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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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wünschte sich auch die andere Hälfe tot, denn mit welchem Recht sollte dort jemand die Seuche überleben, während ihre Kinder ihr zum Opfer gefallen waren?
    Auf einmal wurde der Bote von einer kräftigen Hand beiseitegeschoben. Chilperich eilte auf Fredegund zu und schloss sie in die Arme, presste ihren Kopf hart an seine Brust, während er aufstöhnte.
    „Ich hab’s gerade erfahren.“
    Fredegund kämpfte sich frei und hielt Chilperich auf Armeslänge von sich ab.
    „Und du trauerst? Willst du das sagen? Weinst du wegen unserer Söhne? Du hast sie nie beachtet! Nicht ein bisschen. All die Jahre waren sie Luft für dich! Nur die anderen zählten, die Söhne Audoveras.“
    Seine Augen blickten trübe und dunkel vor Schmerz, aber davon ließ sie sich nicht täuschen. Der Schmerz war nicht echt. Betroffenheit vorzugeben, war ihm immer schon leichtgefallen. Wie gut erinnerte sie sich daran, wie er öffentlich um Gailswintha getrauert hatte, diese dürre Ziege, die sein Bett nicht hatte teilen wollen. Brunichilds Schwester.
    „Du weißt nicht, was du sagst“, widersprach er leidenschaftlich. „Du hast nie begriffen, warum ich mich so verhalten hab. Der beste Schutz eines minderjährigen Königssohnes sind Unsichtbarkeit und Nichtbeachtung. Jede Aufmerksamkeit, die ich einem Sohn schenke, bleibt nicht folgenlos. Ich liebe alle meine Kinder ohne Unterschied. Meinst du wirklich, es fällt mir leicht, mich ihnen gegenüber abweisend zu geben?“
    Es war dieser trostlose Ton, der Fredegund dann doch überzeugte. So hatte sie Chilperich noch nie erlebt. Ein Diener geleitete den Boten hinaus und schloss die Tür. Nun waren sie allein. Kraftlos ließ sie sich wieder in seine Arme sinken.
     „Es ist besser für sie, wenn sie mich als Rabenvater sehen“, fuhr Chilperich bitter fort. „Denn sobald ich mich einem von ihnen zuwende, heften sich die Geier unter meinen Gefolgsleuten an seine Fersen, versuchen, ihn zu beeinflussen und im schlimmsten Fall über ihn gegen mich zu intrigieren. Hat das nicht Praetextatus getan? Er wusste, was mir Merowech bedeutete. Über meine Kinder können mich meine Feinde am härtesten treffen.“
    Fredegund machte sich schwer, sank auf die Knie, presste den Kopf an seinen Leib, zerrte an seinem Gewand. „Nimm mich!“, stieß sie hervor. „Jetzt, hier, auf der Stelle. Lass wieder Leben in mir erstehen.“ Sie zog seine Tunika hoch.
    „Du bist verrückt.“
    „Ja, ich verliere den Verstand, ich sehne mich danach. Ich will nicht mehr leiden. Bitte!“ Sie sträubte sich gegen seine Hände, die sie auf die Füße ziehen wollten. „Wenn du mich nicht lieben willst, dann schlag mich, töte mich, tu etwas, damit der Schmerz aufhört.“ 
    Besser eine Messerklinge in der Brust als dieser reißende Schmerz, den sie nicht greifen konnte, dem sie ausgeliefert war, der sie irre machte. Sie knetete ihre Brüste, zerriss ihr Kleid, streifte das dünne Hemd herunter, zerrte das Mieder auf, kratzte sich über die nackte Haut. Körperlicher Schmerz war eine Erleichterung.
    Verstört sank Chilperich neben ihr auf die Knie, umfasste sie, zog sie mit sich hinunter auf den Boden, entblößte ihre Schenkel. Es war ein unguter Akt, getrieben von Verzweiflung, schmerzhaft und heftig und nicht im Geringsten tröstlich. Danach weinten sie beide.
    „Sind sie noch dort?“, flüsterte sie ihm heiser ins Ohr.
    „Wer?“
    „Die Jungen. In Berny- Rivière.“
    „Die Toten? Ich denke schon.“
    „Dann versprich mir etwas.“ Sie legte sich auf ihn, spreizte die Beine, rieb ihren Unterleib an ihm. Chilperich ließ sie gewähren, ja, er spürte, wie sein Glied wieder steif wurde und sie es in sich aufnahm.
    „Was du willst.“
    „Schick Chlodowech nach Berny-Rivière, um die beiden zu holen. Ich traue sonst keinem.“
    Chilperich stöhnte und sie verstand dies als Zustimmung. Die Seuche wütete immer noch in jenem gottverlassenen Nest, in das sie ihre Söhne geschickt hatte. Die Familie besaß dort ein großes Landgut, dort hätten die Jungen in Sicherheit sein sollen und wären doch nicht weit von Soissons entfernt gewesen, wo sie den Winter zu verbringen gedachte. Ihr war gerade eingefallen, dass sie Chlodowech, Chilperichs letztem Sohn, die Seuche von Herzen an den Hals wünschte.
    Der Angriff erfolgte in der Morgendämmerung. Noch in der Nacht war Chramm nach Metz aufgebrochen, und Ulf begleitete ihn. Es war sein eigener Wunsch gewesen. Pontus hatte das Begehren des Jungen unterstützt, denn, wie er

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