Der Hüter des Schwertes
gedient haben.«
Sie bestanden darauf, Martil die Hand zu geben. Danach ging er über den Vorhof zum eigentlichen Hauseingang. Seine Stiefel knirschten auf den Kieseln der Auffahrt. Das Haus war beeindruckend. Zwei Stockwerke hoch, erleuchtet von Laternen und geschmückt mit feinsten Steinmetzarbeiten. Dagegen war Barretts Haus schäbig. Aber bei einem Goldstück pro Besuch war es auch kein Wunder, dass viel Geld für solche Äußerlichkeiten ausgegeben werden konnte.
Die Eingangstür war wuchtig – eisenbeschlagenes Eichenholz –, und zwei weitere, große Rallorer in rosafarbenen Wappenröcken hielten dort Wache.
»Was willst du?«, fragte der eine schroff.
Martil wollte sein Anliegen gerade erklären und ihnen etwas Gold zeigen – aber beides erwies sich als unnötig.
Der zweite Wachmann stieß den ersten leicht an.
»Ich kenne diesen Mann! Hauptmann Martil, richtig?«
Martil nickte, dann musste er sich mit ihnen unterhalten und durfte sich eine ähnliche Geschichte anhören wie die von Kesbury, bevor sie ihm nach dem unverzichtbaren Handschlag die Tür öffneten. Martil kam in einen vornehm möblierten Empfangsraum. Die Stoffe überall waren rosafarben, pflaumenblau, purpurn; die Holzböden waren von großen Teppichen bedeckt. An jeder vertäfelten Wand hingen einige von Laternen erhellte Bilder nackter Frauen.
»Ich bin Sillat. Wie kann ich behilflich sein?«
Martil wandte sich zu der Theke um. Dahinter stand eine ältere Frau und lächelte ihn an. Sie trug ein dunkelrotes Seidenkleid, und ihre Hände waren mit Goldschmuck übersät. So etwas wie das Rot ihrer Lippen hatte Martil noch nicht gesehen.
»Ein Freund hat mir diesen Ort empfohlen. Er hat mir geraten, nach Lahra zu fragen«, sagte Martil langsam.
Sillat zog eine Augenbraue hoch. »Eine weise Entscheidung. Und eine beliebte. Wie viel Zeit wollt Ihr mit ihr verbringen?«
Martil hatte nicht vor, dieser Frau seine Pläne zu verraten. Es wäre besser, dieser Lahra sein Angebot direkt zu unterbreiten. Sillat vernahm sein Zögern und unterbreitete ihm routiniert das vermutlich normale Angebot. »Wir haben besondere Konditionen für regelmäßige Gäste. Ein Goldstück für eine Drehung der Sanduhr oder fünf Goldstücke für sieben Besuche.«
Martil schauderte innerlich bei diesem Preis. »Ich nehme das Angebot mit den sieben Besuchen«, beschloss er und hoffte, sein Gold würde jeglichen Verdacht ausmerzen, den die Empfangsdame haben könnte.
Sillat stöberte unter der Theke und brachte eine rosafarbene Figur aus Holz zum Vorschein, deren Form zwar ungewöhnlich, ihrem Zweck aber sicher angemessen war. Sie sah Martils Gesichtsausdruck, lächelte und ließ Martils Gold mit einer flüssigen Handbewegung unter der Theke verschwinden.
»Zeigt das von nun an den Wachmännern.«
»Falls das nötig ist«, murmelte Martil und verstaute die Figur ganz unten in seiner Gürteltasche.
»Nun werde ich Lahra rufen lassen. Sollte Lahra Euch gefallen, würde ich empfehlen, in Zukunft im Voraus zu reservieren. Für gewöhnlich ist sie vom Adel ausgebucht. Ihr habt Glück, dass der Großteil unserer Adligen gerade nicht in der Stadt ist. Würdet Ihr mir Euren Namen nennen?«
Martil zögerte. »Ich glaube nicht, dass wir uns mit Namen abgeben sollten«, sagte er achselzuckend.
Sillats Lächeln wurde noch breiter. »Darüber braucht Ihr Euch in der Tat keine Sorgen zu machen. Willkommen im Goldenen Tor. Es ist immer ein Vergnügen, ein neues Mitglied zu begrüßen!«, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
Martil lächelte, weil die Frau es von ihm erwartete.
Sillat öffnete eine große Schublade hinter der Theke. Darin befand sich ein Dutzend Glockenzüge, alle in unterschiedlichen Farben. Sie griff nach dem blauen und zog daran; eine Glocke ertönte irgendwo im hinteren Teil des Gebäudes.
»Lahra wird in wenigen Augenblicken für Euch da sein. Bitte wartet dort drüben.« Sie machte eine Handbewegung in Richtung einer blau gestrichenen Tür auf der anderen Seite des Empfangsraumes.
Martil schlenderte gemächlich hinüber; gerade als er sie erreichte, öffnete sich die Tür, und Lahra trat heraus. Als Erstes bemerkte Martil, dass ihr grünes Kleid so kurz und oben so tief ausgeschnitten war, dass es einen sofortigen Aufstand ausgelöst hätte, wenn sie es in der Öffentlichkeit getragen hätte. Es war schwer zu sagen, wie viel Ähnlichkeit sie mit der Königin hatte; schließlich kleidete sich die Königin weitaus konservativer, aber er war sich ziemlich
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