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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Sie überlegt sich, an welches Mädchen aus ihrer Schulzeit sie das Foto erinnert. Sie geht in der Galerie ihrer Erinnerung die Abteilung der Allerunausstehlichsten durch, aber es will ihr keine einfallen, die auch nur annähernd … In der Tasche ihres Bademantels beginnt das Handy zu vibrieren. Sie holt es heraus und wirft einen Blick auf das Display. Der Anruf kommt nicht von Hannah.
    Widerstrebend meldet sie sich.
    »Kommen Sie zurecht?«, fragt Berndorf an Stelle einer Begrüßung.
    »Womit?«, fragt Tamar zurück. »In Ihrer Wohnung ist alles okay. Falls übrigens Ihre nächste Telefonrechnung aus dem Ruder läuft, müssen Sie es mir sagen. Ich sitze gerade vor Ihrem PC und suche im Netz herum.«
    »Wie es sich fügt«, sagt Berndorf. »Ich wollte Sie nämlich bitten, mir eine bestimmte Adresse herauszusuchen, die eines Constantin Autenrieth, in Bonn oder Umgebung, ein Ministerialrat, vielleicht auch Ministerialdirektor …«
    Tamar notiert den Namen und ruft das elektronische Adressbuch auf. Während sie befriedigt zusieht, wie das Gesicht mit der spitzen Nase und den zu dicken Backen vom Bildschirm ausgeblendet wird, will sie wissen, wie es dem Hund geht und wie sich Berndorfs Urlaub auf dem Bauernhof anlässt. »Haben Sie noch ihre beiden Ohren?«
    »Die Ohren hab ich noch, aber das eine Bein könnt ich wegwerfen.« Er berichtet von seiner Wanderung mit dem Wegewart des Albvereins. »Ein Naturfilosof. Leider haben wir dann noch Ärger mit dem Jäger bekommen, das ist dieser Landmaschinenhändler, der will beim nächsten Mal den Felix erschießen, wie finden Sie denn das?«
    »Mit Neuböckh?«, fragt Tamar zurück. »Mit dem hatte ich heute auch zu tun. Paco, der junge Mann, der zu schnell zuschlägt, fährt für ihn und hätte Hilfsgüter in den Kosovo bringen sollen. Man sieht es dem Herrn Neuböckh nicht an, aber er arbeitet mit einem karitativen Verein zusammen.«
    »Ein viel beschäftigter Mann«, bemerkt Berndorf. »Und hat sogar noch Zeit, meinem Hund nachzustellen…«
    »Da ist eine Anschrift Autenrieth«, unterbricht ihn Tamar, »allerdings kein Constantin. Eine Edith Autenrieth, Bonn-Röttgen… Sie haben was zum Schreiben?« Sie gibt Anschrift und Telefonnummer durch.
    »Ich frage Sie ja besser nicht, wofür Sie das haben wollen«, sagt sie dann, und während sie es sagt, merkt sie, dass es abwehrend klingt.
    Das ist es ja auch, denkt sie. Ich hätte ihm schon von den Ermittlungen gegen Paco Adler nichts erzählen sollen. Es geht ihn nichts an. Also will ich auch nicht wissen, was er treibt. Wieder schlägt Berndorfs Telefon an.
    »Gehen Sie nur dran«, sagt Berndorf, »und wenn es für mich ist, geben Sie dem Anrufer in Gottes Namen meine Handynummer. Ich will Sie dann auch gar nicht weiter aufhalten …« Das Gespräch bricht ab. Auch recht, denkt Tamar und nimmt den Hörer des Netz-Telefons.
    »Endlich erreiche ich dich«, sagt Hannahs Stimme. Die Stimme klingt ärgerlich.
    »In der Polizeidirektion hatten sie erst lange herumgetan, bis Sie mir gesagt haben, dass du hier bist. Ich bin mir ziemlich blöde dabei vorgekommen, weißt du das?«
    Warum, denkt Tamar, lege ich nicht einfach auf?

Sonntag, 11. November 2001
    Tief hängen die Wolken über den Hügeln und Wäldern der Alb, gleichmäßig fällt der Regen, nur manchmal fegt eine Bö von Westen her und peitscht Berndorf die Tropfen ins Gesicht. Felix trottet einige Schritte vor ihm, von Zeit zu Zeit bleibt er stehen und schüttelt sich das Wasser aus seinem Fell.
    Wieder zwingt sich Berndorf, nicht zu humpeln. Das Bein schmerzt noch immer, oder schon wieder, es ist nicht nur der Wetterumschlag, sondern auch der Muskelkater oder überhaupt eine Beanspruchung, der er noch nicht gewachsen ist. Oder nicht mehr. Doch der Hund braucht Bewegung.
    Vom Dorf aus hat Berndorf den Weg eingeschlagen, der zunächst entlang der Lauter führt und sich dann, allmählich ansteigend, weiter links von ihr hält. Felder und Wiesen sind unterbrochen von einzelnen Baum- und Buschgruppen.
     
    »Das war nicht immer so«, hatte ihm Ringspiel gestern gesagt. »Was Sie da sehen, sind Bombentrichter aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Bäume kamen nachher.«
    Bombenangriffe auf das Dorf Lauternbürg?
    »Wenn das Flakfeuer zu stark war, mussten die Flieger abdrehen. Dann haben sie hier abgeladen, was sie über Ulm nicht losgeworden sind. Bei voller Last hat der Sprit für den Rückflug nicht gereicht.«
     
    Einer der Tümpel ist eingezäunt. Unter den Zweigen einer Weide

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