Der Hurenkiller - Teil II (Wegners schwerste Faelle)
entsprechend erledigt sein. Sie hatten vor auf
eine gute Gelegenheit zu warten. Dann würden sie schnell zuschlagen und mit
ihrer Beute eiligst das Weite suchen. Nachdem sie vor zwei Tagen den Türken
erstochen hatten, glaubten sie, dass es keiner mehr mit ihnen aufnehmen könnte.
Außerdem waren sie komplett abgebrannt. Nicht einmal für eine Fahrkarte hatte
es mehr gereicht.
Immer wieder wanderten die beiden im Einkaufscenter
auf und ab. Pascal hatte erneut einen Schlüsseldienst in die engere Wahl
gezogen, Tim einen Tabakwarenladen. Letzterer schien schon deshalb die bessere
Option zu sein, weil hier eine junge Frau hinter dem Verkaufstresen stand. Beim
Schlüsseldienst hingegen war es ein älterer Mann, der ihnen womöglich noch
Widerstand leisten würde.
Es war bereits kurz nach sieben und das
Billstedt-Center begann sich langsam zu leeren, als die beiden jungen Männer
sich entschieden. Noch ein paar Minuten, dann würden sie sich die Skimasken
überziehen und in den Laden hineinstürmen. Pascal sollte hinter den Tresen
springen, die junge Frau überwältigen, und die Kasse leeren. Tim würde derweil
die Tür im Auge behalten.
Weitere zehn Minuten vergingen, bis endlich auch die
beiden letzten Kunden das Feld räumten. Ein alter Mann hatte gefühlte Stunden
gebraucht, um dann endlich mit einer winzigen Packung Zigarillos das Weite zu
suchen. Die beiden Jungen hechteten fast gleichzeitig durch die offene Tür in
den kleinen Laden hinein. Wie besprochen umrundete Pascal sofort den
Verkaufstresen und packte sich die Verkäuferin. Die junge Frau stieß einen
kurzen Schrei aus, der jedoch von Pascals Hand brutal erstickt wurde. »Halt die
Schnauze, du Miststück ... und mach die Kasse auf, na los!«, zischte er dazu.
»Die Hände hoch, aber `n bisschen plötzlich,
Freundchen!«, schallte es völlig unerwartet aus der hinteren Ecke des Ladens.
Die Stimme gehörte zu Polizeimeisterin Susanne Gieler, die seit drei Monaten ihren
Dienst im Revier 42, ganz in der Nähe des Billstedt-Centers verrichtete. Seit
fast einer Stunde wartete sie bereits in dem kleinen Tabakwarenladen. Nachdem
ihre beste Freundin Kerstin endlich Zigaretten, Zeitschriften und Rubbellose
hinter sich gelassen hatte, wollten sie gemeinsam auf eine Afterwork-Party in
der Innenstadt gehen. Vorher jedoch planten die beiden Frauen noch einen kurzen
Zwischenstopp in Susannes Wohnung, damit diese sich ihrer lästigen Uniform
entledigen konnte.
Pascal starrte wie versteinert auf die Waffe der
Polizistin. Eine Walther P99, wie auch Wegner sie trug. Tim stand ebenso wie
gelähmt mitten im Raum und konnte die Beamtin nicht einmal sehen. Sie musste
hinter dem großen Zeitschriftenständer zu seiner Linken stehen. Andere
Möglichkeiten gab es in diesem kleinen Laden ja kaum. Sein bester ... nein ...
sein einziger Freund war in akuter Bedrängnis. Sah fast panischer aus als die
junge Frau, deren Mund er mit aller Kraft verschlossen hielt. Er müsste etwas
tun - sofort! Entschlossen machte er einen großen Schritt nach links, packte
den Zeitschriftenständer an beiden Seiten und kippte diesen kraftvoll in die
Richtung, aus der er die Stimme hatte kommen hören. Scheppernd fiel der Ständer
um und begrub die junge Polizistin vollständig unter sich. Ihre Dienstwaffe
wurde nach vorne geschleudert und lag nun führerlos mitten im Raum.
»Sauber Alter«, entfuhr es Pascal, der nach diesen
überraschenden Ereignissen nun offensichtlich neuen Mut schöpfte. Gerade jedoch
als Tim die Waffe aufnehmen wollte, betrat ein älterer Herr den Laden. Es
dauerte nur ein paar Sekunden, bis der Mann die Situation erfasst hatte, um sich
nun bereits wild pöbelnd auf den ahnungslosen Tim zu werfen. Der Mann war recht
groß, sodass allein schon sein Körpergewicht ausreichte, um den Jungen zu Boden
zu stoßen und ihn unter sich zu begraben.
»Mach ihn kalt!«, schrie Pascal aufgeregt vom Tresen
aus, »knall den Arsch ab.«
Hektisch fummelte Tim mit der freien Hand an der
Pistole herum. Waffen kannte er bisher nur aus Filmen. Geschossen hatte er noch
nie mit einer.
Was dem hinzugeeilten Helfer schlussendlich zum
Verhängnis wurde, war die Tatsache, dass die Walter P99 nicht mehr über einen
Sicherungshebel verfügt. Stattdessen verhindert nur noch ein Anti-Stress-Abzug,
dass sich versehentlich ein Schuss aus der vorgespannten Waffe löst. Das
bedeutet, dass beim ersten Abfeuern ein wesentlich stärkerer Widerstand
überbrückt werden muss als bei den folgenden
Weitere Kostenlose Bücher