Der Hurenkiller - Teil II (Wegners schwerste Faelle)
Lachen löste die Situation ein wenig.
»Fahrt nachhause und schlaft Euch richtig aus.
Morgen wird ein langer Tag.«
Nachdem die Einsatzgruppen aufgeteilt und alle
Männer verplant waren, löste sich die Versammlung schnell auf. Nur Wegner und
Hauser waren zurückgeblieben und starrten unverändert an die große Magnettafel,
auf der sie die Hinweise schon seit Monaten sammelten.
»Glaubst du, dass er morgen wieder zuschlägt?«,
flüsterte Hauser.
»Ich weiß es nicht. Aber wenn, dann können wir ihn
kaum davon abhalten.«
***
Endlich! Es war kurz vor sieben und Sandy hatte
bereits eine SMS geschickt: »Bin gleich da ... freu mich!«
Martin Schiller eilte über den großen Platz vor dem
Hamburger Rathaus. Schon von Weitem konnte er Sandy ohne Zweifel
identifizieren. Sie sah nicht einfach nur gut aus; hatte nicht nur einen
unglaublichen Körper. Nein! Sie war eine wahre Erscheinung. Die Tatsache, dass
sie Martin um fast eineinhalb Köpfe überragte, ließ ihr Zusammentreffen und die
darauffolgende Begrüßung eher komisch wirken. Kurz darauf machten sie in einem
Straßencafé an der Mönckebergstraße Station. Als sie endlich saßen,
relativierte sich der Größenunterschied wenigstens sofort.
Sandy wirkte viel professioneller als all die
anderen Mädchen zuvor. Schon nach drei Sätzen wollte sie um seine speziellen
Vorlieben und Interessen wissen; besonders was ihm diese wert seien. Eine
richtige Unterhaltung kam nicht zustande. Immer wieder sprach Sandy nur über
das schöne Wetter oder darüber, wo sie ihre nächsten freien Tage zu verbringen
gedachte.
»Über Urlaubsziele«, dachte Martin, »wirst du dir
keine Gedanken mehr machen müssen.«
Sie war die erste Hure, die ihm auf Anhieb
unsympathisch war. Sie hatte nichts Verbindliches. Wirkte kühl und unnahbar.
Sie spürte die Blicke der vorbeieilenden Männer. Wie sie an ihren Beinen oder
Brüsten kleben blieben. Immer wieder lachte sie nur künstlich und drängte
darauf, doch endlich aufzubrechen. Sie sei scharf auf ihn - könne es kaum
erwarten.
***
Frustriert waren die beiden Kommissare vom
Konferenzraum in ihr Büro zurückgekehrt. Auch dieser Tag hatte keine weiteren
Erkenntnisse offenbart. Es gab nichts, was sie der Lösung des Falles auch nur
einen Millimeter dichter gebracht hätte.
»Mein Gott«, begann Wegner genervt, »da steht ja
noch Müllers Karton mit den `wertlosen` Hinweisen.«
»Ich helf dir. Lass uns das eben zusammen durchgehen,
dann ist Feierabend.«
Sie teilten die Berge auf, und nachdem Hauser ihnen
noch Kaffee und zwei vertrocknete Donuts geholt hatte, ging es relativ frisch
ans Werk. Zettel um Zettel, Anrufnotizen und Gesprächsprotokolle wurden
gesichtet, geprüft und am Ende in den Karton zurückgeworfen.
»Ich sag es ja nur ungern ... aber Müller scheint
Recht gehabt zu haben. Alles nur Bullshit«, bemerkte Hauser frustriert. »Hier
ist eine ellenlange Liste mit Mails, die auf unserer Seite eingegangen sind. Hast
du da Bock drauf, Manfred?«
»Lang rüber, du Faulpelz.«
Als Wegner die letzte Seite aufschlug, stutzte er.
»Hier ist eine Mail von einer Sandy ...«
»Ja und?«
»Ist etwa dreieinhalb Wochen her. Kurz nach dem
letzten Mord.«
»Und ... was schreibt sie?«
»Ein gewisser Thomas hätte Kontakt zu ihr
aufgenommen und würde sie treffen wollen.«
»Wann?«
»Morgen!«
Plötzlich kam Bewegung in die bis dahin eher träge
agierenden Kommissare. Wieder und wieder studierte Hauser die Mail, als ob
darin noch eine weitere verborgene Information enthalten sei.
»Gib mir mal die Nummer. Ich ruf die Frau mal an.«
***
Selbst als sie Sandys Wohnung betraten, hatte sich
noch keine rechte Stimmung eingestellt. Ihr kleines Appartement lag im zweiten
Stock, direkt am Speersort. Unten auf der Straße konnte man durch die hohen
Fenster das lebhafte Treiben der Großstadt deutlich verfolgen. »Eigentlich
ideal«, dachte Martin Schiller, wenn die Hure nur nicht so kalt und
geschäftsmäßig gewirkt hätte. Er hatte keine Lust mehr mit ihr zu reden. Keine
Lust auf ihr künstliches Lachen und erst recht keine Lust sie zu ficken. Selbst
ihr Körper wirkte bei weitem nicht mehr so makellos auf ihn, wie in den Wochen
zuvor. Wie oft hatte er in einsamen Nächten auf seiner Pritsche gelegen und sie
in seiner Fantasie immer hemmungsloser verprügelt und missbraucht. Jetzt, wo er
sie leibhaftig vor sich hatte, waren nur Ekel und Abscheu geblieben.
Kaum hatten sie sich an den kleinen
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