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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Nirgendwo nicht merklich verändert, was aber trotzdem nicht weiter hilfreich war. Jede zweite Abzweigung war unbeschildert, Bäume, die er sich zur Orientierung gemerkt hatte, waren abgeholzt worden. 
    Als es zu dämmern begann, überlegte er, ob er sich irgendwo ein Zimmer suchen, oder zurück in seine Wohnung fahren sollte. Der Gedanke an seine eigenen vier Wände ließ ihn erschauern. Er griff nach dem Heizungsregler und versuchte vergeblich, ihn weiter nach rechts zu drehen.   
    Der Weg führte ihn durch eine elende kleine Ortschaft, an deren Rand (wo war das Zentrum?) sich tatsächlich ein Gasthof mit   einem Schild „Fremdenzimmer“ befand. An einem Pfosten hing, wenig überraschend, eine kleine Tafel mit dem Wort „frei“. Kurz entschlossen zog er den Wagen zu Seite, fuhr in den Parkplatz ein: Ein Wagen, wahrscheinlich der des Wirten. 
    Er hätte beinahe laut gelacht als er den Schankraum betrat. Drei Männer, die einander bemerkenswert ähnlich sahen, saßen um einen Tisch herum und blickten verdutzt hoch, als er die Türe öffnete. Der Wirt hätte beinahe ein blitzblank geputzte Glas, das er nichtsdestotrotz seit einer halben Stunde geistesabwesend weiter poliert hatte, fallen   gelassen. Nein, diesen Abend waren definitiv keine Gäste mehr erwartet worden. 
    „ Ein Zimmer?“ 
    Der Wirt starrte ihn einigermaßen fassungslos an.  
    „ Ein Zimmer.“ Er deutete nach draußen. „Sie haben doch eines frei, oder?“ 
    „ Ja.“ Er nickte. „Es ist nur ... entschuldigen Sie bitte.“ Er hängte das Glas zu den anderen, die kopfüber in einem Metallgeflecht über seinem Kopf schwebten, schwang das Geschirrtuch über seine Schulter und verließ hastig den Raum. 
    „ Maria! Maria!“ 
    Alexander drehte sich um. Die drei Gäste starrten ihn mit unverhohlener Neugier an. Er nickte ihnen zu. „Grüß Gott.“  
    „ Grüß Gott.“ Drei Mal. Unisono. 
    „ Was kann man denn hier trinken?“ 
    Die drei Gäste (Drillinge, Cousins, Nachbarn?) sahen einander an. Einer fragte: „Wie meinen Sie das?“  
    „ Na, was man hier trinken kann?“ 
    Der Wortführer grinste. „Trinken kann man hier alles. Ob's schmeckt ist eine andere Sache.“   
    Die zwei anderen lachten.  
    Alexander nickte, setzte sich auf den Barhocker und drehte den drei seinen Rücken zu. Enttäuscht über das jähe Ende der Abwechslung, rief ihm der mutigste der drei zu: „Den Wein. Den Wein kann man hier trinken.“  
    Alexander wandte sich wieder um. „Rot oder weiß?“  
    „ Rot? Spinnst Du? Weiß natürlich!“ 
    Die drei lachten, steckten Alexander an.  
    „ Von wo kommst denn? Wean?“ 
    Er nickte. „Ja, richtig, aus Wien. Darf ich trotzdem bleiben?“  
    Gelächter. „Ah, was soll's. Setz di her da. Kannst schnapsen?“  
    „ Nur wenn wir um Vierteln spielen.“ 
    „ Um was denn sonst?“ 
    Es wurde ein fröhlicher Abend.  
     
     
    ***
     
     
    Das Zimmer roch nach Desinfektionsmittel. Es drehte sich ein wenig um seine eigene Achse. Alexander überlegte, ob er noch nach unten gehen und den Wirten um ein Aspirin bitten sollte. Warf er es vor dem Einschlafen ein, würde der Morgen danach nicht ganz so grausam ausfallen. Das Blei seiner Beine ließ ihn den Plan jedoch aufgeben. Es würde schon nicht so schlimm werden. 
     
     
    ***
     
     
    Wenn der Kopf keiner allzu ruckartigen Positionsveränderung ausgesetzt war, schaffte Alexander es, sich mit einer Geschwindigkeit von 0,084 Metern pro Sekunde fortzubewegen. Der Weg, der die Treppe hinunterführte, wurde zu seinem persönlichen Kreuzgang. Als er endlich an einem Tisch in der Schank saß, musste er zuerst einmal durchatmen. Von dem Kaffee bestellte er, obwohl qualitativ dem am Vorabend genossenen Wein viel zu nahe, drei Tassen. Dann, acht Stunden zu spät, bat er den Wirt um ein Aspirin. Er starrte durch das Fenster auf die Ödnis der Landschaft und beschloss, eine weitere Nacht zu bleiben.  
     
     
    ***
     
     
    Der Tag kroch an ihm vorbei. Er lag in seinem Bett auf dem Rücken, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Ein Krug Wasser und die Familienpackung Aspirin befanden sich in beruhigender Nähe. Immer wieder döste er weg, Traumfetzen plagten ihn. Vor allem die, in denen seine Söhne vorkamen. 
     
     
    ***
     
     
    Es hatte damit begonnen, dass sie ihn nicht erkannten. Das hatte zwar nur eine Sekunde gedauert, aber er hatte es bemerkt. Sie hatten sich in einer Konditorei auf der Kärntner Straße getroffen. Sehr plüschig, sehr

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