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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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glauben? Dazu ist sie noch eine Ausländerin. Neun der zwölf Geschworenen glauben von vornherein, dass jeder Ausländer ein Lügner ist. Außerdem wird sie vollständig aufgelöst sein und überhaupt nicht verstehen, was der Staatsanwalt zu ihr sagt. Immerhin, wir werden wohl mit ihr reden müssen. Ich kann dir aber jetzt schon sagen, sie wird hier einen hysterischen Anfall nach dem anderen bekommen.«
    »Vielleicht möchtest du den Fall lieber nicht übernehmen?«
    »Davon ist nicht die Rede gewesen. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass der junge Mann uns eine unmögliche Geschichte aufgetischt hat.«
    »Aber eine wahre«, behauptete Mr Mayhew und gab Sir Wilfrid die Tabaksdose zurück, während er nach Streichhölzern Umschau hielt.
    »Sie muss wahr sein«, stimmte Sir Wilfrid zu und reichte Mr Mayhew eine Zündholzschachtel. »Sonst könnte sie nicht so idiotisch sein. Alle Tatsachen sprechen ja gegen ihn. Und doch könnte man sich vorstellen, dass alles so passiert ist, wie er es geschildert hat. Verdammt noch mal, ich hatte selbst eine Tante Betsy, die ich zärtlich liebte.«
    Mr Mayhew entdeckte, dass die Schachtel leer war, und warf sie in den Papierkorb. »Er hat eine sehr sympathische Art.«
    »Ja, er müsste eigentlich ein leichtes Spiel mit den Geschworenen haben, wenn er auch beim Richter keinen Blumentopf mit seinem Wesen gewinnen kann. Aber er ist der Typ, der sich auf dem Zeugenstand leicht ins Bockshorn jagen lässt. Es hängt eben sehr viel von seiner Frau ab.«
    Es klopfte an die Tür, und Greta trat ziemlich aufgeregt ins Zimmer.
    »Na, Greta, was ist denn los?«
    »Mrs Vole ist hier«, erwiderte die Sekretärin im Flüsterton.
    Während Mr Mayhew ganz erstaunt den Namen wiederholte, winkte Sir Wilfrid Greta zu sich und sagte:
    »Der junge Mann, den Sie hier sahen, ist soeben wegen Mordes verhaftet worden. Glauben Sie, dass er der Täter ist?«
    »O nein, Sir, auf keinen Fall.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er viel zu nett ist.«
    »Das ist also die Dritte im Bunde«, sagte Sir Wilfrid zu Mr Mayhew und forderte Greta auf, Mrs Vole ins Zimmer zu führen. »Wahrscheinlich sind wir drei leichtgläubige Narren, die sich von einem sympathischen jungen Mann einwickeln lassen.«
     
    In diesem Augenblick trat eine etwa fünfunddreißigjährige Frau mit kastanienbraunem Haar und schiefergrauen Augen sehr ruhig und gelassen ins Zimmer. Mr Mayhew stellte sich und seinen Kollegen vor und ging mit teilnahmsvoller Miene auf sie zu, erhielt jedoch eine leichte Abfuhr.
    »Sie sind also Mr Mayhew«, sagte Romaine Vole, und in ihrer dunklen Stimme schwang ein leiser ironischer Unterton mit. »Man hat mir in Ihrem Büro gesagt, dass ich Sie hier mit meinem Mann vorfinden würde. Aber wenn ich mich nicht irre, habe ich soeben meinen Mann unten in einen Wagen steigen sehen, und zwar in Begleitung von zwei Herren.«
    »Nun, meine liebe Mrs Vole«, legte sich hier Sir Wilfrid ins Mittel, »Sie dürfen sich nicht aufregen.« Er hielt jedoch betroffen inne, als er merkte, dass Mrs Vole die Ruhe selber war, und fuhr etwas verlegen fort: »Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
    Mrs Vole setzte sich in den Sessel, den Sir Wilfrid ihr zurechtrückte, und Sir Wilfrid begann von Neuem:
    »Es liegt durchaus kein Grund zur Beunruhigung vor, und Sie dürfen den Mut nicht sinken lassen.«
    »O nein, das werde ich auch nicht tun«, erwiderte Mrs Vole nach einer kleinen Pause.
    »Dann kann ich es Ihnen ja ruhig sagen: Ihr Mann ist soeben verhaftet worden.«
    »Wegen des Mordes an Miss Emily French?«
    »Ja, leider. Aber bitte regen Sie sich nicht auf.«
    »Sie sagen mir das dauernd, Sir Wilfrid, dabei bin ich doch ganz ruhig.«
    »Ja. Ich sehe, Sie sind sehr tapfer.«
    »Wenn es Ihnen Spaß macht, können Sie es so nennen.«
    »Vor allen Dingen muss man die Ruhe bewahren und mit Vernunft an die Sache herangehen.«
    »Das soll mir recht sein. Aber Sie dürfen mir nichts verheimlichen, Sir Wilfrid. Sie brauchen mich nicht zu schonen. Ich will alles wissen.« Ihre Stimme nahm eine andere Klangfarbe an, als sie hinzusetzte: »Ich möchte auch – das Schlimmste wissen.«
    Erleichtert über ihre sachliche Einstellung, begann Sir Wilfrid sie über das Verhältnis ihres Mannes zu Miss French auszuhorchen. Sie parierte seine Fragen mit großem Geschick und brachte ihn öfters in Verlegenheit. Als er schließlich aus ihrem eigenen Munde vernahm, dass sie diese merkwürdige Freundschaft nicht gestört habe, erklärte er begeistert:
    »Ich bewundere

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