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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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herunter, als habe sie ihn auswendig gelernt. Als sie bei Mr Mayhew eine gewisse Nervosität bemerkte, setzte sie hinzu: »Das war doch richtig so, nicht wahr?«
    »Was soll das heißen, Mrs Vole?«, fragte Sir Wilfrid.
    »Leonard wünscht, dass ich das sage, nicht wahr?«
    »Es ist doch die Wahrheit. Das haben Sie vorhin gerade bestätigt.«
    »Ich muss dies ganz richtig verstehen. Wenn ich sage, ja, es verhält sich so, Leonard war um halb zehn bei mir – werden sie ihn dann freisprechen? Werden sie ihn aus der Haft entlassen?«
    Ihr Verhalten kam den Anwälten ziemlich rätselhaft vor.
    Mr Mayhew beantwortete ihre Frage:
    »Wenn Sie beide die Wahrheit sprechen, dann werden sie ihn – frei lassen müssen.«
    »Aber als ich das der Polizei sagte, hat man es mir nicht geglaubt. Das Gefühl hatte ich wenigstens.«
    Sie schien durchaus nicht unglücklich darüber zu sein. Im Gegenteil, sie erweckte den Eindruck, als verursache ihr diese Tatsache eine gewisse Befriedigung. Mit plötzlich hervorbrechender Bosheit fügte sie hinzu: »Vielleicht habe ich es nicht sehr gut gesagt?«
    Die beiden Männer sahen sich schweigend an. Dann begegneten Sir Wilfrids Augen dem kühlen, ein wenig frechen Blick von Mrs Vole. Sie saßen sich wie zwei Feinde gegenüber. Sir Wilfrid änderte seine Taktik.
    »Wissen Sie, Mrs Vole«, sagte er, »ich verstehe Ihre Haltung in dieser Angelegenheit nicht ganz. Vielleicht machen Sie sich die Lage Ihres Mannes nicht recht klar.«
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt«, entgegnete sie, »dass ich gern genau wissen möchte, wie schwarz die Sache für – meinen Mann aussieht. Ich sage der Polizei, Leonard war um halb zehn bei mir zuhause – und man glaubt mir nicht. Aber vielleicht hat ihn jemand beobachtet, als er Miss Frenchs Haus verließ, oder beim Heimweg auf der Straße gesehen?«
    Sie blickte durchdringend und ein wenig verschlagen von einem zum anderen, und Mr Mayhew gab zögernd zu, dass dies nicht der Fall sei.
    »Dann hängt sein Freispruch also nur von seinem Wort – und meinem ab.« Sie wiederholte mit ziemlicher Heftigkeit: »Und meinem. Ich danke Ihnen, meine Herren; das ist alles, was ich wissen wollte.«
    Damit erhob sie sich, aber Mr Mayhew bat sie, noch ein wenig zu bleiben. »Es ist so vieles zu besprechen, Mrs Vole.«
    »Nicht mit mir.«
    »Warum nicht, Mrs Vole?«, fragte Sir Wilfrid.
    »Ich werde doch schwören müssen, dass ich die Wahrheit sage, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, nicht wahr?«
    Sie schien belustigt zu sein.
    »So lautet die Eidesformel, Mrs Vole.«
    »Und wenn ich nun auf Ihre Frage, wann Leonard Vole an jenem Abend nachhause gekommen sei, antworten sollte…«
    »Ja, was würden Sie dann sagen?«
    »Ach, ich könnte so vieles sagen.«
    »Mrs Vole, lieben Sie Ihren Mann eigentlich?«, fragte Sir Wilfrid, der aus ihrem Verhalten nicht mehr klug zu werden schien.
    »Leonard behauptet, ja«, entgegnete sie mit einem spöttischen Blick auf Mr Mayhew.
    »Mr Vole glaubt es jedenfalls«, warf dieser ein.
    »Aber Leonard ist nicht sehr klug.«
    »Sie wissen doch wohl«, bemerkte Sir Wilfrid, »dass das Gesetz sie nicht dazu zwingen kann, gegen Ihren Mann auszusagen.«
    »Wie außerordentlich bequem!«
    »Und Ihr Mann…«
    »Leonard Vole ist nicht mein Mann«, fiel sie Sir Wilfrid ins Wort.
    »Was sagen Sie da?«
    »Wir haben uns zwar in Berlin trauen lassen, aber ich habe ihm nicht gesagt, dass ich zu der Zeit verheiratet war und mein Mann noch lebte. Leonard hat mich aus der russischen Zone geholt und in dieses Land gebracht.«
    »Dann müssten Sie ihm im Grunde genommen sehr dankbar sein. Sind Sie das?«, fragte Sir Wilfrid ziemlich scharf.
    »Dankbarkeit kann einem auch zu viel werden.«
    »Hat Mr Vole Sie eigentlich jemals gekränkt?«
    Sie blickte ihn höhnisch an. »Leonard? Mich gekränkt? Er verehrt sogar den Boden, über den ich schreite.«
    »Und Sie?«
    Wieder fochten sie ein kleines Duell mit den Augen. Dann wandte sie sich lachend ab und sagte: »Sie wollen zu viel wissen, Sir Wilfrid.«
    »Wir müssen uns über einen Punkt endlich Klarheit verschaffen«, ließ sich Mr Mayhew hören. »Ihre Aussagen waren einigermaßen zweideutig. Was ist nun wirklich am Abend des 14. Oktober geschehen?«
    Mrs Vole wiederholte mit monotoner Stimme: »Leonard kam um 21.25 nachhause und ist nicht wieder fortgegangen. Ich habe ihm ein Alibi gegeben, nicht wahr?«
    »Allerdings«, erwiderte Sir Wilfrid und ging auf sie zu. »Mrs Vole…« Er sah den Ausdruck

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