Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
neblig.«
»Und dann standen Sie also im Nebel herum und fühlten, wie?«
Tamar steht auf. »Ich glaube nicht, dass ich dieses Gespräch so weiterführen möchte.«
Steinbronner hebt die Hand und zeigt mit dem Finger auf sie. Der Finger ist dick und beringt. »Sie nehmen sich mehr heraus, als Sie sich leisten können, wissen Sie das? Setzen Sie sich wieder und schildern Sie mir Ihr weiteres Vorgehen. Das ist eine Anweisung …«
»Ich werde mir keine einzige Ihrer Zwischenbemerkungen mehr anhören«, sagt Tamar und bleibt stehen. »Ich muss es auch nicht.«
Sie erwidert den Blick der rot geäderten Augen, bis diese sich abwenden. »Ich habe zunächst nur gewartet. Nach einiger Zeit bin ich näher an das Büro herangegangen. In diesem Augenblick habe ich Gepolter gehört und einen Aufschrei. Ich habe meine Pistole gezogen und bin in das Büro. Ein Mann hing blutend im Sessel hinter dem Schreibtisch. Eine zweite Person stand bei ihm. Ich konnte nicht erkennen, was diese Person beabsichtigte …«
»Das war der Herr Kadritzke. Er wollte sich gerade um den Verletzten kümmern. Nur haben Sie ihm dann Handschellen angelegt. Was, bitte, ist die Rechtsgrundlage dafür?«
»Um den Verletzten hat sich diese Person erst gekümmert, nachdem sie ihm zuvor die Nase eingeschlagen hatte.«
»Zu dem Zeitpunkt, um den es jetzt geht, wussten Sie das noch gar nicht«, antwortet Steinbronner. »Und überhaupt – was geht Sie dieser Krawall eigentlich an? Dieser Neuböckh handelt mit Schrott. In dieser Branche geht’s rau zu. Dass da einer die Fresse poliert bekommt, gehört zum Geschäftsrisiko. Da müssen Sie nicht Geiselbefreiung in Mogadischu spielen.«
»Sie vergessen, dass Herr Neuböckh nicht nur mit Schrott handelt«, sagt Tamar. »Das sollen ziemlich neuwertige Gewehre gewesen sein, die in Rotterdam sichergestellt wurden. Und Sie vergessen auch, dass wir den Mord an dem Journalisten Hollerbach aufzuklären haben. Niemand kann ausschließen, dass dieser Mord und der Waffenschmuggel etwas miteinander zu tun haben…«
»Das ist alles Unsinn«, widerspricht Steinbronner. »Aber ich erkenne jetzt, um was es Ihnen geht. Es geht Ihnen darum, meine Anweisungen zu unterlaufen. Ich habe Ihnen gesagt, dass Meunier in amerikanischem Auftrag tätig ist. Im Rahmen dieses Auftrags und – nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! – durchaus im Rahmen der Gesetze haben Meunier und Kadritzke in Lauternbürg recherchiert…« Plötzlich bricht er ab. Sein Blick irrt durch das Zimmer.
»Ach ja«, fragt Tamar, »diese Jagdhütte ist ganz im Rahmen der Gesetze durchlöchert worden? Und das war kein gezielter Schuss, der auf diese Gestalt im Sessel abgegeben wurde?« »Ein ausgestopfter Mantel!« Steinbronners Blick kehrt zurück. »Machen Sie sich nicht lächerlich. Natürlich sind in dem Milieu, mit dem wir es hier zu tun haben, die Sitten auch nicht so besonders fein, da kann es schon mal knallen… Wie auch immer. Jedenfalls haben Sie meine klare Anweisung ignoriert, die besonderen Ermittlungen nicht zu stören, die von der amerikanischen Seite geführt werden. Sie haben diese Ermittlungen geradezu torpediert.«
»Die Entwicklung im Fall Hollerbach hat mir gar keine andere Wahl gelassen«, antwortet Tamar kühl. »Inzwischen liegt uns ja die Aussage von Jiri Adler vor, der zugibt, dass er in der Nacht von Hollerbachs Tod in dessen Haus gewesen ist. Aber er behauptet, dass Hollerbach zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen sei. Und zwei Männer seien bei ihm gestanden. Bei einer Gegenüberstellung hat er sowohl Meunier als auch Kadritzke identifiziert.«
»Diese Gegenüberstellung«, sagt Steinbronner, »ist von allen peinlichen Dingen, die Sie gestern Nacht angestellt haben, das womöglich Allerpeinlichste. Sie lassen einen Mordverdächtigen aussuchen, wem er das Verbrechen freundlicherweise in die Schuhe schieben möchte. Wenn das Schule macht, werden wir demnächst die Herren Ladendiebe fragen, wer denn bitte Ihrer Ansicht nach gestohlen hat.«
»Sowohl Adler als auch Meunier und Kadritzke sind tatverdächtig«, gibt Tamar zurück. »Alle drei waren am Tatort…« »Wir hatten einen Haftbefehl gegen Adler«, fährt Steinbronner sie an. »Den können wir jetzt vergessen. Diese Leute haben clevere Anwälte, und wenn von denen einer mit einem Haftprüfungstermin kommt, ist das Vöglein draußen und ab in den Kosovo oder sonst wohin.«
»Nicht, wenn die Staatsanwaltschaft ernsthaft diesen Waffenschiebereien nachgeht. Adler hat
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