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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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„Geht es dir gut?“, fragte er heiser. Sie drehte den Kopf unter seiner Hand und schaute ihn an. Blitzartig erkannte Wittiges die Wahrheit. Der Junge liebte sie.
    „Sie ist nur nass geworden“, mischte er sich trocken ein.
    „Ich hab mir Sorgen gemacht“, bekannte Chramm und wandte den Blick noch von Viola.
    Er musste losgeritten sein, bevor die Dämmerung einsetzte und während der Sturm noch tobte. Von Theodos Hof bis casa alba brauchte ein geübter Reiter zwei Stunden. Und bestimmt war auch Chramm die ganze Nacht aufgewesen. Seine Augen waren gerötet, und die Wangen wirkten ein wenig eingefallen. Jede Anstrengung sah man ihm sofort an. Ansonsten war er ein gut aussehender junger Mann mittlerer Größe und mittlerer Statur mit dichtem dunklem Haar, freundlichen blauen Augen und einem offenherzigen Charme. Es gab wesentlich schlechtere Verehrer für Viola. Insgeheim seufzte Wittiges erleichtert auf. Das war die Lösung! Falls Cniva nicht heimkehrte, würde er Viola mit Chramm verheiraten. Für sie als ehemalige Sklavin würde das einen ungeheuren Aufstieg bedeuten, denn Chramm war von adliger Abstammung. Das ließe sich alles wunderbar einrichten lassen, die beiden würden weiterhin als seine Vasallen auf Theodos Hof leben und die Göre würde aufhören, ihm mit ihren Verführungskünsten zuzusetzen.
    Pontus trat neben ihn. „Nettes Paar“, murmelte er.
    Wittiges stand auf. Gemeinsam beobachteten sie die beiden. Viola wehrte freundlich die Hand Chramms ab, der ihr aufhelfen wollte, und schuf sofort einen gewissen Abstand zu dem jungen Mann, indem sie an die andere Seite der Liege trat.
    „Sie hat keine Angehörigen. Ohne Cnivas Schutz fällt sie wieder in meine Munt, und ich will, dass sie Chramm heiratet.“
    Pontus schlug ihm auf die Schulter. „Aber nicht heute. Komm, lass uns nachsehen, was das Unwetter in der Villa angerichtet hat, und überlass die Turteltauben Aletha.“
    Wittiges hatte keine Zeit, sämtliche Schäden selbst in Augenschein zu nehmen, denn Brunichild hatte ihn mit einem dringenden Auftrag nach Hause entlassen. Aus allen Dörfern der Umgebung sollte er die Wehrfähigen zusammenrufen. Auf seinen Ritten übers Land bemerkte er die Schäden, die das Gewitter hinterlassen hatte. Es war, als hätte ein Krieg das Land verheert. Häuser, Schuppen und Scheunen waren niedergebrannt, das Korn im Schlamm versackt, Vieh in überquellenden Teichen und Bächen ertrunken. Eine derartige Verwüstung durch ein Unwetter hatte Wittiges noch nie erlebt, und er befürchtete, aufgrund der fehlenden Ernteerträge seine Steuern nicht zahlen zu können.
    Nur einer zog seinen Vorteil aus der Lage. Der Heilige in seiner Höhle hatte das Unwetter nicht nur unbeschadet überstanden, sondern anscheinend vorhergesagt. Es sei, ließ er seine verstörten Anhänger wissen, eine Strafe Gottes für das allgemeine Festhalten an heidnischen Bräuchen. Wittiges wusste, wie viel Aberglaube überall noch herrschte, aber das kümmerte ihn nicht. In die religiösen Belange seiner Leute mischte er sich nicht ein. Gern hätte er den Unruhestifter fortgejagt, aber ihm fehlte die Zeit dazu.
    Eine Woche später war er mit seiner Truppe abmarschbereit. In der Nacht wälzte er sich ruhelos im Bett herum, bis sich auch Aletha regte, mit der er jede Nacht verbracht hatte, allerdings ohne sie anzurühren. In dieser Hinsicht war alles beim Alten geblieben, nur hielt er sich nun mit Rücksicht auf ihren geschwächten Zustand zurück.
    „Warum kannst du nicht schlafen?“, fragte sie.
    Über Felix und die vergebliche Suche nach ihm hatten sie inzwischen ausführlich gesprochen, also würde das Thema sie nur beide quälen. Tatsächlich schmerzte ihn der Gedanke, dass ihn der bevorstehende Krieg daran hinderte, die Suche wieder aufzunehmen.
    „Wir wissen immer noch nichts über Cniva und Alexander“, wich er aus. Falls sich die beiden tatsächlich auf eine Pilgerfahrt begeben hatten, konnten sie bei Felix’ Entführung nicht mit burgundischen Aufständischen gemeinsame Sache gemacht haben. Vielleicht gab es gar keine Verschwörung. Und was Brunichild betraf, war es ihr letztlich doch nicht zuzutrauen, dass sie Felix als Berthos Konkurrenten kaltherzig beseitigt hatte. So weit ginge sie nicht. Welche Möglichkeiten blieben dann noch? Chilperich konnte die Entführung veranlasst haben, dass hieß, seine Leute hatten Felix für Bertho gehalten. War diese Annahme richtig, ergab sich nur eine einzige Schlussfolgerung: Sie hatten ihn für

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