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Der Hügel des Windes

Der Hügel des Windes

Titel: Der Hügel des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmine Abate
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...«
    Arturo reichte es langsam: »Genug jetzt. Ich habe nein gesagt, und das heißt nein. Ihr seid ja hartnäckiger und gieriger als ein Rabe.«
    »Und du bist ein Sturkopf, wie er sturer nicht sein könnte. Wir werden ja sehen, wer gewinnt ...«
    »Wenn Ihr auch nur einen Fuß auf den Rossarco setzt, schieße ich Euch eine Kugel in den Kopf, mein Ehrenwort«, schloss Arturo aufgebracht und bereute seinen Ausbruch sofort. Das war dumm gewesen: In diesen Zeiten landete man für weitaus weniger hinter Gittern.
    Als er aufstand, um zu gehen, kamen die zwei Kerle bedrohlich näher. Don Lico winkte sie mit einer Geste zurück. Er war in seinem anmaßenden Stolz gekränkt, wollte sich jedoch lieber nachgiebig zeigen: »Also gut, dann will ich nichts gesagt haben.« Er lächelte, zum ersten Mal ironisch. Und aus diesem Lächeln sprach unmissverständlich, was er dachte: Alle haben sie deine schönen Abschlussworte gehört, auch die Wände und die Piazza. Schon bald wirst du deine Zurückweisung und deine Drohung bitter bereuen. Dann beachtete er ihn nicht länger und wandte sich den zwei Schergen zu. Und während Arturo mehr angewidert als eingeschüchtert den Salon verließ, folgten ihm Don Licos bedrohliche Absichten: sich rächen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, über seinem Haupt so viele Verleumdungen wie möglich ausschütten, Gemeinheiten, Falschaussagen,und ihn schließlich abservieren, diesen Lumpenkommunisten, dieses Hähnchen mit doppeltem Kamm.
    Ein paar Abende später fing eine Gruppe von Faschistenschlägern Arturo in einer dunkle Gasse wenige Meter vor seinem Haus ab und machte sich einen Spaß daraus, ihm eine Lektion unter Einsatz von Rizinusöl zu erteilen, nach einer vorangegangenen feigen Tracht Prügel. Am nächsten Morgen erstattete Don Lico, der sich die faschistische Gesetzgebung geschickt zunutze machte, mit Hilfe seiner zwei auswärtigen Zeugen Anzeige beim Polizeipräsidenten, die beschworen, Arcuri Arturo, ein alter und unverbesserlicher Kommunist, habe nicht nur den Herrn Bürgermeister mit dem Tode bedroht, sondern auch Mussolini höchstpersönlich. Der Herr Bürgermeister sei nur deshalb nicht angegriffen worden, weil die zwei Augenzeugen Arcuri Arturo auf dem Sofa festgehalten hätten. Ein brandgefährlicher und brutaler Typ, der Angezeigte, der schon bei anderen Gelegenheiten die Bevölkerung von Spillace aufgewiegelt und einen Aufstand gegen den Sitz des Bürgermeisters angeführt habe, wie auch aus den Protokollen der königlichen Carabinieri von San Nicola hervorgehe.
    Der Polizeipräsident leitete seinen Bericht an den Präfekten weiter und der wiederum an den zuständigen Provinzausschuss, der dem Arcuri Arturo die Anklage wegen »politischen Widerstands und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit« bestätigte. Schließlich wurde er per Erlass zu fünf Jahren Verbannung verurteilt, zu verbüßen auf einer entlegenen Insel namens Ventotene.

Ähnlichkeiten
    Von Nonno Arturo, so rühmte sich mein Vater immer, habe er das Kinngrübchen geerbt, die dichten Locken, den festen Bart, die olivfarbene Haut, die mit der ersten Frühlingssonne braun wurde; ganz zu schweigen von der chronischen Allergie gegen die Mächtigen und der ausgeprägten Gabe, den Duft des roten Hügels unter Hunderten oder mehr zu erkennen. Zwei Eigenarten, die sich für mein Empfinden in den vergangenen Jahren, seitdem er dort oben lebte, noch verstärkt hatten. Im Übrigen wird man einer Person, die man mystifiziert, am Ende von selbst immer ähnlicher.
    Wie sein Vater hatte auch der meine sich mit den Jahren zum erfahrenen Landwirt entwickelt – obwohl er von Beruf eigentlich Grundschullehrer war –, und die körperliche Anstrengung schreckte ihn nicht.
    In diesen Ostertagen wollte mein Vater, dass ich die Früchte seiner Arbeit mit eigenen Augen sähe und mit eigener Zunge schmeckte, mehr um mich zu beruhigen, als um zu prahlen: den Wein und das Öl, die zu den besten der Gegend zählten, das Brot aus Hartweizen, das er in dem Steinofen hinter der Hütte buk, das geröstete und zu Kaffeepulver vermahlene Malz, das viele Obst, genauso das Gemüse aus dem Garten, den er mit dem Wasser der Fiumara goss, und all die unterschiedlichen Pilze, die er in Öl konservierte oder trocknete.
    Außerdem wanderte er mit mir über den Rossarco – ich schlapp und verschwitzt schon nach einer Viertelstunde, erunermüdlich und ohne einen Tropfen Schweiß –, um Zichorien zu sammeln, Kamillenblüten, die Knollen der

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