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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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der Hoffnung auf Almosen oder unaufmerksame Passanten, die sie bestehlen konnten, in regelrechten Banden auf den Straßen herum. Wer klug war, ging nicht allein vor die Tür.
    In der zweiten Woche machte Wittiges die Bekanntschaft eines Mannes, der ihn nach der dreistündigen Messe in der größten Kirche -  es war der Festtag eines bedeutenden Heiligen - aus Versehen anrempelte. Wittiges schrak zusammen und tastete sofort nach seiner Börse und seinen Waffen, während sich der Fremde überaus höflich und weitschweifig entschuldigte. Da es sich um einen gut gekleideten Mann handelte, ließ sich Wittiges in ein Gasthaus in der Nähe der Kirche zu einem Becher Wein einladen.
    Anfangs plätscherte das Gespräch auf die übliche unverfängliche Weise dahin. Sie sprachen über Kaiser Tiberius und seinen Krieg gegen die Langobarden, wobei jeder darauf achtete, nicht sonderlich viel über seine persönlichen Verhältnisse preiszugeben. Weil es sich so ergab, speisten sie noch miteinander.
    Und dann machte ihm der Mann einen erstaunlichen Vorschlag.
    „Würdest du mich bitte begleiten?“, fragte er leise. „Allerdings kann ich dir nicht sagen, wohin. Du musst mir schon vertrauen. Man erzählt, du suchst jemanden, und vielleicht kann ich dir helfen.“
    Plötzlich schlug Wittiges Herz so heftig, dass es ihn schmerzte und er fast keine Luft mehr bekam. Er griff sich an die Brust und konnte nicht sprechen.
    „Was ist?“, fasste sein neuer Bekannter nach. „Hat man mir etwas Falsches erzählt?“
    Orléans gehörte zu den überschaubaren Städten. Wer hier einige Zeit verbrachte und Fragen stellte, musste zuverlässig auffallen. Jetzt war also eingetreten, worauf Wittiges gehofft und lange genug hingearbeitet hatte, wobei ihm das Risiko durchaus bewusst geblieben war.
    „Nein, nein! Überhaupt nicht. Ja, ich suche nach zwei Männern und einem nun zwölf Jahre alten Jungen, der vor mehr als einem Jahr in Chalon entführt worden ist. Weißt du etwas über ihn?“
    „Nicht so laut!“ Der Mann packte ihn am Arm. „Hier können wir nicht darüber reden. Also, kommst du mit mir?“
    Zwei Männer, die weiter hinten auf einer Bank gesessen hatten, erhoben sich und schlenderten zur Tür, blieben aber dort stehen. Wittiges behielt sie im Auge, obwohl er den Kopf gesenkt hielt. Warum verließen die Männer die Schenke nicht? Einer kehrte ihm den Rücken zu und sprach auf den anderen ein, aber dieser eine ... Ja, der musterte ihn mit größtmöglicher Unauffälligkeit.
    „Und was ist mit den beiden an der Tür? Sie beobachten uns“, sagte Wittiges ruhig.
    Auch diese beiden Männer waren gut gekleidet und trugen breite, mit gediegenem Zierrat beschlagene Gürtel. Ihre Waffen, soweit er sie erkennen konnte, waren solche, mit denen man in einen Krieg zog - und nicht herumprotzte. Ernst zu nehmende Männer, erfahrene Krieger, weder Lumpengesindel noch Betrüger oder Aufschneider. Wittiges begriff.
    „Sie gehören zu dir, oder nicht?“
    Sein neuer Bekannter, der sich als Leudemund vorgestellt hatte, war der älteste der drei: ein Mann von Mitte dreißig, mit gepflegtem, dunklem Haar und dichtem Bart. Über den buschigen Augenbrauen verschwand eine hässliche Narbe unter den Stirnhaaren. Ein gut wiedererkennbares Merkmal. Ob Leudemund sein richtiger Name war, zog Wittiges in Zweifel. Er selbst hatte sich einen lateinisch klingenden Namen zugelegt. Seinen wahren wollte er nicht preisgeben, solange er nicht wusste, wie dieser Leudemund, der nun beiläufig einen Blick über die Schulter warf, einzuschätzen war.
    „Gut beobachtet. Ja, das sind meine Männer. Kommst du nun mit uns?“
    „Weißt du etwas über diesen Jungen?“
    „Über Felix?“, entgegnete Leudemund ruhig.
    Beim Klang des vertrauten Namens hatte Wittiges das seltsame Gefühl, sein Hirn würde von einer Axt in zwei Hälften gespalten. Die eine Hälfte seines Ichs wollte Leudemund packen und alles aus ihm herausschütteln, was er über Felix wusste, die andere Hälfte mahnte, sich zu beherrschen. Es war ein äußerst schmerzhafter Zwiespalt.
    „Hast du Felix gesagt?“, flüsterte er mit brüchiger Stimme.
    Eigentlich weigerte sich sein Verstand, daran zu glauben, dass er so unvermutet dem Ziel nahegekommen war. Aber Leudemund hätte den Namen nicht genannt, wenn er Felix’ nicht gekannt hätte. Ein Jahr quälender Ungewissheit, ein Jahr schwindender Hoffnung, ein Jahr der Verzweiflung ballten sich in diesem Augenblick zusammen, sturzflutartig rauschten Gedanken,

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