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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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solltest: Auch ich bin im Auftrag von dux Gogo und der Königin hier“, erklärte er würdevoll.
    Wittiges verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Wand neben dem schmalen Fenster, durch das ein kalter Wind hereinpfiff.
    „Ja und?“
    „Ich meine, wir sollten morgen beizeiten weiterreisen. Unsere Aufgabe hier ist erfüllt, jetzt müssen wir so rasch wie möglich nach Metz zurückkehren. Sidorius sieht das genauso. Also, sag deinen Männern, dass wir ...“
    Wittiges’ Hand schoss vor. Er packte Venantius am Gewand und zog ihn vom Sitz hoch. „ Du kannst tun, was du willst. Sattle morgen früh von mir aus deinen Klepper und bring deinen Hintern in Sicherheit. Ich bleibe und kämpfe.“
    Vorsichtig machte sich Venantius frei und seufzte tief auf. „Das wollte ich nur wissen. Dein Verstand hat dich verlassen, und das alles nur wegen einer toten Frau und eines toten ...“
    Wittiges packte ihn wieder und schob ihn auf den Flur hinaus. Er konnte sich gerade noch zusammenreißen, ihm keinen Tritt zu versetzen.
    Es war noch Nacht, als sie aufbrachen. Die Wasser des Inn glänzte unheimlich im letzten Sternenlicht. Beim ersten vagen Streifen Helligkeit am Himmel hatte Wittiges mit seinen Männern den Hügel erreicht, von dem aus er den Angriff beginnen wollte. Sidorius führte den zweiten Teil des Heeres an, der Unterheerführer den dritten. Sie hatten ausgemacht, dass alle bei Sonnenaufgang auf ihrem Posten zu sein hatten. Ein Hornsignal von Sidorius’ Seite würde den Angriff einleiten.
    Unten in der Senke brannte kein einziges Feuer, und im Awarenlager herrschte eine abgründige Stille. Langsam dämmerte Wittiges, was das zu bedeuten hatte. Die Awaren waren abgezogen! Er mochte es nicht glauben, wartete aber noch eine Weile, und während er zauderte, ertönte das Hornsignal.
    Er traf sich mit Sidorius unten in der Senke.
    „Verstehst du das?“
    Der comes war nicht weniger verwirrt als Wittiges selbst. Hier und dort lag Abfall herum: durchgescheuerte Lederriemen, ein zerrissener Schuh, ein abgebrochenes Messer. Das einzige Lebewesen, welches das gewaltige Awarenheer zurückgelassen hatte, war ein Fohlen, das vertrauensvoll auf die Krieger zuhinkte. Wittiges schwang sich aus dem Sattel, sah sich das Fohlen genauer an, zückte seinen Dolch und stach dem Tierchen direkt ins Herz. Es war sofort tot.
    „Man hat ihm eine Fessel durchgeschnitten, es hätte nie wieder richtig laufen können“, sagte er mit erstickter Stimme. „Diese Schweine.“
    Das lahme Fohlen - er begriff die Botschaft des Kaghans -, das war er.
    Sidorius enthielt sich eines Kommentars, er nickte nur ernst. Schweigend machten sie sich auf den Rückweg. Kurz vor Passau hielten die Reiter vor ihnen an. Es war noch eine Viertelmeile bis zum Kastell Boiotro, sie konnten es fast schon sehen. Aber zwischen ihnen und dem Kastell erwartete sie eine große Horde Awarenkrieger. Und die Kuppe des steilen Hügels, der sich klippenartig unweit des Kastells erhob, war dicht an dicht mit Bogenschützen besetzt. Von dort oben konnten sie die Franken wie Karnickel abschießen. Und nun hörte Wittiges Schreie von hinten, die ihm verrieten, dass er mit seinen Begleitern vollkommen eingekesselt war. Ihm war rätselhaft, wie die Awaren diesen Stellungswechsel so rasch und so geräuschlos vollzogen hatten, aber eines war ihm klar: Baian hatte ihn wieder an der Nase herumgeführt und war ihm Zug um Zug zuvorgekommen. Wer hatte sie verraten? Kursich? Aber wie sollte es ihm gelungen sein, ihre Pläne auszuspionieren? Kursich war im Kastell geblieben.
    „Möge Gott mit uns sein“, sagte Sidorius, zog seine Waffe blank und hob sie hoch über den Kopf. Überall vor und hinter ihnen fuhren sirrend die Schwerter aus den Scheiden.
    Da geschah das Unfassbare. Wie auf ein Signal hin, wendeten die Awaren ihre Pferde und stoben in einer einzigen großen Bewegung davon.
    „Ihnen nach!“ Wittiges wollte seine Stute antreiben.
    „Warte!“ Sidorius rührte sich nicht.
    Sobald die awarischen Reiter außer Sichtweite waren, verschwanden die Bogenschützen vom Hügel.
    „Und jetzt?“, schrie Wittiges aufgebracht, er wollte seinen Kampf.
    Sidorius schüttelte den Kopf und lauschte.
    „Wir reiten zum Kastell, folgt mir.“
    Selbst als sie Boiotro unbehelligt wieder erreicht hatten, blieb unklar, was geschehen war und was es zu bedeuten hatte, dass sich die Awaren trotz deutlicher Übermacht zurückgezogen hatten. Nur Venantius wusste eine Antwort darauf. Er war

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