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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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zitternd, halb geöffnet,
    und hauchte: »Ich hab' mich so nach dir gesehnt.«
    Wir wurden angerempelt von plumpen Menschen, die einfach
    keinen Draht für ein solches Gefühl haben, wie es uns beseelte. Wir wurden beiseite geschoben, mit allen möglichen unfreundlichen
    Kommentaren bedacht, und nur ein kleines Mädchen fragte mit
    ehrlichem Interesse: »He, Onkel, war das ein Dauerbrenner?«
    »Das war's«, beantwortete ich ernsthaft die ernsthafte Frage.
    Bald darauf saßen Jinny und ich in einem Taxi. Der Fahrer hatte
    beide Augen vol zu tun, auf den Straßenverkehr zu achten, so daß
    Jinny und ich uns wohltuend allein miteinander fühlten.
    Ich für meinen Teil versank vol ends in dem rosigwarmen Traum
    von Jinnys Anwesenheit, aus dem ich allerdings brutal geweckt wur-
    de, als wir über eine Brücke holperten.
    Da knirschten Bohlen und rasselten Ketten, und wir überquerten
    tatsächlich eine Zugbrücke, umfuhren ein riesiges Rosenrondel und hielten vor einem gelbgetünchten Schloß, komplett mit Türmen
    und Zinnen und einem Portier in goldbetreßter brauner Livree.
    Wenn das Jinnys Ansicht von einem verschwiegenen Gasthof war
    – also, mir verschlug's die Sprache. Ich kriegte nur ein gekrächztes
    »Hier?« heraus.
    Jinny lächelte lieb, aber auch ein bißchen spöttisch.
    »Das ist Sheraman's Vorstellung von Verschwiegenheit und Ro-
    mantik. Es gibt tatsächlich kein Telefon in den Zimmern, wenn man
    es nicht will. Und ich hab' mir immer schon mal gewünscht, in
    einem Schloß zu schlafen.«
    Was sollte ich dem entgegenhalten?
    Aber wenn ich jetzt nachgab, dann würde ich gewiß für den Rest
    meines Lebens unter ihrem kleinen Fuß stehen (Jinny trägt keine
    Pantoffeln).
    Zwei Pagen bemächtigten sich unseres Gepäcks, das durch Jinnys
    Koffer gewaltig an Umfang gewonnen hatte.
    49
    Wir betraten eine Halle, deren holzgetäfelte Mauern sich in den
    lichten Höhen einer blauen Bleiglaskuppel verloren, komplett mit
    Sonne, Mond und Sternen.
    Aus goldinkrustierten Rahmen musterten uns Ahnen, die lange
    Nasen und Mauseohren zur Schau trugen.
    Das Bett in unserer Suite stand in einem Alkoven auf einer Em-
    pore, über drei Stufen zu erreichen; es war eine echte Spielwiese, so breit wie lang, und mittels zartfarbiger Vorhänge konnte man sich
    hier von aller Außenwelt zurückziehen.
    »Versöhnt dich das nicht?« Jinny kicherte wie ein Schulmädchen.
    »Und sieh dir das hier an!« Sie lief mir voran ins Badezimmer, dessen Glanzstück eine muschelförmige Doppelwanne in rosa Marmor
    war.
    Auch dagegen hatte ich gar nichts einzuwenden, denn Jinny sieht
    besonders bezaubernd aus, wenn Wasser auf ihren glatten braunen
    Gliedern perlt.
    Drei Tage ließen wir es uns wohl sein in Bett, Bad und bei kurzen
    Spaziergängen um den Schwanenteich im Park – denn schließlich
    hatte Sheraman mir eine carte blanche gesandt. Das war eine kleine, schmucklose Karte, auf der nichts weiter stand als ›Lassen Sie es
    sich Wohlergehen‹.
    Meine vorsichtige Kalkulation ließ mich zu dem Überschlag ge-
    langen, daß die drei ersten Tage schon soviel wie Jinnys und mein
    Monatsgehalt zusammen kosteten.
    Am Empfang mimte ich den vergeßlichen Snob, indem ich unter
    Ehs und Mhs erfragte, wie lange wir wohl bleiben könnten, meine
    Sekretärin habe gebucht, eh, mh, ich sei ein bißchen vergeßlich, das liege so in der Familie.
    »Mein Herr, für Sie wurde ein Aufenthalt von zehn Tagen ge-
    bucht«, und mit einem Eiszuckerlächeln, »und natürlich auch be-
    zahlt.«
    Ich räusperte mich, murmelte mh, mh, eh, eh, und schlurfte trot-
    50
    telig davon.
    Um fünf Minuten später für Jinny und mich zur Feier des Tages
    eine Flasche Red Top Monopol zu bestellen, auch wenn es noch
    früher Nachmittag war.
    Die köstliche Jinny lackierte ihre Fuß- und Fingernägel, eine Be-
    schäftigung, die ich jeder anderen Frau in meiner Anwesenheit
    übelnehmen würde. Aber Jinny war halt wie ein Kätzchen, das seine
    Pfoten poliert.
    »Läßt du mir ein Bad ein, Schatz?«
    »Aber gern!« Eilfertig gehorchte ich, den Grund kennen Sie ja
    schon.
    Doch diesmal durfte ich nur zuschauen, nicht daran teilhaben,
    wie Jinny in duftendem Schaum von Chamade verschwand.
    »Möchtest du, daß ich heute abend das weiße oder das blaue
    Kleid aus London trage?«
    »Kleid, wieso Kleid?«
    »Lieber«, sie wandte ein wenig den Kopf, auf dem sich atemberau-
    bend das schwarze Haar türmte. »Das blaue also?«
    »Gehen wir aus?«
    »Ach nein, wir bleiben schon hier, ich

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