsteg,
    die ich jemals in meinem Leben an einem Ort zusammen gesehen
    habe.
    Jinny kriegte eine winzige nachdenkliche Falte auf der Stirn und
    beäugte mich hin und wieder mißtrauisch; aber in meinem Beruf
    ist es unter anderem wichtig, sein Gesicht vollkommen blank zu
    halten, wenn es notwendig ist.
    »Ist das nicht komisch?« flüsterte Jinny nach einer Weile. »Ich bin hier praktisch die einzige Frau.«
    Tatsächlich, sie hatte recht – bis auf drei, vier ältere Damen, die trotz ihrer Eleganz wie verkleidet wirkten, war Jinny die einzige
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    Frau.
    Dafür gab es Herren in Hülle und Fül e – mein Überschlag ergab
    zwischen vierzig und fünfzig.
    Sie alle trugen Smoking wie ich, an manchem kleinen Finger sah
    ich Einkaräter blitzen, was nicht immer ein Zeichen feiner Art sein muß.
    Sie notierten eifrig auf kleine zartgrüne Blocks, von denen auch
    einer auf unserem Tischchen lag.
    »Und was noch komischer ist«, flüsterte Jinny nach einer Weile,
    »ich habe noch nie so viele Mannequins bei einer einzigen Moden-
    schau gesehen.«
    Nun kann man diese Geschöpfe ja leicht untereinander verwech-
    seln, da sie alle ähnlich geschminkt, alle schlank und groß und na-türlich auch ihre Frisuren der Mode unterworfen sind.
    Aber Jinnykind hatte wieder recht, die Zahl der Mannequins war
    mindestens ebenso hoch wie die der anwesenden Herren.
    Vielleicht sollte das gar keine Modenschau im üblichen Sinne
    sein? Vielleicht fand hier so etwas wie ein Ball der einsamen Herzen statt? Jedem Herrn seine Dame und umgekehrt?
    Na also, mir war's egal, erstens machte ich mit Jinny Flitterwo-
    chen, zweitens würde sie mir bis an das Ende meiner Tage genügen.
    Mit einem Tusch der Vier-Mann-Band und einem Reigen der
    schönsten Model e, die allesamt sehr offenherzig waren, endete das festliche Spektakel.
    Jinny machte schläfrige Augen, und es gab für mich nichts Wün-
    schenswerteres zu tun, als eiligst unsere verschwiegene Suite aufzusuchen.
    Jinnykind schleuderte die blauen Seidenpumps von den Füßen und
    ließ sich mit einem Seufzer auf dem niedrigen Damastsofa nieder.
    »Es scheint zu stimmen«, sagte sie, und die kleine nachdenkliche
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    Falte zwischen ihren geschwungenen Brauen vertiefte sich.
    »Was stimmt, mein Schatz?«
    »Daß hier irgend etwas nicht stimmt.«
    »Und das wäre?« Der Campari-Orange hatte mir so gut ge-
    schmeckt, daß ich auch in unserer Suite dabei blieb.
    Jinny trank mit von meinem Glas; sie war die erste Frau, bei der
    mich das nicht mit Entsetzen erfüllte.
    Dann stand sie auf, ging zu ihrem Kosmetikkoffer, holte daraus
    einen großen, weißen Umschlag, den ich schon hin und wieder er-
    späht, dessen Bewandtnis ich aber natürlich nicht erfragt hatte, denn jede Frau soll ruhig ein kleines Geheimnis haben.
    »Schau dir das hier an«, sagte Jinny. Sie

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