Der Hurenkiller - Teil II (Wegners schwerste Faelle)
wenig Glück,
könnte die junge Mutter das Geld hoffentlich für einen Neuanfang nutzen.
Als Vera die letzte Tasche aus dem Camper zog und
Wegner den ganzen Berg endlich in ihre Wohnung geschleppt hatte, folgte die
finale Frage, mit der Wegner schon viel früher gerechnet hatte: »Sag mal ...
wer zieht eigentlich zu wem?«
»Ich hol jetzt erst einmal Rex ab. Wir reden nächste
Woche darüber.« Wegner hatte natürlich erwartet, dass Vera irgendwann fragen
würde. Bis heute hatte er nichts an ihrem Leben auszusetzen gehabt. Zwei
Wohnungen boten auch mal den Platz zum Durchatmen. Eine Beziehung unter einem
Dach würde doch auch immer von zusätzlichen Problemen belastet.
***
Frank Müller saß in der Kantine und kaute lustlos
auf seinem Käsebrötchen herum. Frustriert studierte er die Titelstory der
Tageszeitung, in der reißerisch auf den nächsten Samstag verwiesen wurde.
Müller musste nicht daran erinnert werden, dass schon am kommenden Wochenende
mit einem weiteren Mord im Rotlichtmilieu zu rechnen sei. Die letzten beiden
Wochen hatten ihn von einer Sackgasse in die andere laufen lassen. Er hatte
keine Ahnung wann, geschweige denn, wo der Täter beim nächsten Mal zuschlagen
würde. Jeden Tag trafen ganze Kisten von Hinweisen aus der Bevölkerung ein.
Keiner davon hatte auch nur den geringsten Anhaltspunkt geliefert.
Plötzlich wurde es unruhig in der Kantine. Die
meisten Beamten waren aufgestanden; johlten und klatschten jetzt sogar. Müller
schaute zur Tür. Stefan Hauser kam herein und schüttelte grinsend eine Unzahl
von Händen. Jeder wollte ihm gratulieren und ihn willkommen heißen.
»Endlich Stefan«, hörte Müller aus dem Stimmgewirr
heraus, »ab jetzt geht es wieder voran ...«
Als besonderes Kompliment durfte Müller die Aussagen
seiner Kollegen nicht gerade werten.
Als Hauser und er wenig später das Büro betraten,
entstand eine drückende Stille.
»Glückwunsch Stefan«, brach Müller das Schweigen,
»es tut gut, dich zu sehen.«
»Danke, Frank. Ich bin auch froh.«
»Du bleibst hier und willst gleich wieder arbeiten?«
»Wenn es nach meinem Arzt ginge, dann würde ich wohl
noch weitere vier Wochen stramm das Bett hüten. Aber mein Freund macht mich mit
seinem Reinlichkeitsfimmel und seiner Putzerei noch verrückt. Da gebe ich mir
lieber den Wahnsinn hier.«
Stefan Hauser war erst vor kurzem mit seinem neuen
Freund zusammengezogen. Es würde sicher noch eine ganz Zeit dauern, bis sie
sich endlich zusammengerauft hätten.
»Na dann. Ran an die Arbeit!«
Nachdem die beiden Polizisten stundenlang alle
Informationen studiert hatten, wirkte nun auch Hauser alles andere als
zuversichtlich. »Wenn man behaupten würde, dass wir wenig haben, dann wäre das
noch freundlich übertrieben.«
»Du sagst es.«
»Das besondere Problem liegt in den Abständen
zwischen den einzelnen Morden. Und wenn ich mich nicht irre, dann ist dort auch
nach der Lösung zu suchen.«
»Es ist Mittwoch. Falls das Schwein seiner Linie
treu bleibt, haben wir in drei Tagen die nächste Leiche.«
Hauser betrachtete erneut den Berg von
Aufzeichnungen. »Ich werde mal Manfred anrufen.«
Müllers Schweigen deutete nicht auf Begeisterung
hin.
»Ich weiß, dass du Manfred nicht leiden kannst. Aber
seine Ideen sind teilweise sensationell.«
»Und teilweise sinnentleert und nicht
nachvollziehbar.«
»Das hast du gesagt ...«
Wegner stopfte gerade einen riesigen Haufen
Schmutzwäsche in die Waschmaschine, als sein Handy klingelte. Die Nummer
erkannte er natürlich sofort. »Stefan! Wie geht es dir. Sag jetzt nicht, dass
du schon wieder im Dienst bist!«
»Ich hab nur mal auf dem Revier vorbeigeschaut.
Zuhause ist es nicht auszuhalten.«
»Putzt deine neue Tucke immer noch pausenlos?«
»Manfred ...«
»Ist ja gut. Wie sieht es denn aus ... mit dem
Hurenkiller, meine ich.«
»Was konkrete Hinweise angeht - Fehlanzeige.«
»Mir ist da im Urlaub so eine Idee gekommen.«
»Darauf hatte ich gehofft - raus damit.«
»Ich schau morgen Mittag mal bei Euch vorbei. Dann
erzähl ich dir mehr darüber.«
***
Bereits am heutigen Abend würde das riesige
Containerschiff Bremerhaven anlaufen. Nachdem sie dort die ersten sechstausend
Container gelassen hätten, würden sie bereits morgen früh vor der Elbmündung
auf Reede liegen. Im Moment blockierte noch ein koreanischer Frachter ihren
Liegeplatz im Hamburger Hafen. Planmäßig sollte dieser aber spätestens morgen
Mittag die Leinen losmachen und
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