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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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sehr rasch,
    das heißt, sie führte es einem guten Zweck zu.
    Heute tummeln sich Waisenkinder in seinem Park.
    Zu Hause
    s war nun wirklich an der Zeit, daß Jinny und ich meine Mut-
    Eter in Aachen besuchten, nachdem unser Aufenthalt im Schloß-
    hotel ein etwas jähes Ende gefunden hatte.
    Jinny, die lieber Auto fuhr als ich, chauffierte den kleinen Wagen, den wir bei Hertz gemietet hatten, und wir fuhren damit nicht etwa Autobahn, sondern quer durch die Eifel.
    Jinny fand die Landschaft und vor allem die Dörfer, die für mich
    das Ziel vieler Ausflüge mit der Schule und mit Freunden gewesen
    waren, einfach ›himmlisch‹. Ja, damals hatten wir noch im Herbst
    auf den abgeernteten Feldern Kartoffelfeuer angezündet und in aus-
    gemusterten Zelten der Bundeswehr genächtigt, jeweils zum Kum-
    mer meiner Mutter, denn in unserer Familie war damals ein Junge
    meines damaligen Alters von einem solchen Ausflug nicht zurück-
    gekehrt, für immer verschwunden geblieben.
    »Alles ist hier so friedlich und noch so ursprünglich«, sagte Jinny und übersah geflissentlich die neuen Siedlungen, mit denen die alte Eifel so gar nichts zu tun hatte, die wie bunte Pickel aus der alten Erde geschossen waren.
    Wir kehrten im Duffes ein, wo Jinny eine Forelle mit dem be-60
    rühmten Salatteller und frischgebratenen Kartoffeln verzehrte. Sie nippte nur an ihrem Wein, den ich mit genußvollen Schlucken
    trank.
    Und dann war es Zeit, weiterzufahren, denn Mama erwartete uns
    zur Teestunde, was bei ihr Punkt fünf Uhr bedeutete.
    Je mehr wir uns Aachen näherten, um so nervöser wurde Jinny.
    »Und wenn ich ihr nun überhaupt nicht gefalle?«
    »Nur keine Angst, meine Mutter hat einen untrüglichen Blick für
    wahre Schönheit«, sagte ich mit dem Ernst und dem Mut des An-
    getrunkenen.
    »Idiot«, sagte Jinny nur und wich geschickt einem Radfahrer aus,
    auf dessen Gepäckständer viereckige Eierkartons gestapelt waren.
    Aachen ist die Stadt der Kirchen und Kneipen und neuerdings
    auch wunderschöner Bronzebrunnen.
    Aber Jinny zog es in eine Kneipe, und so führte ich sie in den alt-ehrwürdigen Postwagen am Marktplatz, vor dem Kaiser Karl in der Erbsenschüssel steht, ebenfalls einem Brunnen, aber so nannten wir ihn als Kinder.
    Jinny trank zum Mutmachen einen Cognac, ich nur noch ein
    kleines Bier und danach einen starken schwarzen Kaffee.
    So ausgerüstet klingelten wir um Punkt fünf Uhr bei Mama.
    Sie öffnete die Tür, und es traf mich wie immer wie ein elektri-
    scher Schlag, wie schön sie war.
    Natürlich gab es Fältchen in ihrem Gesicht, und natürlich war ihr
    Haar inzwischen ganz grau geworden, aber da sie auf zuviel Schminke verzichtete und sich ihre jugendlich leuchtenden Augen
    bewahrt hatte, wirkte sie eher wie ein junges Mädchen, das sich zu einer Theatervorstellung eine graue Perücke aufgesetzt hat.
    Ein Blick zwischen ihr und Jinny, und dann lagen sie sich in den
    Armen.
    Erst dann kam ich dran, wurde gemustert und für gut befunden
    und kriegte ihr höchstes Kompliment, indem Mama sich auf die
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    Zehenspitzen stellte und mir übers Haar strich und sagte: »Du
    siehst genauso aus wie dein Vater.«
    Sie verfiel nicht in die übertriebene Geschäftigkeit so vieler Frau-en, wenn sie Gäste haben. Sie führte uns in das Wohnzimmer, das
    sie immer noch ihren Salon nannte.
    Und es hatte sich dort nichts verändert; der kleine Teetisch, die
    zierlichen Stühle darum, vor dem Kamin, den sie mit Liebe hatte
    einbauen lassen, weil er sie an eine Zeit vor meiner Geburt erin-
    nerte, über die sie allerdings nie sprach.
    Es war ein typisch ›englischer Tee‹, den sie uns servierte, mit winzigen Keksen und winzigen Kanapees, bestrichen mit Kräuterbutter
    und zartgewürzter Eigelbcreme, mit kleinen Schinkenflecken und
    kleinen Karos aus geräucherter Forelle.
    Das Feuer im Kamin flackerte gerade so, daß mit hereinbrechen-
    der Dämmerung nur noch die Kerzen nötig waren, die sie in den
    schlanken hohen Empireleuchten anzündete.
    O ja, Mama hatte alle meine Briefe erhalten, und sie hatte sich
    Jinny genauso vorgestellt wie sie war.
    Mamas Gesicht drückte vol kommene Zufriedenheit aus und eine
    gewisse Zärtlichkeit, wenn sie Jinny anblickte.
    Ich streckte meine Füße dem Feuer entgegen und spürte mit Be-
    hagen, wie gut es war, wieder einmal zu Hause zu sein.
    Als Jinny sich für einen Moment entschuldigte, um ins Bad zu
    gehen, sagte Mama: »Ich hätte dir nie zugetraut, daß du ein solches Mädchen finden würdest,

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