Der Hügel des Windes
dich.«
»Kommt mit, Signor Arcuri. Euch wird nichts geschehen. Don Lico möchte nur mit Euch reden«, versicherten auch die beiden Unbekannten.
Also überschritt Arturo zum ersten Mal im Leben die Schwelle des herrschaftlichen Hauses, stieg eine weiße Marmortreppe empor, ging durch einen langen Flur, dessen Wände voller Bilder hingen, und betrat einen großen, luxuriösen Saal mit Balkon zur Piazza.
»Mach es dir auf dem Sofa bequem«, sagte Don Lico, und er gehorchte, obwohl er schon bereute, mitgekommen zu sein, und gereizt war wie ein Löwe im Käfig. Die zwei Fremden blieben neben Don Lico stehen, der hinter einem mit Papieren übersäten Schreibtisch Platz genommen hatte.
»Du weißt wahrscheinlich, warum ich dich hergebeten habe?«, fragte er und sah ihn scharf an. Arturo hielt seinem Blick stand, ohne zu antworten.
»Ich will den Rossarco kaufen. Ich biete dir eine letzte Chance. Eine angemessene Summe, ich möchte meine Macht nicht missbrauchen, wir lassen ihn schätzen von diesen zwei Ehrenmännern hier, die vom Fach sind, oder von wem du willst, wenn du ihnen nicht traust«, sagte Don Lico in versöhnlichem Ton und wandte sich Einverständnis suchend den beiden Männern zu.
»Ich habe tausendmal nein gesagt, aber Ihr wollt das nicht akzeptieren, und ich verstehe nicht, warum: Ihr habt doch wohl genug Land, was kümmern Euch da fünfzig Hektar mehr oder weniger? Ihr kennt doch überhaupt keine Sorgen«, erwiderte er.
In Wirklichkeit verstand Arturo sehr wohl das Motiv für dieses Angebot, alle verstanden es, selbst Michelangelo und die kleine Sofia Antonia hätten es verstanden: In der Vergangenheit hatte sich niemand für den Hügel interessiert, weil er eine unwirtliche Steinwüste war, überwuchert von Dornenbüschen, Kaktusfeigen und dichtem Gestrüpp, das ein paar vereinzelte jahrhundertealte Olivenbäume unter sich erstickte. Doch dann hatte Don Lico gesehen, was Familie Arcuri in dreißig Jahren harter Arbeit daraus gemacht hatte, und er war zum Angriff übergegangen, er wollte den gesamten Hügel kaufen, mehr noch, ihn um jeden Preis besitzen – das war das passende Wort, unterstrich mein Vater, ihn besitzen, wie man eine Frau besitzt, die sich wehrt –, nicht nur die Olivenbäume und den edlen Weinberg, die allein schon ein Heidengeld wert waren, sondern auch die Fläche des Wäldchens von Tripepi und die Schluchten.
Dann kam Arturo noch ein flüchtiger Zweifel: Ob vielleicht auch Paolo Orsis Annahme, unter dem Hügel könnte sich das Herz der antiken Stadt Krimisa verbergen, etwasdamit zu tun hatte? Nein, Don Lico war zu geldgierig und ignorant, um sich von solchen Phantastereien hinreißen zu lassen, es sei denn, er glaubte wie die Kinder und Einfaltspinsel von Spillace an die unter dem Rossarco verborgenen Goldschätze.
»Nun denn, Arturo, mach du mir einen ernsthaften Vorschlag, und wir einigen uns zwischen Ehrenmännern. Dann fahren wir morgen zum Notar Giglio nach Cirò und unterschreiben den Kaufvertrag. Du bist ein gescheiter Mann, du weißt, dass ich weiter nicht gehen kann. Mehr ist einfach nicht drin.«
Arturo antwortete ihm resolut: »Tja, wie soll ich es Euch noch sagen, vielleicht singend mit der Gitarre? Ich werde mein Land zu keinem Zeitpunkt und an niemanden verkaufen, auch nicht an Euch, auch nicht gegen Gold. Das habe ich meinem Vater versprochen und habe es meine Frau versprechen lassen, falls ich vor ihr sterbe, und auch meine Kinder, die noch klein sind. Niemals verkaufen, sondern kaufen, das lehrt Ihr mich. Denn was sollen wir sonst essen, wenn das Geld alle ist, in der Pfanne gebratene Luft?«
Don Lico war außer sich, niemand im Dorf hatte es je gewagt, ihm ein so klares arrogantes Nein entgegenzusetzen: »Ich werde dir alles Land verpachten, das du willst, ich lasse dich doch nicht verhungern, und zudem liegt frisches Geld unter deinem Kopfkissen, du kannst deine Kinder auf die höhere Schule schicken, dir ein neues Haus bauen, ich verkaufe dir zu einem niedrigen Preis den nötigen Baugrund, wo immer du willst. Arturì, eine Hand wäscht die andere, in Ordnung?«
Arturo brach in schallendes Gelächter aus. Dann wurde er wieder ernst und erwiderte: »Sollten meine Kinder genugVerstand haben, lasse ich sie von meinem Ersparten zur Schule gehen. Und mein Haus ist das, in dem ich geboren bin, wir brauchen keinen Luxus, wir sind so zufrieden, wie es ist.«
»Ja, aber denk doch nur einen Moment mal richtig nach, ich biete dir ein wirklich gutes Geschäft an
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