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Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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Vergangenheit. Hatte mich dort im August 92 nach dem Sturm auf die Tuilerien und die Internierung unseres XVI. Ludwig als angeblich Verrückter eingenistet und entging so den jakobinischen Säuberungen. Geschickt, nicht wahr? Aber diese Zeiten sind gottlob vorbei. Trotzdem ist es mir ein Vergnügen, wieder einem Jünger unserer allseits geachteten Koryphäen Pinel und Esquirol gegenüberzustehen. Freilich hoffte ich, Monsieur Esquirol zu begrüßen. Sei´s drum, jetzt haben Sie das Vergnügen.«
    »Ich versichere Ihnen, Graf, ich bin mir der Ehre bewußt. Trotzdem, mit Verlaub, ich bin zwar ein Bewunderer der genannten Herren, aber nicht deren Jünger. Allein schon deshalb, weil das Schicksal mir nicht die Salpêtrière zugedacht hat, sondern das Hospiz der Barmherzigen Brüder.«
    »Papperlapp. Sie, Pinel, Esquirol und Collard arbeiten alle in derselben Zunft. Aber was meinen Sie, diese Dame gerade zeigt Talent als zukünftige Pensionärin, nicht wahr?«
    Comte und Untersuchungsrichter lachten auf, nicht so aber jener Abbé, der mir doch tatsächlich mit gelassener Selbstverständlichkeit seinen Stock auf den Fuß klopfte. Auge um Auge, Zahn um Zahn sprachen seine eisgrauen Augen, gleichwohl ich an ihnen auch ablas, dass Monsieur le Abbé seinen Spott mit mir trieb.
    »Aber Abbé Porreño!« rief der Untersuchungsrichter tadelnd. »Ich finde, auch die Heilige Insquisition sollte sich endlich dazu bequemen, die Folter abzuschaffen. Ein Arzt ist doch kein Ketzer!«
    »Mag sein. Aber Irrenärzte, die sich für Magnetiseure interessieren, tragen das Gift des Ketzertum bestimmt noch im Blut,« antwortete der Abbé scheinheilig und wandte sich mir zu.
    Seine eisgrauen klaren Augen wanderten über mein Gesicht. Der Wangennarbe maß er keine Bedeutung bei, meine Augen aber glaubte er erforschen zu müssen. Ein stiller Kampf der Blicke begann. Ich legte in den meinen soviel Kraft wie möglich,. versuchte gleichsam, den Abbé zu nötigen: „Du wirst Demut lernen!“ schrie ich ihm im Geiste zu. „So wahr ich Petrus heiße, du und deinesgleichen, die ihr nichts anderes als die wahren Teufel auf dieser Erde seid: Dir befehle ich, die Augen zu senken und bleich von dannen zu ziehen.“
    Meine suggestiven Blicke waren wie lodernde Scheite, die in einen vollen Badezuber fielen. Abbé Porreño war nicht im geringsten Maß suggestibel.
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, Monsieur«, begann er spöttisch, »aber Ihre Augen gebärden sich gerade wie das Brüllen eines Esels, vereint mit dem Zischen einer Schlange. Ich vermute sogar, dass auf dem Rücken Ihrer Blicke Ungutes reitet. Sie haben Vorurteile. Machen Sie sich frei davon und kehren Sie in den Schoß der allein selig machenden Kirche zurück.«
    Abbé Porreño begann zu lächeln, verbeugte sich höflich gegen Comte und Untersuchungsrichter und verließ uns gemessenen Schritts.
    »Superb! Sie haben ihn beeindruckt!« meinte Comte de Carnoth. »Darauf dürfen Sie sich jetzt etwas einbilden, Monsieur Petrus. Wissen Sie, Abbé Porreños Ruf ist der eines äußerst schweigsamen Menschen. Aber gerade war er geschwätzig wie ein Prediger. Ich übertriebe nicht.«
    Monsieur Petrus! Offensichtlich fand Monsieur le Comte es witzig, mich derart zu titulieren. Typische Arroganz des Adels alten Stils! Tatsächlich sollte ich für ihn in Zukunft diesen Namen behalten.
    Zu allem Unglück fühlte ich mich nach diesem mißlungenen Auftritt wirklich wie ein Halbwüchsiger. Verwirrt suchte ich nach Worten, fand aber keine, musste mich vielmehr beherrschen, nicht laut zu keuchen. Mit Porreño hatte mich die Vergangenheit eingeholt. Ganz einfach, weil auch er ein Abbé war und jenem von damals ziemlich ähnlich. Ich stemmte mich gegen den Namen, der in den Tiefen meines Ichs eingeschlossen war, wie ein Ungeheuer in einem Verlies. Doch Abbé war Abbé, und so hatte ich das Gefühl, die Soutane Porreños habe einen gefährlichen Schatten auf mich geworfen Am liebsten hätte ich mich geschüttelt. Zum Glück war Porreño sowohl dem Gastgeber als auch Untersuchungsrichter Rolland alles andere als sympathisch. Comte de Carnoth zwinkerte mir aufmunternd zu, Monsieur Roland legte mir sogar zutraulich die Hand auf den Arm – weil ich doch tatsächlich zitterte.
    Neue wichtige Gäste kamen.
    Ich empfahl mich, suchte Zuflucht bei einem Glas Champagner. Derweil zog Comte de Carnoth alle Register seines Charmes:
    Ah, Monsieur Boissieu! Willkommen! Wie laufen die Geschäfte? Das Bankwesen prosperiert, da habe

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