Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
anderen Kliniken übernommen«, unterbrach sie mich.
»Aber es wird ihnen schlechter gehen, wenn sie …«
»Das ist dann leider Gottes deine Schuld«, sagte sie mit erhobener Stimme.
Es wurde still im Raum. Frank Paulsson kehrte mir den Rücken zu, Ronny Johansson, Peder Mälarstedt, Rainer Milch und Svein Holstein saßen mit ausdruckslosen Gesichtern vor mir.
»Na, dann«, sagte ich tonlos.
Vor wenigen Wochen hatte ich im gleichen Raum gestanden, und man hatte mir neue Forschungsgelder bewilligt. Jetzt war alles auf einen Schlag aus und vorbei.
Als ich das Gebäude verließ, kamen Menschen auf mich zu. Eine sehr große blonde Frau hielt mir ein Mikrofon vors Gesicht.
»Hallo«, sagte sie voller Elan. »Ich möchte Sie um einen Kommentar dazu bitten, dass eine andere Patientin von Ihnen, eine Frau namens Eva Blau, vorige Woche in die Psychiatrie eingewiesen wurde.«
»Wovon reden Sie?«
Ich wandte mich ab, aber der Mann mit der Fernsehkamera folgte mir. Der schwarze Glanz seines Objektivs suchte mich. Ich betrachtete die blonde Frau, sah das Namensschild auf ihrer Brust, Stefanie von Sydow, ihre weiße Strickmütze und die Hand, mit der sie die Kamera zu sich winkte.
»Glauben Sie immer noch, dass die Hypnose eine gute Therapieform ist?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete ich.
»Dann werden Sie also weitermachen?«
Das weiße Licht, das durch die Krankenhausfenster am Ende des Korridors hereinfiel, spiegelte sich im feucht gewischten Fußboden der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Söderkrankenhauses. Ich ging an einer Reihe verschlossener Türen mit Gummileisten und abgeschabter Farbe vorbei, blieb bei Zimmernummer B 39 stehen und sah, dass meine Schuhe trockene Spuren in der feuchten Schicht auf dem Boden hinterlassen hatten.
Aus einem entfernten Zimmer hörte man feste Schläge und leises Weinen, gefolgt von Stille. Ich blieb einen Moment stehen und versuchte mich zu sammeln, ehe ich an die Tür klopfte, den Schlüssel herauszog, ins Schloss steckte und eintrat.
Ich zog einen Duft von Putzmittel in die Ausdünstungen von Schweiß und Erbrochenem in dem dunklen Zimmer hinein. Eva Blau lag auf dem Bett und kehrte mir den Rücken zu. Ich ging zum Fenster und versuchte, Licht einzulassen, indem ich das Rollo ein wenig hochließ, aber die Feder klemmte. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass Eva sich langsam umdrehte. Ich zog an dem Rollo, aber es rutschte mir aus der Hand und schoss mit einem lauten Knall in die Höhe.
»Entschuldige«, sagte ich, »ich wollte nur ein bisschen Licht …«
In dem plötzlichen grellen Licht saß Eva Blau mit verbittert heruntergezogenen Mundwinkeln vor mir und sah mich mit trüben Augen an. Mein Herz schlug schneller. Evas Nasenspitze war abgeschnitten worden. Sie saß mit gebeugtem Rücken da, hatte einen blutigen Verband um die Hand und starrte mich an.
»Eva, als ich es erfahren habe, bin ich sofort gekommen«, sagte ich.
Sie schlug vorsichtig mit geballter Faust gegen ihren Bauch. Die runde Wunde, die von der abgeschnittenen Nase geblieben war, leuchtete rot in ihrem gequälten Gesicht.
»Ich habe versucht, euch zu helfen«, sagte ich. »Aber mir wird allmählich klar, dass ich mich fast immer geirrt habe. Ich habe gedacht, ich wäre etwas Wichtigem auf der Spur gewesen, dass ich verstehen würde, wie die Hypnose funktioniert, aber das stimmte nicht. Ich habe nichts begriffen und es tut mir leid, dass ich euch nicht helfen konnte, keinem von euch.«
Sie strich sich mit dem Handrücken über die Nase und begann, aus der Wunde über ihrem Mund zu bluten.
»Eva, warum hast du dir das nur angetan?«, fragte ich.
»Das warst du, du, das ist deine Schuld«, schrie sie plötzlich. »Alles ist deine Schuld, du hast mein Leben zerstört und mir alles genommen, was ich habe!«
»Ich verstehe ja, dass du wütend auf mich bist, weil …«
»Halt’s Maul«, unterbrach sie mich. »Du verstehst gar nichts. Mein Leben ist zerstört, und ich werde deins zerstören. Ich kann auf meine Chance warten, ich kann ewig warten, aber ich werde mich an dir rächen.«
Dann schrie sie, mit weit aufgerissenem Mund, heiser und von Sinnen. Die Tür ging auf, und Doktor Andersen trat ein.
»Sie sollten doch draußen warten«, sagte er aufgebracht.
»Die Krankenschwester hat mir den Schlüssel gegeben, und da dachte ich …«
Er zerrte mich in den Flur hinaus, zog die Tür zu und schloss ab.
»Die Patientin ist paranoid und …«
»Nein, das glaube ich
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