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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Rommelfingen, im Landkreis Ulm und knapp zwanzig Kilometer von Lauternbürg entfernt gelegen. Wieso muß die Gemeinde Rommelfingen eine Immobilie in einem anderen Dorf erwerben? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man weiß, wer die vorgesehenen Mieter sind: eine fahrende Sippe von Schrotthändlern, die ihren Lagerplatz bisher in Rommelfingen hatte.
    Unbestritten haben nun die Einwohner von Lauternbürg wenig Bereitschaft gezeigt, die Schrotthändler, die man woanders loswerden will, mit offenen Armen aufzunehmen. In der Tat fürchtet man im Dorf erhebliche Belästigungen. »Sie wissen doch, wie diese Leute arbeiten«, sagt Schafkreutz, »wenn die das Kupfer aus den Kabeln herausholen wollen, dann kennen die nichts und brennen einfach die Kabel ab. Was glauben Sie, was das für ein Gestank ist!«
    »Ein übles Spiel« nennt denn auch Lauternbürgs Bürgermeister Karl Heinz Ringspiel das Vorgehen seines Rommelfinger Kollegen, der das baufällige Häuschen von einer Erbengemeinschaft erworben habe, ohne zu sagen, »daß da Zigeuner einziehen sollen«. Eine Beschwerde bei dem für Rommelfingen zuständigen Landratsamt Ulm sei dort leider »vom Tisch gewischt worden«.
    Vollends für Empörung in der Gemeinde sorgte nun aber, daß die Kriminalpolizei auf Grund der unbewiesenen Anschuldigungen sofort und ohne Bedenken ein Ermittlungsverfahren einleitete, in dessen Verlauf »wir alle wie Schwerverbrecher vorgeladen wurden«, wie Lauternbürgs Bürgermeister Karl Heinz Ringspiel klagt. Noch schlimmer: Durch Fangfragen seien Minderjährige dazu gebracht worden, eine Absprache zu gestehen, in die angeblich der gesamte Ort verwickelt gewesen sei.
    Indiskretionen aus den Reihen der Polizei führten dann dazu, daß eine auswärtige Zeitung aufmerksam wurde und den Klagen der Schrotthändler-Sippe ihre Spalten öffnete. »Es ist wirklich übel«, sagt MdL Schafkreutz, »wie hier ein ganzes Dorf an den Pranger gestellt wird.« Dabei seien auch hanebüchene Vorwürfe politischer Art erhoben worden: »Da ist der Krieg jetzt bald 17 Jahre vorbei, aber kein Anlaß ist zu gering, um immer wieder die angebliche Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich aufs Tapet zu zerren«, sagt Schafkreutz und vermutet, daß es der Schrotthändler-Sippe wohl nur darum gehe, eine möglichst hohe Entschädigung herauszuschlagen.
    Schafkreutz will sich jetzt im Landtag dafür einsetzen, daß die Ermittlungen gegen die unbescholtenen Einwohner Lauternbürgs eingestellt werden. Und der Schrotthändler-Sippe will er ins Stammbuch schreiben, daß man sich so nicht verhält, wenn man in einem Dorf aufgenommen sein will.
    Kuttler legt die Kopie zurück. Traute Heimat, deine frommen Menschen. Hat Hollerbach, der wirkliche Eugen Hollerbach aus dem wirklichen Lauternbürg, ausgerechnet diese Geschichte über seine Nachbarn und Mitbürger ausgraben wollen? Kuttler kann sich nicht helfen, aber das käme ihm vor wie ein sehr extremer Fall von Vergnügungssucht.
    Und nun ist Hollerbach tot. Die Ermittlungen in Lauternbürg werden lustig.
    Was aber geht das alles den Ruheständler an?
    Er holt sein Handy heraus und ruft Tamar an. Aber sie meldet sich nicht. Also tippt er ihr eine Simse:
    »b finger drin e springt im 4eck.«

Donnerstag, 8. November 2001
    Die Nacht hat Regen gebracht. Vor dem Frühstück ist Berndorf mit dem Hund den Weg hinauf zur Wilhelmsburg und rund um das Kasernengelände gegangen, nun hat er Hunger und macht sich ein Rührei, während der Tee zieht. Noch immer spürt Berndorf den Regen in seinem erhitzten Gesicht. Felix geruht, den Teller leer zu fressen.
    So könnten wir die Tage hinbringen, denkt Berndorf. Sie rechtfertigen sich selbst. Merkwürdiger Einfall. Wieso müssen die Tage sich rechtfertigen?
    Es klingelt, nicht unwillkommen. Er nimmt das Rührei vom Herd, drückt auf den Türöffner und wartet. Es ist Tamar, die die Treppe hochkommt, die Schritte weniger beschwingt als sonst, schwer hängt der Mantel von ihren Schultern.
    »Das trifft sich gut«, sagt Berndorf, »der Tee müsste gerade gezogen haben.« Felix drängt seinen Kopf zwischen Berndorf und dem Türrahmen durch und wackelt kurz mit seinem Hinterteil, als er Tamar erkennt, und Tamar zwingt sich nun doch ein Lächeln ab. Eigentlich hat sie keine Zeit, und überhaupt ist sie dienstlich hier: »Englin besteht darauf, dass ich mit Ihnen rede, es geht um die Sache in Lauternbürg…«
    Aber dann hat sie doch Zeit, sich an den Schachtisch zu setzen und eine Tasse Tee zu trinken.

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