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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Blume.
    »Der Junge will doch bestimmt gerne Fleischbällchen essen«, meint Jussi.
    »Wir werden sehen«, erwidert Lydia.
    Marek spuckt in einen Blumentopf und blickt in die Dunkelheit hinaus.
    »Langsam bekommt man Hunger«, sagt er.
    »Wir haben viel Elch- und Rehfleisch in der Gefriertruhe«, erwidert Jussi.
    Marek geht zum Tisch, stochert im Brotkorb, bricht ein Stück Knäckebrot ab und stopft es sich in den Mund.
    Als Benjamin hochschaut, reißt Lydia an der Leine. Er hustet und legt sich wieder hin. Er ist hungrig und müde.
    »Ich brauche bald meine Medikamente«, sagt er.
    »Du kommst auch so ganz gut zurecht«, entgegnet Lydia.
    »Ich brauche eine Spritze in der Woche, und es ist mehr als eine Woche her, dass ich …«
    »Still.«
    »Ich sterbe, wenn ich nicht …«
    Lydia reißt so fest an der Leine, dass Benjamin vor Schmerz wimmert. Er fängt an zu weinen, und sie zerrt noch einmal, damit er still ist.
    Marek schaltet den Fernseher ein. Es rauscht, und eine entlegene Stimme spricht. Vielleicht ist es eine Sportsendung. Marek schaltet immer wieder um, ohne ein Bild zu bekommen, und schaltet den Apparat wieder aus.
    »Ich hätte den Fernseher aus dem anderen Haus mitnehmen sollen«, sagt er.
    »Hier oben gibt es eben kein Kabelfernsehen«, sagt Jussi.
    »Du bist ein Idiot«, erklärt Lydia.
    »Warum funktioniert die Satellitenschüssel nicht?«, fragt Marek.
    »Keine Ahnung«, antwortet Jussi. »Manchmal ist es hier oben ziemlich stürmisch, wahrscheinlich hängt sie schief.«
    »Dann bring sie in Ordnung«, sagt Marek.
    »Mach es selbst!«
    »Hört auf, euch zu streiten«, sagt Lydia.
    »Im Fernsehen läuft sowieso nur Mist«, murrt Jussi.
    »Also ich mag Let’s dance «, sagt Marek.
    »Darf ich aufs Klo?«, fragt Benjamin leise.
    »Pipi machst du draußen«, sagt Lydia.
    »Okay«, erwidert Benjamin.
    »Bring ihn raus, Marek«, befiehlt Lydia.
    »Jussi übernimmt das«, entgegnet Marek.
    »Er kann doch alleine gehen«, sagt Jussi. »Weglaufen kann er sowieso nicht, es sind fünf Grad unter null und es ist weit bis …«
    »Du gehst mit«, unterbricht Lydia ihn. »Ich passe solange auf Annbritt auf.«
    Als Benjamin sich aufsetzt, wird ihm schwindlig. Er sieht, dass Jussi von Lydia die Leine übernommen hat. Benjamins Knie sind steif, und ein bohrender Schmerz schießt in seinen Oberschenkel hoch, als er losgeht. Jeder Schritt ist unerträglich, aber er beißt die Zähne zusammen, um keinen Mucks von sich zu geben. Er will Lydia nicht stören, sie nicht reizen.
    Im Flur hängen Diplome an den Wänden. Licht spendet eine Wandlampe aus Messing mit Milchglasschirmen. Auf dem korkfarbenen Kunststoffboden steht eine Supermarkttüte mit der Aufschrift: Qualität, Leistung, Service .
    »Ich muss kacken«, sagt Jussi und lässt die Leine los. »Warte im Eingang, wenn du zurückkommst.«
    Jussi greift sich an den Bauch, verschwindet schnaufend in der Toilette und schließt sich ein. Benjamin blickt zurück, sieht durch den Türspalt Annbritts breiten, runden Rücken und hört Marek über griechische Pizzen reden.
    An einem Haken im Flur hängt Lydias dunkelgrüne Stepp­jacke. Benjamin durchsucht die Taschen, findet die Schlüssel zum Haus, ein goldfarbenes Portemonnaie und sein Handy. Als er sieht, dass der Akku zumindest noch für ein Gespräch reichen müsste, schlägt sein Herz schneller. Er schleicht sich durch die selbsttätig zufallende Tür in den Eingangsbereich, an der Tür zur Speisekammer vorbei und in die betäubende Kälte hinaus. Der Empfang ist schlecht. Er läuft barfuß ein Stück auf dem freigeschaufelten Gang im Schnee, der zum Brennholzschuppen führt. In der Dunkelheit erahnt er die sanft geschwungenen Schneeformationen auf den alten Bussen und Autos. Seine Hände sind steif und zittern vor Kälte. Die erste Nummer, die er findet, ist die von Simones Handy. Er wählt sie und hält sich zitternd das Telefon ans Ohr. Er hört die ersten knisternden Klingeltöne, als die Tür zum Haus aufgeht. Es ist Jussi. Sie sehen sich an. Benjamin kommt nicht auf die Idee, das Telefon zu verstecken. Vielleicht sollte er wegrennen, aber er weiß nicht wohin. Jussi kommt mit großen Schritten auf ihn zu, sein Gesicht ist blass und besorgt.
    »Bist du fertig?«, fragt er mit lauter Stimme.
    Jussi ist bei Benjamin, sieht ihm in die Augen, es ist eine Abmachung, er nimmt Benjamin das Telefon ab und geht zum Holzschuppen, als Lydia aus dem Haus tritt.
    »Was treibt ihr da?«, fragt sie.
    »Ich geh noch Holz

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