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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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erinnerte sich vage, dass auch die Juden um diese Zeit eines ihrer Feste feierten. War nicht auch für sie der Karfreitag ein heiliger Tag?
    Mit einer Geste forderte ihn der Jude auf, sich vom Wein zu bedienen.
    Das knusprige Brot schmeckte ein wenig fad. Aber da Wittiges hungrig war, aß er es und spülte mit Wein nach. Der Arzt sah ihm dabei zu.
    „Ich kann dich nicht in die Stadt begleiten, nicht mal in der Nacht, denn man weiß nie, wer einem begegnet“, begann er ruhig. „Es gibt neue Verordnungen, die uns Juden dazu anhalten, uns Ostern nicht auf den Straßen zu zeigen. Unser Anblick könnte einen Christen beleidigen und veranlassen, uns aus lauter Wut zu töten, verstehst du? Wir, die Juden, haben Jesus von Nazareth ans Kreuz geschlagen, wir tragen die Schuld an seinem Leiden und Tod.“
    „Du doch sicher nicht“, warf Wittiges mit belegter Stimme ein.
    „Nein, ich nicht. Ebenso wenig mein Vater, Großvater und Ururgroßvater.“
    Seit über fünfhundert Jahren haftete an den Juden diese Schuld, Wittiges hatte nie darüber nachgedacht. Das Wissen darum gehörte zu den fundamentalen christlichen Wahrheiten, von denen ihm diese eine nun eigenartig vorkam. Er musste einmal mit Pontus darüber reden.
    „Und diese Verordnung?“
    „Ist zu unserem Schutz erlassen worden. Sie ist noch kein Gesetz, aber das wird sie sicher, sobald sich eure Bischöfe wieder zu Synoden treffen. Sie beschäftigen sich recht eingehend mit uns Juden, musst du wissen.“
    „Du kannst tagelang das Haus nicht verlassen?“, fragte Wittiges ungläubig.
    „Auf alle Fälle, bis die drei Osterfeiertage vorüber sind, und am sichersten ist es, die ganze Osteroktav über zu Hause zu bleiben. Wenn wir etwas benötigen, was wir nicht im Haus haben, schicke ich unsere christliche Magd, die ich als Jude eigentlich gar nicht haben dürfte. Und nun erzähl mir von deinem Sohn und warum du glaubst, bei Nikomedes eine Spur von ihm entdeckt zu haben.“
    Erleichtert ging Wittiges auf den Themenwechsel ein, fühlte er sich doch unbehaglich dabei, etwas über die offensichtlichen Schikanen zu hören, denen die Juden ausgesetzt waren. Einige Händler, mit denen er im Süden Geschäfte machte, waren Juden, aber über ihr Leben hatte er nie viel erfahren. Nun berichtete er recht ausführlich von Cnivas angeblicher Wallfahrt nach Tours und wie er dessen kostbare Gürtelschnalle und sein Schwert bei Nikodemus entdeckt hatte.
    „Ist dieser Cniva Burgunder?“, fragte der Arzt.
    „Er ist ein General des alten Burgundia, des Königreichs, das vor der fränkischen Herrschaft existierte“, antwortete Wittiges und erging sich in einer kurzen Erläuterung von Cnivas Herkunft und dessen Schicksal am Hof von Toledo.
    „Merkwürdig“, sagte Samuel nachdenklich. „Du musst wissen, auch wir haben unsere Nachrichtenquellen. Überall in Burgund, heißt es, finden sich Adlige zusammen, die die alte Burgunderherrschaft wiedererrichten wollen. Könnte dieser Cniva etwas damit zu tun haben?“
    Ganz sicher, dachte Wittiges. „Aber warum sind dann sein Schwert und die Gürtelschließe in den Besitz eines Händlers in dieser Stadt gelangt?“
    „Das ist leicht zu erklären. Er hat sich in einen Kampf verwickeln lassen und ist geschlagen worden. Der Sieger hat sich seine Sachen angeeignet und sie verkauft. Es heißt, es gibt einen Prinzen, der der wahre Thronanwärter Burgunds ist. Damit kann doch nicht Bertho gemeint sein, der Sohn Königin Brunichilds, der zu König Guntrams Erbe erklärt worden ist? Und vor allem: Wie passt dein Sohn da hinein?“
    Samuel sah seinen Gast abwartend an.
    Mein Sohn Felix, dachte Wittiges benommen, ist der wahre Erbe von Burgund, so könnte man das durchaus sehen. So hat Cniva es gesehen. Aber mehr weiß ich nicht.
    „Bedeutsam scheint mir, dass er hier verschwunden ist und die Besitztümer Cnivas, eines burgundianischen Generals, hier aufgetaucht sind. Also hat es in dieser Gegend ein Treffen der Verschwörer gegeben“, antwortete er und unterdrückte den Impuls, aufzuspringen und zu schreien: Mein Sohn lebt, er muss leben, wenn es denn wirklich eine Verbindung zwischen seinem und Cnivas Verschwinden gibt. Oder nicht? „Ich werde herauszufinden versuchen, wo ich diese Burgunder finde, die gegen Guntram einen Aufstand anzetteln.“
    „Da wäre ich vorsichtig“, mahnte Samuel und machte Anstalten aufzustehen. Anscheinend hielt er die Unterredung für beendet.
    Wittiges blieb sitzen. „Warum nur hat Nikomedes nichts von dieser

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