Der Hüter des Schwertes
mystischen Wesen gleichgesetzt.
Das hatte Karia bitter enttäuscht.
»Aber Elfen und Feen und Kobolde sind echt! Sie kommen doch alle in den Sagen vor!«, protestierte sie.
»In Wirklichkeit gibt es sie nicht«, stellte Martil klar, so freundlich er konnte. »Nur in Geschichten. Kobolde sind in Wirklichkeit Menschen, die in den Bergwäldern lange sehr abgeschieden gelebt haben und etwas anders aussahen als die Übrigen hier in diesem Erdteil. Und die Elfen sind auch Menschen, aber sie stehen schon seit langer Zeit unter dem Einfluss von Magie. Richtige Elfen oder sprechende Hasen oder dergleichen gibt es einfach nicht. Die Leute denken sich das bloß aus.« Er sah sie an, merkte, wie niedergeschlagen sie war, und seufzte. »Wie wäre es, wenn wir irgendwo einen Zauberer aufsuchen und er dir alles erklärt?«, schlug er vor.
»Na gut«, sagte sie achselzuckend und war enttäuscht, dass sie keine echten Elfen treffen würde.
Das Gasthaus des Dorfes, in dem sie übernachteten, war noch schlechter als die vorherigen. Das hätte er nicht für möglich gehalten. Jedoch waren die Gesprächsthemen die gleichen. Das Drachenschwert und die Zukunft.
Nach viel Nörgelei seitens Karia fragte Martil den Gastwirt, ob es einen Zauberer in der Nähe gab, damit sie mehr über Magie lernen konnte.
»Einen Zauberer? Hier?« Der Gastwirt, ein abgemagerter Mann, dem die Nase lief, sah sich in seinem muffigen Lokal um. »Die Leute hier können es sich nicht leisten, Zaubervorführungen zu besuchen. Du kannst den Priester sehr freundlich fragen, oder du kannst es vergessen. Rush, der zweite Sohn des alten Wood, ist Zauberer geworden. Ist in eine große Stadt gezogen, um es zu lernen. Kam nie zurück.«
Martil gab die Information an die äußerst unglückliche Karia weiter, aber er konnte nichts daran ändern. Er selbst hatte von den Bauern und ihrem endlosen Gejammer um den Verlust des Drachenschwerts allmählich genug und blieb auf dem Zimmer, nachdem er Karia zu Bett gebracht hatte. Natürlich hatte er ihr erst eine Geschichte vorlesen müssen, in der es um irgendeine dumme Prinzessin ging, die in einem Turm festsaß, bis sie von einem Prinzen gerettet wurde. Dann hatte er ihr das Einschlaflied vorsingen müssen. Es funktionierte, und sie schlief ein. Mitten in der Nacht bekam er wieder ihre Neigung, ihn zu treten, deutlich zu spüren. Inzwischen hatte er damit zu leben gelernt, bei der Aufteilung des Bettes den Kürzeren zu ziehen. Wenn er also nachts aufwachte und gefährlich nah am Rande des Bettes lag, während Karia sich an seinen Rücken kuschelte, dann beließ er es einfach dabei. Immerhin hatte er keine Albträume mehr, und weil sie immer früh wach wurde, brachen sie zeitig auf und kamen gut voran.
Martil bemerkte, dass die Landschaft sich veränderte und hügeliger wurde. Ihre Straße führte jetzt auf die große Hauptstraße nach Tetril zurück. Er war sich ziemlich sicher, dass Havrick die Suche inzwischen aufgegeben hatte oder mit anderen Aufgaben betraut worden war. Dennoch hielt er sicherheitshalber immer Ausschau nach ihm. Alles, was ihn davon abhielt, das zu tun, was er eigentlich tun sollte – nämlich nachdenken, was ihn in Thest erwartete –, kam ihm sehr gelegen. Er konnte sich nicht von dem Zwang befreien, dorthin gehen zu müssen, selbst jetzt, da sich herausgestellt hatte, dass es ein einziges Räubernest war.
Obwohl sie nun wieder die Hauptstraße entlangritten, war es so weit im Osten ziemlich ruhig. Die Bauernhäuser, die sie sahen, waren groß und lagen oft auf Hügeln, sodass man von dort aus weit ins Umland schauen konnte. Statt aus Lehm und Stroh oder Holz waren diese Häuser ausschließlich aus Stein gebaut. Die Fenster sahen eher aus wie Schießscharten, und selbst die Abtritte waren solide kleine Steinbauten. Martil vermutete, dass solch ein Gehöft einer Bande Straßenräuber eine Nacht lang standhalten konnte. Es gab nur wenig Vieh, und es wurden hauptsächlich Hackfrüchte angebaut. Diese Felder ließen sich nicht ohne Weiteres verwüsten oder ausräumen.
Das waren die Dinge, die ihm im Kopf herumgingen, während Karia immer noch fragte und fragte. Noch vor ein paar Tagen hätte er ein bisschen Frieden und Ruhe mit Geld bezahlt, aber nun war er nicht nur an sie gewöhnt, sondern hatte sie sogar gern bei sich, statt allein seinen Gedanken überlassen zu bleiben.
Cezar wusste, dass Martil nicht durch Berellia gereist sein würde. Nein, er würde den Weg durch Aviland und den Osten von
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