Der Hüter des Schwertes
Offensichtlich hatte man später mehr Platz benötigt und an den Seiten angebaut; die neueren Steine bildeten einen scharfen Kontrast zum alten Mauerwerk. Aber Martil interessierte sich mehr dafür, warum er dort keine Wachen sah.
»Warum sind hier keine Wachmänner?«, fragte Conal nervös und sprach damit aus, was Martil dachte.
»Weißt du denn gar nichts?«, fragte Karia herablassend. »Kirchen sind nie abgeschlossen und werden immer von Aroaril geschützt. Diebe können sich nicht mehr von der Stelle rühren, wenn ein Priester sie dabei erwischt, wie sie etwas stehlen, sodass die Miliz sie nur abzuholen braucht.«
»Na ja, das hat man mir auch gesagt«, erwiderte Conal grinsend.
Spät am Nachmittag eines Wochentages waren nur wenige Besucher in der Kirche. Wie in den meisten Kirchen lag der Geruch von Staub und Holzpolitur in der Luft. Die hölzernen Kirchenbänke glänzten, so abgewetzt waren sie von den Händen und Hinterteilen der Generationen von Kirchgängern. Da es sich um eine alte Kirche handelte, war auch die Ausrichtung altmodisch. Der Altar lag vorn in der Kirche; es gab kleine Seitenkapellen rechts und links davon, wo der Priester sich in Ruhe mit denjenigen unterhalten konnte, die mit irgendwelchen Sorgen zu ihm kamen. Martil fühlte den altbekannten plötzlichen Ansturm von Schuldgefühlen, wenn er eine Kirche betrat, zwang sich jedoch dazu, dem vorliegenden Problem all seine Aufmerksamkeit zu widmen.
»Wo wird die Königin sich aufhalten?«
»Sie wird in Begleitung ihrer Hofdamen hereinkommen. Die Wachen werden die Kirche umstellen und wahrscheinlich nicht hereinkommen. Bewaffnete Soldaten dürfen herkömmlicherweise keine Kirche betreten«, sagte Barrett nachdenklich. »Aber sie werden beide Ausgänge bewachen. Wie kann eine Befreiung unter solchen Umständen erfolgen?«
Martil sah sich um. Wie sollte man jemanden unbemerkt hier herausholen? Es war unmöglich. Die Wachen würden die Kirche umstellen, bis die Königin wieder herauskam … daher würde eine Flucht nur möglich sein, wenn man die Wachen glauben machen konnte, die Königin sei bereits wieder aus der Kirche herausgekommen. Es erinnerte ihn an einen Trick, den er und Borin vor vielen Jahren versucht hatten.
»Wir suchen uns eine Nut… eine Frau der Nacht und bringen sie am frühen Morgen hierher in die Kirche. Dann warten wir in einem der Nebenräume, bis die Königin kommt. Sie tauschen die Kleider, und die Eskorte begibt sich zurück zum Palast, wo die angebliche Königin zu Bett geht. Sie legt die Kleider der Königin ab, zieht sich die Sachen einer Dienerin an und schleicht sich aus dem Palast. Die Wachen werden annehmen, dass der Königin irgendwie die Flucht aus dem Palast gelungen sei, und deshalb am falschen Ort suchen. Bis sie bemerkt haben, dass die Königin verschwunden ist, sind wir bereits durch deinen Eichenbaum geflohen.«
Barrett überprüfte den Plan auf Schwachstellen. Er wies die Tugend auf, dass er sehr schlicht war. Außerdem fiel Barrett nichts Besseres ein.
»Wie bist du auf diese Idee gekommen?«, fragte er, um sich Zeit zu verschaffen, weiter nachzudenken.
Martil lachte. »Es war eigentlich der Plan meines Freundes Borin. Vor Jahren haben wir einige … Frauen der Nacht in die Baracken geschleust, die als Soldaten verkleidet waren. Die Offiziere haben nie etwas bemerkt.«
Conal brach in Gelächter aus, und Karia sah aus, als fielen ihr jede Menge Fragen dazu ein, also fuhr Martil schnell fort: »Wir müssen eine Frau finden, die für Geld bereit ist, bei der Sache mitzumachen, und eine gewisse Ähnlichkeit mit der Königin aufweist. Weißt du, wo wir so eine Frau finden?«, fragte er Barrett, der immer noch versuchte, einen besseren Plan auszuklügeln, wie die Königin gerettet werden konnte. Einen Plan, in dem er etwas Beeindruckendes vollbrachte.
Barrett errötete, als er Martils Frage verstand. Er nahm sich einen Moment, um sich zu sammeln. Aber er hatte sofort daran gedacht, als Martil den Personentausch erläutert hatte. »Ich kenne eine, die wie die Königin aussieht«, gab er zu.
Es entstand ein kurzes Schweigen. »Ich dachte, Zauberer dürften derlei Aktivitäten nicht nachgehen«, sagte Conal schließlich.
Barrett hüstelte ein wenig. »Nur weil es Kraft kostet, die man bekanntermaßen für den Einsatz von Magie benötigt. Aber ich muss nicht immer mächtige Zauber vollbringen.«
»Und wie hast du eine gefunden, die wie die Königin aussieht?«, fragte Martil misstrauisch.
Barrett
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