Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
kehrt man zum Thema zurück, und Kuttler darf nun auch etwas sagen. »Wir hätten gerne gewusst, worüber der Herr Hollerbach in den letzten Monaten geschrieben hat, ob es da möglicherweise Missstimmigkeiten gegeben hat…« Dompfaff runzelt die Stirn.
»Und wir hätten auch gerne einen Überblick über das Honorar, das er von Ihrer Zeitung bezogen hat.«
Ein schmerzerfüllter Zug huscht über Dompfaffs Gesicht. »Selbstverständlich werden wir Ihnen alle Unterlagen zur Verfügung stellen, nur sollten Sie wissen, dass man bei uns keine Reichtümer verdient…«
Er greift zum Hörer und gibt seiner Sekretärin die Anweisung, dass sie Frentzel herbittet und in der Honorarbuchhaltung die Aufstellung der Hollerbach’schen Einnahmen anfordert. Kurz plaudern die beiden Herren Chefs noch über den gestrigen Abend, dann erscheint auch schon Frentzel, die Herren von der Polizei kennt er aus seiner Zeit als Gerichtsreporter, und er hat auch eine Art Klassenbuch dabei, den Terminkalender der Landkreisredaktion.
Der Chefredakteur erklärt kurz, dass sich im Fall Hollerbach leider eine neue Wendung ergeben hat, und Englin fügt hinzu, dass sich die Hinweise auf ein Fremdverschulden verdichtet hätten, was er aber vertraulich zu behandeln bitte.
»Die allseits geschätzten ermittlungstaktischen Gründe«, sagt Frentzel, »sicher doch, nur ist da vielleicht ein kleines …« »Sie haben doch gehört«, unterbricht ihn Dompfaff, »dass die Herren von der Polizei Vertraulichkeit erbeten haben!« – Kuttler beschließt, Frentzel später nach seinem Einwand zu fragen. Einstweilen bittet er nur um Einblick in den Terminkalender der Redaktion und lässt sich die Kürzel der Redakteure und Mitarbeiter erklären. Eugen Hollerbach hatte das Signum hola, für den heutigen Mittwoch ist es eingetragen unter Ehingen, Leistungsschau der Brieftaubenzüchter »Blaue Ferne«, und für Dienstag steht es unter Wieshülen, Beerdigung Ortsvorsteher Seiffert.
»Hat es in letzter Zeit«, fragt Englin, »wegen eines Artikels von Herrn Hollerbach Ärger gegeben?«
»Wir arbeiten zwar sehr sorgfältig«, antwortet Dompfaff, »aber Ärger gibt es immer wieder mal.« Er blickt zu Frentzel. »Gibt es da etwas, von dem ich noch nichts weiß?«
Frentzel hebt beide Hände. »Die einzige Sache, bei der es ein bisschen rumort hat, war die Geschichte mit der Religionslehrerin und dem Posaunenchor…«
»Ich erinnere mich«, sagt Dompfaff. »Die hat sich von den Übungsstunden gestört gefühlt, nicht wahr? Schöne Geschichte, suchen Sie sie nachher für die Herren heraus!«
»Und was daran hat den Ärger gemacht?«, fragt Kuttler.
»Die Religionslehrerin ist die Frau des neuen Ulmer Dekans«, erklärt Frentzel, »wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, wäre die Wahl des Dekans um ein Haar eben daran gescheitert.«
»Hat es Drohungen deshalb gegeben?«, will Englin wissen. Dompfaff blickt zu Frentzel, der schüttelt den Kopf. »Das wäre ja auch etwas sehr merkwürdig gewesen.«
»In der Tat«, meint auch Englin, »überhaupt dürfte das kaum das Milieu sein, in das sich unser Täterprofil einordnen ließe, trotzdem…« Er nickt Kuttler zu, der daraus schließt, dass er sich jetzt darum kümmern soll, was Hollerbach mit den Posaunenchören zu tun hat. »Wichtig ist mir jetzt noch«, fährt der Kriminalrat fort, »ob der verstorbene Herr Hollerbach an einem besonderen Thema gearbeitet hat, vielleicht an etwas, das aus dem Rahmen gefallen ist?«
»Hach!«, sagt Frentzel. »Der ganze Mensch Hollerbach ist ein wenig aus dem Rahmen gefallen, müssen Sie wissen…«
»Mein Kollege meint«, schaltet sich Dompfaff ein, »dass Eugen Hollerbach eine ausgeprägte journalistische Persönlichkeit gewesen ist, wie er das in seinem Nachruf auch unterstreichen wird.«
Da mögen sich zwei nicht, denkt Kuttler.
»Und woran«, hakt Englin nach, »hat er denn nun zuletzt gearbeitet?«
»Das wissen wir nicht so genau«, antwortet Frentzel, »er hat schon immer ausgefallene Ideen gehabt …« Er wendet sich zu Dompfaff. »Vielleicht erinnern Sie sich an die Aufregung um das Nazigold, das er in den alten Bombentrichtern gesucht hat.«
Unvermittelt strafft sich die Figur des Kriminalrats, Kuttler registriert ein zweimaliges Zucken des Englin’schen Augenlids. »Nazigold? Er hat nach Nazigold gesucht?«
»Nein, nicht jetzt«, stellt Frentzel richtig. »Vor Jahren hat er das getan, bis es ihm das Landratsamt verboten hat, weil er die Molche bei der Paarung
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