Der Hoteldetektiv
förderte zwei Dutzend
Schwarzweiß-Glanzpapierfotos zutage; Aufnahmen eines professio-
nellen Fotografen.
Auf den ersten Blick wol te es mir scheinen, als hätte ich all diese perfekten Mädchengesichter schon einmal gesehen, aber dann bemerkte ich gewisse Unterschiede: Alle diese Mädchen hatten zwar
Ähnlichkeit mit den Mannequins des Abends – aber identisch mit
ihnen waren sie nicht.
»Von wem hast du die Fotos?«
»Von Westmann«, sagte Jinny.
»Warst du inzwischen im Red Rock in Beirut?«
»Aber nein, ich hatte nur eine Zwischenlandung in München, be-
vor ich dich abholte, und da haben wir miteinander gegessen.«
»Ach so«, sagte ich.
»Nun sei doch nicht böse. Ich verschweige dir doch nichts. Aber
sollte ich uns die ersten Tage gleich verderben, bevor die Zeit reif war?«
»Und jetzt ist die Zeit reif?«
»Bitte, schau doch erst einmal nach, ob es hier Wanzen gibt.«
»Wie bitte?«
»Stell dich doch nicht so dumm an«, zischte meine süße Jinny.
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Ich war wie vor den Kopf geschlagen und sah wohl auch so aus.
Mit Wanzen meinte sie natürlich winzige Abhörmikrofone, deren
Anbringung heutzutage ein Kinderspiel ist.
Ich fand eine hinter der Seifenmuschel im Badezimmer und eine
gleich im Zentrum unseres Betthimmels, sozusagen als Abendstern
getarnt.
»So«, sagte Jinny, »jetzt können wir offen reden. In Beirut fand
vor zwei Wochen eine ebensolche Modenschau statt wie heute die-
se hier. Dabei wurde eines der Mannequins getötet. Das Mädchen
wurde erstochen. Man fand sie, als die übrige Truppe abgereist war.
Seither nimmt Westmann an, daß es sich nicht um eine reguläre
Modenschau handelt, sondern um Mädchenhandel.«
»Ach?«
»Bist du heute so schwer von Begriff, oder tust du nur so?«
»Jinny, wir flittern, wir haben Urlaub. In fünf Tagen müssen wir
sowieso zu unseren Jobs in Beirut zurück. Also, sei ein braves Kind und verschone mich mit Hiobsbotschaften, mit denen ich mich
dann noch früh genug abgeben muß.«
»Aber verstehst du denn nicht? Heute abend, die Männer, die
haben sich doch alle so eifrig irgendwas notiert. Als ich auf der Tö war, da hab' ich einem über die Schulter geschaut, da standen bloß Zahlen auf dem Block – links niedrigere und rechts höhere –, und
wenn du mich fragst, dienten die Namen der Mädchen als Kode-
worte für ihre Preise. Das heißt, die konnten die Kerle ja schon in der Tasche haben.«
»Du machst mir wahrhaftig Konkurrenz«, sagte ich.
»Ich lasse nur meinen normalen Menschenverstand spielen«, ant-
wortete Jinny bescheiden.
»Und was soll ich da noch tun?«
»Ich wette, zur Zeit findet irgendwo im Haus eine Versteigerung
der armen Geschöpfe statt. Und stell dir vor, es bringt sich wieder eine um?«
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»Also gut, ich werde mal sehen, was los ist. Schließ hinter mir
ab.«
Jinny küßte mich fest auf den Mund und verriegelte hinter mir
die Tür.
Ich mimte den etwas angetrunkenen Trottel, verzichtete auf den
Aufzug aus dem zweiten Stock hinab ins Parterre, nahm die Ser-
vice-Treppe mit maßvoll schwankendem Schritt.
Auf der ersten Etage, wo sich das Spezialitäten-Restaurant ›al
Arab‹ befand, geriet ich vor verschlossene Türen. An der Hand der
bronzenen Jungfrau, die den Eingang bewachte, hing ein Schild:
›Private Gesellschaft‹.
»Eh, eh, mh, mh«, murmelte ich und zündete mir eine Zigarette
an, ich brauchte eine halbe Schachtel Streichhölzer, weil ich ja angeblich so angeschickert war.
Da tauchte auch endlich ein Kellner auf, maß mich mit hochge-
zogenen Augenbrauen und sagte: »Der Aufzug befindet sich direkt
zu Ihrer Rechten, mein Herr.«
»Ich will keinen Aufzug, ich will einen Drink.«
»Selbstverständlich, mein Herr, der Zimmerservice wird Sie bes-
tens bedienen.«
Der Kellner ergriff meinen Arm, und nun musterte ich ihn mit
hochgezogenen Augenbrauen. »Sie wissen wohl nicht, wen Sie vor
sich haben ? Ich gehöre zu der geschlossenen Gesellschaft.«
»Aber, mein Herr!«
»Sie wagen es, mir zu widersprechen?«
»Ja, mein Herr.«
»Dann öffnen Sie mir die Tür!« Großzügig, wie ich nun mal bin,
gab ich ihm ein Trinkgeld.
Ich überschritt die Schwelle zum ›al Arab‹ und befand mich in
einem Harem.
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Die Mädchen paradierten nun ohne kostbare Hüllen, und die
Herren überboten sich so lautstark und schnel , wie ich es noch nie bei einer Versteigerung erlebt habe.
Da stand tatsächlich ein Auktionator an einem Pult, das wie ein
Betstuhl aus der
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