Der Hypnosearzt
schnittiges, hochelegantes Sportcoupé mit blauen Ledersitzen. Christa hatte es schwungvoll vor die Gartentür gefahren.
Stefan riß die Augen auf. Von Autos verstand er wenig, aber dieses Spielzeug hier? Siebzigtausend Mark schätzte er. Mindestens.
»Hilfst du mir mal?«
Sie reichte ihm die Tasche.
»Gern. Was hältst du von einem Kuß.«
»Komm …« Sie lächelte knapp. »Mach's nicht so spannend …«
»Und das Auto? Kannst du mir vielleicht erklären …«
»Kommt auch noch. Nein, ich sag's dir gleich: Das hat mir mein Vater geschenkt. Er hat es ein halbes Jahr gefahren, aber du kennst ihn ja. Der Wagen war ihm zu popelig. Jetzt ist es wieder ein Ferrari oder was weiß ich. Ich kann mir diese komischen Namen ja nie merken.«
»Er hat ihn dir geschenkt?«
»Was sonst? Er hat mir sogar angeboten, Steuer und Versicherung zu übernehmen – damit du mal eine Ahnung hast, wie er unseren sozialen und beruflichen Aufstieg so einschätzt.«
Mit Stefans guter Laune war es vorbei, um so mehr, als Christa ihm auch gleich noch eröffnete, ein Sportwagen sei schon deshalb praktisch, weil sie sich von nun an häufiger in Hannover zeigen müsse.
»Weil es dein Vater so will?«
»Quatsch. Es geht um Doris. Meine Schwägerin braucht mich. Die hat einen Riesenkrach mit diesem Idioten von Jürgen. Der kann das Fremdgehen einfach nicht lassen. Jetzt will sie sogar die Scheidung einreichen.«
Ein ganz normales Gespräch unter Partnern. – Was sonst? Doch keine einzige Frage kam von Christa. Und als Stefan selbst begann, von Port Les Fleurs zu erzählen und auch Lindners Klinikplan erwähnte, warf sie das Schlüsselbund auf den Tisch.
Die nächsten Worte kamen hart, schnell und verletzend.
»Spar dir das, Stefan. Spar's dir auch in Zukunft.«
»Was soll ich mir sparen?«
»Lindner. Und alles, was mit seinem Namen zusammenhängt. Du kennst meine Ansicht …«
»Gerade hab ich versucht, dir zu erklären, daß ich …«
»Trotzdem, Stefan. Wirklich.« Ihre Augen wirkten sehr kühl. »Bitte!«
Es hatte sich etwas verändert. Das war ihm klar geworden … Er? Nein, sie hatte sich verändert.
KAPITEL 6
»Jetzt sag mal, was ist bloß mit deinem Köter los, Paillard?« Der Hund bellte nun noch lauter, so laut, daß er den Dauerkrach der Küstenstraße nach Lavandou übertönte.
Paillard sah noch nicht mal hoch. Paillard pulte weiter mit dem Daumen in seinem Tabaksbeutel herum. »Cäsar ist sauer. Ist er manchmal.«
»Und wieso?«
»Wärst du auch. Da rennen dir die Kaninchen vor der Nase rum, und du hängst an der Kette.«
»Kaninchen?« Laudet schob Paillard sein Päckchen Zigarettenpapier zu. »Zwischen deinen Schrottmühlen? Ratten vielleicht, aber keine Kaninchen …«
Laudet nahm einen Schluck Bier, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, schloß die Augen. Kurz nach vier? Er würde aufladen müssen – bloß, er hatte keine Lust. In dieser Bretterbude, die sich auch noch ›Café‹ nannte, saß man gemütlich.
»Es sind aber Kaninchen. Und drei davon hab ich …«
Weiter kam Paillard nicht. Nun war's kein Bellen mehr, nun steigerte sich der Hund, der dort drüben zwischen all den Autowracks an der Kette hing, in ein schrilles Heulen.
»Scheiße!« Paillard stand nun doch auf. »Wenn er sich so aufführt, stinkt wirklich was. Ich geh mal … Du spendierst mir doch den Kaffee, Charles?«
»Dir doch immer.«
Paillard hatte es nicht eilig. Wahrscheinlich irgendein Kunde oder sonst ein Typ, der nach einem brauchbaren Ersatzteil suchte.
Er ging langsam über die Zementplatten, die von dem Fernfahrercafé zu der kiesbestreuten Einfahrt des Autofriedhofs führten. Davor stand ein großer Zwölftonner. Weiter links, hinter dem alten Kirschbaum, in dessen Schatten die Hundehütte ihren Platz hatte, saß der Boxer, hatte den Kopf gehoben und heulte.
Paillard machte noch ein paar Schritte und kontrollierte die fünf Gassen, die zwischen den Autowracks hindurchliefen. – Nichts.
»Was ist, Cäsar?«
Der Boxer sprang auf und starrte nach links. Paillards Blick folgte ihm. Dort drüben, hinter dem verrosteten Anhänger – hatte sich da nicht etwas bewegt? Und wenn, dann war das kein Kaninchen …
Er ging etwas schneller, begann zu laufen – und dann blieb er stehen.
Aus dem Schatten der Schrotthaufen löste sich eine Gestalt. Paillard ging näher, und während er ging, schob er die Finger der Rechten in die Löcher seines Schlagrings. Die Berührung mit dem schweren, kantigen Metall hatte etwas
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