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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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stören. Die Stimme gehört Rübsam. »Ich wollte Sie fragen, ob Sie heute Nachmittag Lust auf eine Partie Schach haben? Auch Ihr Hund wäre willkommen.«
    Nein, denkt Berndorf. Ich habe keine Lust auf eine Partie Schach.
    »Gerne«, hört er sich sagen. »Gegen 17 Uhr?«
     
     
    Viel zu früh neigt sich die bleiche Nachmittagssonne den Berghängen im Südosten zu. Die Lichtung liegt bereits im Schatten. Durch die zerschossenen Fensterscheiben dringt feuchte Kälte in die Jagdhütte. Tamar fröstelt. Auf dem Tisch vor ihr ist eine Flurkarte im Maßstab 1:5000 ausgebreitet. Sie sieht Steinbronner zu, der die Karte studiert und Entfernungen vermisst. Das Licht einer tragbaren Lampe, die an ein Stromaggregat angeschlossen ist, wirft schwarze Schatten an die Wände.
    Der Wind hat sich gedreht. Wann? Und warum?
    Es ist passiert, als er das Gewehr in den Händen hatte. Das Jagdgewehr mit der Gravur. Das war etwas, an dem er sich festhalten konnte. Gewehre sind Männersache. Da muss – die Kollegin erlaubt doch – der Chef selber ran. Vernünftiges Kartenmaterial! Suchtrupps! Bereitschaftspolizei vorwarnen! Wo ist eigentlich der Kuttler? Spurensicherung rausschicken! Und, Wegenast, finden Sie heraus, wer der Zahnklempner von diesem Menschen war… Zwei Taucher natürlich auch, Kuttler, und gucken Sie nicht so blöd! Gibt es in dem Höft einen Kerl, der sich auskennt, einen vom Albverein vielleicht? Und fragt in Stuttgart nach, ob wir notfalls einen Hubschrauber mit Infrarotkamera bekommen…
    Steinbronner hat sein Kartenstudium beendet und blickt zu dem Mann hoch, der neben dem Tisch steht und ihm zugesehen hat. Es ist ein schweigsamer Mann, was weiter kein Wunder ist, denn es ist der Mann der Waltraud Ringspiel.
    »Was ist das für ein Wasserloch, 300 Meter südlich der Hütte?«
    Ringspiel beugt sich über die Karte. »Ein Bombentrichter«, antwortet er.
    »Da hat einer abgeladen, was er über Ulm nicht losgeworden ist?«
    Ringspiel nickt. »Weiter unten hat es noch ein paar solcher Löcher.« Er zeigt sie auf der Karte.
    »Wie tief sind diese Löcher?«
    »Schon ein paar Meter«, meint Ringspiel.
    »Woher wissen Sie das?«
    Ringspiel hebt seine rechte Hand an und dreht sie ein wenig. »Das haben Sie doch nicht bloß geschätzt«, sagt Steinbronner. »Man weiß das im Dorf, weil man totes Vieh hineingeschmissen hat, das der Veterinär nicht sehen durfte. Na?«
    »Das kann schon mal vorgekommen sein«, antwortet Ringspiel diplomatisch.
    »Das war so«, beharrt Steinbronner rechthaberisch. »Ich komm auch vom Land. Mir macht keiner was vor. Also …« Er spricht nicht weiter und wirft einen Blick zu Tamar. »Dieser Tümpel hier bietet sich schon mal an. Aber er ist sehr nah an der Hütte. Zu nah, meinen Sie nicht?«
    »Nein«, sagt Tamar und stellt sich vor, sie hätte soeben Steinbronner umgebracht und müsste ihn nun 300 Meter weit schleppen. »Wenn es hier in der Hütte passiert ist und der Täter das Wasserloch für sicher hielt, war ihm das weit genug.« Steinbronner wiegt abschätzend den Kopf. »Das ist eben die Frage. Ob ein Mörder ein Wasserloch für sicher hält. Was ist das da?«
    Er deutet auf eine gestrichelte Markierung. »Ein steiler Abhang, wenn ich das richtig sehe. Und eine Einbuchtung. Soll das eine Höhle sein?«
    »Das ist nicht bloß ein Abhang, das ist eine Felswand«, sagt Ringspiel. »Und was Sie meinen, ist das Schwedenloch. Eigentlich ist es nur ein Vorsprung. Früher soll dort ein Zugang zu einer Höhle gewesen sein. Aber er ist schon lang zugeschüttet.«
    »Und warum Schwedenloch?«
    »Angeblich sind hier im Dreißigjährigen Krieg schwedische Soldaten in einen Hinterhalt geraten und totgeschlagen worden. Die Leichen hat man in die Höhle geworfen.«
    »Na«, sagt Steinbronner. »Das ist doch was. Der Genius Loci, sagt man nicht so? Wie nah kann man da mit einem Wagen heran?«
    »Bis ungefähr fünfzig Meter.« Ringspiel deutet auf eine Stelle in der Karte. »Es ist ein Holzweg. Er endet hier in einer Kehre. Manchmal parken da Pärchen und gehen rauf zur Felswand…«
    »Ach so.« Steinbronner schüttelt den Kopf und blickt zu Tamar. »Dann eher nicht. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen umgebracht… Den werden Sie doch nicht einen Abhang hochschleppen, auf die Gefahr hin, dass da oben zwei blöd aus der Wäsche gucken, die sie nicht anhaben.«
     
     
    »Sie opfern die Dame«, sagt Rübsam, halb fragend, halb ratlos.
    »Wenn Sie meinen«, antwortet Berndorf.
    »Aber vermutlich bin

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