Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
nichts dagegen.«
    Die Drillingsläufe eines Jagdgewehrs werden sichtbar.
    Abrupt steht Felix auf und knurrt.
    »Mach dich dünne«, befiehlt die heisere Stimme, »oder ich knall deinen Köter ab …«
    Berndorf drängt seinen Hund gegen die Wand der Hütte. »Aber lieber Herr Neuböckh, das wäre gar nicht klug, was glauben Sie, wie sich das in der Zeitung liest – Jagdpächter schießt auf Schutz suchenden Wanderer, das wäre eine Schlagzeile, die Sie gar nicht gerne lesen.«
    Langsam schiebt sich die Tür auf. Vor Berndorf steht der Schwarzhaarige, mit einer gezackten Narbe auf der Stirn, das Gewehr im Anschlag. »Schluss mit dem Geschwätz, hau ab, ich hab Zwölfer-Schrot geladen…«
    »Das ist ja gar nicht der Herr Neuböckh«, sagt Berndorf, »es sind seine Umgangsformen, aber er selbst ist es nicht, vielleicht sind die Umgangsformen endemisch in den Kreisen der hiesigen Jägerschaft…« Er hat sich einen oder zwei Schritte von der Wand entfernt und auf den Jüngeren zugeschoben, der nun drohend das Gewehr auf ihn richtet.
    »Nicht doch!«, fährt Berndorf fort. »So ein Ding geht plötzlich los, und es kommt jemand zu Schaden, da ist dann immer ein kleiner Ärger damit verbunden, das wäre doch auch dem Herrn Neuböckh peinlich, wenn er nur wegen einer solchen Dummheit die Herren von der Staatsanwaltschaft zur Treibjagd einladen muss…«
    »Sie haben sie nicht mehr alle«, kommt die Antwort, sachlich, fast belustigt. »Sie haben sich zu viel Schnaps eingedudelt, schlafen Sie Ihren Rausch woanders aus …«
    »Schon duzen wir nicht mehr die Leute, mit denen wir keine Schweine gehütet haben«, sagt Berndorf mit freundlicher Stimme und versucht, mit den Augen den Blick des Mannes festzuhalten. »Wir machen Fortschritte.« Plötzlich ist er noch einen Schritt näher an dem Mann. Die dunklen Augen blicken abwehrend. Fast ängstlich.
    »FASS!«
    Von der Wand löst sich ein gelber Schatten und springt zwischen den beiden Männern auf. Berndorf schlägt das Gewehr zur Seite, er hat fast keine Mühe damit, bewegungslos starrt der junge Mann auf seinen linken Arm, der plötzlich nach unten hängt wie ein fremder Gegenstand, das Handgelenk im Fang von Felix, der halb aufgerichtet steht, reglos, wartend. »Ruhig, schön ruhig bleiben«, sagt Berndorf. »Gar nichts tun, dann tut Ihnen der Hund auch nichts…, braver Felix!«
    Der Mann lässt sich das Gewehr wegnehmen, als habe er nie gewusst, was er damit eigentlich tun soll. Berndorf kippt die Läufe ab, entlädt die Waffe und steckt die Patronen in die Jackentasche. »Sie sind Paco?«
    »Für Sie immer noch der Herr Adler«, antwortet der junge Mann trotzig. Er versucht sich aufrecht zu halten, aber sein Oberkörper ist merkwürdig zur Seite gebeugt, von seinem eigenen Arm nach unten gezogen. Oder doch wohl eher von dem Hund, der daran hängt.
    »Felix: AUS!«, befiehlt Berndorf. Widerstrebend gibt der Hund Pacos Unterarm frei. Der betrachtet das Handgelenk, fast erstaunt, dass er kein Blut sieht. Mit der anderen Hand beginnt er, die Druckstellen zu massieren.
    »Das finde ich auch, dass wir etwas mehr auf Formen achten sollten«, meint Berndorf. »Sie könnten mich beispielsweise in die Hütte einladen und einen Kaffee anbieten oder einen Schnaps. Das macht man so, wenn einer ein Dach über dem Kopf hat und der andere nicht.«
     
    Knisternd brennt Holz im gusseisernen Kanonenofen. Eine Petroleumlampe taucht die beiden Männer, die sich am Tisch mit der rotweiß gewürfelten Decke gegenübersitzen, in ein blakendes Licht und wirft lange Schatten an die getäfelten Wände. Mit kleinen Schlucken trinkt Berndorf den Instantkaffee, für den er sich in der Küche auf einem Propangaskocher das Wasser heiß gemacht hat. Seinen durchnässten Trenchcoat hat er über den Stuhl neben sich gehängt. Ihm gegenüber sitzt Paco, die Arme verschränkt. Er will keinen Kaffee, und vor allem will er nicht reden. Das schon gar nicht.
    Seitlich zum Tisch liegt Felix, den Kopf auf die Vorderpfoten gebettet, aber er lässt Paco keinen Moment aus den Augen.
    Den Becher in der Hand, blickt sich Berndorf um. Geweihe an der einen Seitenwand. Ein ausgestopfter Dachs. Ein mehrtüriger, in die Wand eingebauter Schrank, im Mittelteil verglast, dahinter Regale. Zu ahnen sind Steingut-Teller, Zinnbecher, Bierkrüge. In der Ecke neben dem Schrank ein alter Lehnstuhl. Auf dem Fenstersims der CD-Recorder.
    Paco ist zu einem Entschluss gekommen. »Der Chef hat auch einen Schnaps da«, sagt er in

Weitere Kostenlose Bücher