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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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seine Tasche im Kombi und macht mit Felix einen ersten Pinkelweg, rund um Fernfahrers buchstabenräudige Einkehr gibt es Feldwege, die an den Äckern vorbei zu nebelverhangenen Hügeln führen.
    Er lässt den Hund von der Leine und holt das Mobiltelefon heraus. Felix scheucht eine Krähe auf, kehrt aber nach kurzem Galopp über Stoppelfelder zu Berndorf zurück.
    Inzwischen ist es neun Uhr vorbei, es ist also nicht allzu unschicklich, jetzt anzurufen. Er gibt die Bonner Nummer ein, die ihm Tamar herausgesucht hat, mehrmals ist das Rufzeichen zu hören, schließlich meldet sich eine Stimme, eine sehr zarte, leicht brüchige Stimme:
    »Autenrieth …«
    Berndorf gibt sich einen Ruck. Er stellt sich vor und fragt, ob er Herrn Constantin Autenrieth sprechen könne …
    »Ach nein«, antwortet die Stimme, und es kommt Berndorf vor, als ob Spott darin aufklinge.
    »Darf ich fragen, warum Sie ihn sprechen wollen?«
    Berndorf holt Atem. »Ich bin pensionierter Beamter und arbeite an einer heimatgeschichtlichen Monographie über das Lautertal… Nun ist der Vater von Herrn Constantin Autenrieth meines Wissens Landrat im früheren Landkreis Wintersingen gewesen, zu dem das Lautertal gehört hat. Ich habe mir deswegen erhofft, von Herrn Autenrieth nähere Aufschlüsse zu einigen Fragen zu bekommen…«
    »Eine Monographie über das Lautertal?«, fragt die Stimme. »Das finden Sie spannend?«
    »Spannend wird meine Arbeit sicher nicht«, antwortet Berndorf, »ich meine, für mich ist es spannend, und ob ich dafür Leser finden werde, steht in den Sternen …«
    »Da will ich Ihnen viel Glück wünschen«, meint die brüchige Stimme, »es ist nur leider so, dass auch ich Constantin Autenrieth sehr gerne sprechen würde, aber mein Mann ist nicht mehr da, seit zehn Jahren nicht mehr …«
    »Sie leben getrennt?«, fragt Berndorf.
    »Ich wüsste nicht, wie man es sonst nennen könnte. Wenn wir denn davon reden können, dass wir leben. Leben Sie? Lebe ich? Tut es mein Mann?«
    »Können Sie mir denn sagen, wo Ihr Mann zu erreichen ist?« »Buenos Aires«, kommt die Antwort, »Hotel Four Seasons, Appartement 752. Sie können es da ja mal versuchen. Das Appartement war für ihn reserviert…«
    Die tickt nicht richtig, denkt Berndorf. »Und wann ist die Reservierung erfolgt?«
    »Im September 1991«, sagt die Stimme. »Ich sagte Ihnen doch, dass ich von meinem Mann seit zehn Jahren nichts mehr gehört habe, nicht ein einziges Wort…«
    »Das tut mir Leid«, sagt Berndorf. »Ich bitte um Entschuldigung. Ich habe Sie unbedacht auf einen Sachverhalt angesprochen, der Ihnen schmerzlich sein muss…«
    »Jetzt werden Sie schon wieder langweilig«, antwortet die Stimme. »Was heißt schmerzlich? Man gewöhnt sich an vieles. Aber wenn Sie mit mir über meinen Mann und in Gottes Namen auch über meinen Schwiegervater plaudern wollen, warum besuchen Sie mich nicht einfach? Von wo rufen Sie denn an?«
    Er sei gerade in der Nähe von Koblenz, lügt Berndorf. »Ich könnte am Nachmittag bei Ihnen sein, gegen 17 Uhr?«
    Das sei recht, sagt die Stimme. »Sie bekommen auch einen Tee… Wie war noch einmal Ihr Name?«
    Dann ist das Gespräch auch schon beendet, er schaut auf die Uhr, von der reinen Fahrzeit her ist es zu schaffen, aber er müsste sich unterwegs eine neue Hose kaufen, außerdem hat er fast kein Hundefutter mehr.
    Er pfeift nach Felix, der gerade eine Maushöhle ausgräbt, und wendet sich wieder Fernfahrers Einkehr zu. Unterm Gehen fällt ihm ein, dass Tamar von der Schießerei vor Neuböckhs Jagdhütte erfahren sollte.
    Er ruft Tamars Nummer auf, fast sofort meldet sie sich…
    »Berndorf hier…«
    »Es tut mir sehr Leid«, meldet sich Tamar, tiefgekühlt, »ich habe im Augenblick eine sehr wichtige Besprechung, könnten Sie es in einer Stunde noch einmal versuchen? BITTE.« »Entschuldigen Sie«, murmelt Berndorf. Was für ein aufgestörtes Wespennest!
     
     
    »Unglaublich, das alles«, sagt Englin. »Wenn ich Sie zu mir bitte, könnten Sie eigentlich dieses Gerät ausgeschaltet lassen, das gebietet schon die schiere Höflichkeit.«
    »Entschuldigung«, antwortet Tamar, »ich warte auf einen dringenden Anruf in der Fahndungssache Adler.«
    »Ach ja, der Herr Adler, der Ihnen davongelaufen ist!« Englins linker Mittelfinger beginnt, zittrig auf die leere Schreibtischmappe zu trommeln.
    Ein neuer Tic?, überlegt Tamar.
    »Nach wem oder was fahnden Sie denn eigentlich? Und wann, bitte, gedenken Sie, Ihren Dienstvorgesetzten von

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