Der Huf des Teufels (German Edition)
haben, dass Hofstätter umgehend die Finger von seiner Tochter lässt. Wir sollten uns dieses Ding mal genauer anschauen.«
Stresser nahm den Beutel zur Hand und wollte ihn öffnen. In dem Moment klopfte es wieder.
»Wenn’s diese Kutscher ist, ich bin nicht da«, sagte er, und Sander ging zur Tür. Draußen standen wieder zwei Damen.
»Ja bitte?«, fragte er.
»Ich bin mit Kommissar Stresser verabredet. Olmanski ist mein Name«, sagte die eine.
»Ach ja, lass sie bitte rein«, rief Stresser. Die beiden Frauen traten ein, und die Männer boten ihnen ihre Stühle an. »Sie sind die Prostituierte von der Landstraße, richtig?« Stresser reichte ihr die Hand. »Und Sie sind?«
»Das ist eine Kollegin von mir. Sie arbeitet im Wohnwagen weiter südlich an der 214. Ich habe sie mitgebracht, weil sie noch etwas anderes gehört hat als ich.«
»Ach ja? Was denn?«, fragte Stresser neugierig und setzte sich.
»Also, wenn ich in meinem Wagen bin und gerade keinen Kunden habe, hab ich immer Radio laufen, deshalb konnte ich das nicht ganz so genau verstehen, aber ich habe vor dem Schuss jemanden rufen hören.«
»So? Einen Mann oder eine Frau?«
»Einen Mann.«
»Und was hat er gerufen?«
»Wie gesagt, ich hab’s nicht genau verstanden, aber ich meine, es war ein Name. Es klang wie ›Simon‹.«
Die Männer sahen sich mit großen Augen an.
Elf
Leif und Geraldine hatten sich entschlossen, zu Fuß zum Konzert zu gehen. Es war zwar kalt, und die Strecke betrug an die vier Kilometer, doch so hatten sie mehr Zeit für sich. Sie schlenderten durch die Wohngebiete am östlichen Rand von Fischbach und kamen eher zufällig an Peters Haus vorbei.
»Na, hier wohnt wohl ein kleiner Messie«, meinte Geraldine.
»Hier wohnt Peter«, sagte Leif und musste grinsen.
»Im Ernst?«
»Ja, klar. Wollen wir klingeln?«
»Nein. Nein, ich möchte jetzt nicht … ich will lieber nur mit dir spazieren gehen.«
»Das ist okay für mich.« Er griff vorsichtig nach ihrer Hand, und als sein kleiner Finger ihren Handrücken berührte, schob sie ihre Hand in seine.
»Hoffentlich sieht er uns nicht, sonst weiß es morgen gleich der ganze Hof«, sagte Geraldine. Leif warf einen Blick über seine Schulter auf das Küchenfenster. Es war dunkel, und er konnte keine Bewegung erkennen. Leif dachte daran, wie Peter mit seinem Cowboyhut auf der Couch eingeschlafen war, und es tat ihm leid, dass er ihn hintergangen und die Aufnahmen auf seinen Computer gespielt hatte.
Am Ende der Straße erreichten sie einen schmalen Fußweg, der an Bahngleisen entlang bis zur nächsten Brücke über die Aller führte. Als sie die Brücke erreicht hatten, stellten sie sich ans Geländer, stützten ihre Unterarme darauf und blickten hinunter ins stetig fließende Wasser. Die Sonne war bereits untergegangen, und am Himmel standen dunkelblaue Wolken, die sich im Wasser spiegelten. Das Gras an der Uferböschung war noch nicht sehr hoch. Sie schwiegen eine ganze Weile. Leif ging ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf. Sag es ihr, flüsterte eine Stimme immer wieder und wieder. Sag es ihr!
Vielleicht war sie die Rettung, vielleicht konnte sie ihm sagen, was er tun sollte, was richtig und was falsch war. Er fühlte sich zurzeit nicht mehr imstande, zwischen diesen beiden zu unterscheiden. Er wollte nicht ins Gefängnis, er wollte aber auch Lasse nicht verletzen oder ihn gar verraten. Nein, seinen besten Freund verriet man nicht. Das war schlimmer als alles andere. Was war man dann noch wert? Aber sie hatten jemanden schwer verletzt. So schwer, dass er sterben könnte.
»Geraldine?«
»Was?«
Er sah ihr tief in die Augen, und er erkannte, dass sie ihm niemals wehtun würde. Er konnte ihr vertrauen.
»Ich … ich muss dir was sagen, aber ich weiß nicht, ob das nicht alles kaputt macht.«
Sie lächelte, umfasste seinen Arm und zog sich an ihn heran. »Du liebst mich, ich weiß.« Sie blickte zu ihm auf. »Ich liebe dich auch.«
* * *
Lasse stand in der Küche. Er hatte gerade eine neue Packung Spritzen aufgerissen und pulte eine heraus. Auf der Anrichte stand eine Plastikflasche mit Frostschutzmittel. Lasse entfernte den Schutz auf der Nadel, steckte sie in den Flaschenhals und zog fünf Milliliter auf. Den Schutz steckte er wieder auf die Spitze. Da klopfte es an der Tür.
Erschrocken hielt er inne und horchte. Es klopfte erneut. Schnell ließ er die Flasche und die Spritze im Schrank unter der Spüle verschwinden und setzte sich an seinen Computer.
»Ja?«,
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