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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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Fremden, den Verlust der Heimat, der Eltern, der Familie, die Reise in ein unbekanntes Land und eine ungewisse Zukunft. Aber sie war damals bereits sechzehn gewesen, eine junge Frau - kein Kind mehr.
    Ingunds Brüste waren nicht mehr als eine Andeutung, nur mit gutem Willen konnte man sie überhaupt unter der Seide des Obergewands entdecken. Ein Paar geradezu erbarmungswürdig winzige Spitzen. Sacht strich Brunichild ihrer Tochter über die magere Brust. Ob Hermenegild Gefallen an seiner Kindsbraut fände?
    Selbstverständlich.
    „Er wird dich lieben, sobald er dich sieht“, fuhr sie mit weicher Stimme fort. Und das war keine leere Behauptung. Ingund hatte so viel Liebreiz, dass sie selbst in den stursten Haudegen bei Hof Beschützerinstinkte wachrief.
    Gogo war über den Plan entsetzt gewesen, als sie ihn das erste Mal mit ihm erörterte. „Aber das Alter! Erst elf!“, hatte er ausgerufen und sie beinahe unter Tränen beschworen zu warten. Sie hatte gar nicht gewusst, dass er mit solcher Liebe an Ingund hing. Aber die Zeit drängte. Sie brauchten diese neue Allianz mit Spanien und dem Reich von Toledo. Noch herrschte dort Brunichilds Onkel Leovigild, der zwei Söhne im heiratsfähigen Alter hatte. Hermenegild war der ältere und auf ihn hatte sie sich bei ihren Plänen konzentriert. Dieses Bündnis musste geschmiedet werden, um Rückhalt im Süden zu haben. Leovigild lag an Garantien, die seine letzten Provinzen nördlich der Pyrenäen vor den Begehrlichkeiten der fränkischen Könige schützten, und sie, Brunichild, benötigte einen Verbündeten gegen Chilperich. Die Städte aus Gailswinthas Morgengabe, die er immer noch nicht herausgegeben hatte, befanden sich ohne Ausnahme im Süden. Und ihr Kind ging ja in ihre alte Heimat, das konnte so schlimm nicht sein.
    „Ist er überhaupt Christ?“, wimmerte Ingund.
    Das war also der wahre Grund für die Ablehnung, schwante Brunichild. Es gab kein frömmeres Geschöpf als ihre Tochter. Selten sah man sie ohne ein Gebetbuch, ständig suchte sie die Nähe zu Priestern, Mönchen oder Nonnen. Mehrmals schon hatte sie einem Kloster in der Nähe von Metz einen Besuch abgestattet, und das hatte Brunichild zu denken gegeben. Dieses sonst so fügsame und zurückhaltende Kind hatte eigene Pläne.
    „Ganz sicher. Vor allem ist er ein liebenswürdiger, gut aussehender junger Mann, glaub mir.“
    War er das? Brunichild bemühte sich vergeblich, sich an den Jungen zu erinnern. Vage hatte sie das Bild eines hochaufgeschossenen, nicht sehr klugen, aber hübschen Bürschchens vor Augen. Wie alt war er nun? Etwa zwanzig. Was hatten die letzten zwölf Jahre aus ihm gemacht? Das wusste sie nicht.
    „Aber er ist Arianer. Sie sind alle Arianer, ich weiß es“, stieß Ingund verzweifelt hervor. „Das sind Ketzer, ich kann doch keinen Ketzer heiraten.“
    Gogo, der der Auseinandersetzung bisher schweigend gelauscht hatte, räusperte sich. „Nun, dann bekehrst du ihn am besten.“
    Brunichild ärgerte sich, dass sie ihn bei dieser Unterredung als Zeugen dulden musste. Aber er hatte darauf bestanden. Um ihn nicht noch heftiger gegen sich aufzubringen, hatte sie ihm die Bitte gewährt. Er sollte sich davon überzeugen, dass sie mit ihrer widerspenstigen Tochter fertig wurde.
    „Bloß nicht“, rutschte es ihr heraus. Über Ingunds Kopf hinweg traf sich ihr Blick mit dem Gogos. Ingunds Versuch, Hermenegild zum römischen Glauben zu bekehren, konnte eine Katastrophe heraufbeschwören. „Bleib in deinem Herzen, was du bist, und bete täglich für das Seelenheil deines Mannes. Gott wird deine Gebete erhören“, sagte sie fest und sah Gogo spöttisch den Mund verziehen.
    „Es klingt so furchtbar - deines Mannes“, schrie Ingund gepeinigt. „Ich will keinen Mann, ich will ins Kloster.“
    Nun war es also heraus.
    „In welches, mein Schatz?“, fragte Brunichild ruhig.
    „In welches?“ Hoffnung überstrahlte Ingunds Gesichtchen. „Ich möchte zu Radegund nach Tours. Ich hab so viel von ihr gehört. Sie ist eine Heilige.“
    Lächelnd drückte Brunichild sie wieder an sich. „So? Ich frag mich, was du über sie weißt. Und du willst ihr Leben teilen?“
    Ingund nickte freudig, und Gogo seufzte vernehmlich. Dieser Esel hielt doch hoffentlich den Mund!
    Leise, wie zu sich selbst, begann Brunichild zu sprechen. „Nun ja. Lass uns sehen, was das Leben bei Radegund für dich bereithält: einen harten Strohsack, eine dünne, verflohte Decke, täglich trockenes Brot und ein paar eingeweichte

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